"Ich will in einem Siegerauto sitzen"

Von Alexander Mey
Formel 1, Motorsport, Williams, Rosberg
© Getty

München - Nico Rosberg hat ein großes Problem: Er wird im Moment rechts und links überholt - und zwar nicht nur auf der Strecke, sondern auch auf der Karriereleiter.

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Rosberg stagniert. Nicht weil ihm das Talent abhanden gekommen wäre oder er die Lust am Rennfahren verloren hätte. Er stagniert, weil er bei Williams nur noch in einem Mittelfeld-Team fährt.

Galt Rosberg nach seinem dritten Platz zum Saisonstart in Melbourne noch als der am hellsten leuchtende Stern am deutschen Motorsport-Himmel, gerät er bei den Fans langsam aber sicher in den Hintergrund.

Rosberg fällt weit hinter Vettel zurück

Im aktuellen SPOX-Voting sehen nur noch rund 22 Prozent der User Rosberg als größte deutsche Hoffnung für die Zukunft an. Damit fällt er in einer Abstimmung, die er noch vor wenigen Monaten haushoch gewonnen hätte, um 32 Prozent hinter Sebastian Vettel (54%) zurück.

Der Grund liegt auf der Hand: Während Vettel mit dem Wechsel zu Red Bull seine Karriere forsch vorantreibt, dümpelt Rosberg weiter hilflos im Mittelfeld herum.

"Werde 2009 definitiv für Williams fahren"

Und daran wird sich auch in naher Zukunft nichts ändern. "Ich werde definitiv auch 2009 bei Williams fahren", sagte Rosberg SPOX.com am Rande des Deutschland-GP.

Mit einem stummen Lächeln widersprach er Aussagen von Schumi-Manager Willi Weber, der vor dem Rennen verlauten ließ, er wisse von einer Ausstiegsklausel in Rosbergs Vertrag, nach der er Williams verlassen kann, wenn das Team nicht mindestens Vierter in der Konstrukteurs-Wertung wird.

Hamilton, Kubica und Co. enteilen

Dabei ist Rosberg überhaupt nicht zum Lachen zumute. Denn auch er weiß, dass er gegenüber ungefähr gleichaltrigen Piloten wie Vettel, Lewis Hamilton oder Robert Kubica immer weiter an Boden verliert, obwohl er fahrerisch keinen Deut schlechter ist.

"Klar ist das frustrierend. Ich hatte mir von diesem Jahr viel mehr erhofft, aber jetzt muss ich mit der Situation eben leben", sagte Rosberg, dem die Enttäuschung über die Entwicklung seines Teams deutlich anzumerken ist.

Rosberg hat den Ankündigungen von Teamchef Frank Williams, den Traditionsrennstall mit ihm als Zugpferd wieder zurück an die Spitze führen zu können, geglaubt. Doch dafür fehlen Williams die finanziellen Mittel.

Williams lässt Rosberg nicht gehen

Das größte Kapital, das Williams hat, ist Rosberg. Kein Experte zweifelt daran, dass der 23-Jährige zu den besten fünf Piloten im Fahrerfeld gehört und im richtigen Auto sofort um Siege fahren könnte.

Das ist auch ein Grund, warum Williams sich an seinem Juwel festklammert. Wer Rosberg aus seinem laufenden Vertrag herauskaufen wolle, müsse horrende Summen bezahlen, ließ der Teamchef schon einmal vorsorglich verlauten.

Mit Karriereplanung im Verzug

Passiert das nicht und tritt auch keine ominöse Vertragsklausel in Kraft, dann kommt Rosberg auch 2009 nicht vom Fleck. Das wurmt ihn gewaltig. So gewaltig, dass er mit Kritik an seiner Situation nicht mehr hinter dem Berg hält.

Auf die Frage von SPOX.com, ob es nicht langsam Zeit werde, zu einem besseren Team zu wechseln, sagte Rosberg: "Der Zeitpunkt, ab dem ich in einem Siegerauto sitzen wollte, ist schon lange vorbei."

Geduldsfaden wird dünner

"Ich muss Geduld haben", zwingt sich der gebürtige Wiesbadener selbst. Doch es fällt ihm offensichtlich immer schwerer.

In Hockenheim deutete er an, das Team habe zu Beginn der Safety-Car-Phase die Chance verschlafen, ihn rechtzeitig zum Tanken zu holen und dadurch einen ähnlich Coup zu schaffen wie Renault mit Nelson Piquet Jr.

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Wieder ein Quäntchen mehr Frust, der sich zwischen 13. Startplätzen und zehnten Rängen im Ziel anstaut. "In den Nachwuchsserien war ich es gewohnt, immer vorne zu sein. Dann kam ich in die Formel 1 und plötzlich war es damit vorbei", gewährte Rosberg einen kleinen Einblick in seine Gefühlswelt.

Mut und Motivation nicht verlieren

Jetzt hofft er auf die neuen Regeln für die kommende Saison, die das Kräfteverhältnis in der Königsklasse etwas durcheinander bringen könnten.

Dass davon ausgerechnet Williams am meisten profitiert, ist angesichts der Masse an großen und finanzstarken Herstellern nicht sehr wahrscheinlich, aber Rosberg ist ein großer Optimist.

Er wird den Mut und die Motivation nicht so schnell verlieren. Zum Glück, so kann er sich nämlich weiter für ein Cockpit in einem der großen Teams empfehlen.

Denn noch einmal wird er wohl kaum einen neuen Vertrag bei Williams unterschreiben.

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