Die Leiden des Fernando A.

Von Jan-Henrdrik Böhmer
Fernando, Alonso, Renault
© Getty

München - Fernando Alonso hat ein Problem. Ein großes, Karriere-bedrohendes Problem. Es ist die immer größer werdende Kluft zwischen eigenem Anspruch und der harten Realität.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

In der einen Welt, der heilen, da fährt Alonso bereits 2009 wieder für ein Top-Team. Das ist sein Anspruch, das sagt er immer wieder. Und das ist auch berechtigt bei einem zweifachen Weltmeister. Von Ferrari wird hier gesprochen, hauptsächlich.

Doch die Realität sieht anders aus. Und zwar bitter für Alonso. Und bitter für alle, die mit ihm fiebern. In dieser Welt sitzt der Spanier nämlich im Renault und fährt chancenlos hinterher. Magere13 Punkte hat er aktuell auf dem Konto, Platz neun bedeutet das in der Fahrer-WM.

Und es bedeutet auch, dass Piloten wie Mark Webber (Red Bull) und Jarno Trulli (Toyota) dem 26-Jährigen plötzlich den Rang abzulaufen drohen. Jedenfalls Punkte-technisch. Selbst ein Rubens Barrichello im hoffnungslos unterlegenen Honda sitzt dem glorreichen Champion von einst mit nur zwei Punkten Abstand im Nacken.

Saison bereits abgeschrieben?

Das entspricht nun ganz und gar nicht dem Selbstbild Alonsos und zerrt daher an den Nerven des ohnehin als hitzköpfig geltenden Spaniers. Die Folge sind unnötige Fehler, wie in Silverstone und Hockenheim, wo er sich beim Überholen von der Konkurrenz düpieren ließ und zu allem Überfluss auch noch unnötige Dreher leistete.

"Aber es ist ja auch egal, ob ich Zehnter oder Elfter bin", erklärte ein sichtlich angefressener Alonso und offenbarte damit das gesamte Ausmaß seiner Verzweiflung. "Ich könnte auch gleich in der Box anhalten und den Motor für das kommende Rennen schonen."

Besserung ist laut Alonso nicht in Sicht. Jedenfalls nicht kurzfristig. Erst im kommenden Jahr könne man die aktuellen Probleme lösen, gestand er der spanischen Zeitung "AS". Mit der aktuellen Saison hat der Spanier bereits kurz nach der Halbzeit abgeschlossen.

Vom Pech verfolgt

Der Frust hat viele Gründe. Zum Einen hadert Alonso mit den hartnäckigen technischen Problemen seines Renault. Kaum scheint ein Mangel ausgeräumt, schon taucht das nächste auf. Aktuell fehlt es an Traktion. "Im direkten Duell haben wir keine Chance. Wir verlieren einfach zu viel Zeit in langsamen Kurven", so der Spanier nach Hockenheim.

Konnte sich der 26-Jährige bisher wenigstens damit trösten, dass er teamintern am besten mit dem bockigen Boliden klarkam, so scheint sich das Blatt langsam zu wenden. Denn der nach den ersten Rennen noch als Wackelkandidat geltende Nelson Piquet Jr. holt plötzlich auf. In den letzten drei Rennen fuhr der Brasilianer zehn Punkte ein, Alonso nur vier.

"Extrem viel Pech" 

Und ausgerechnet der kurz zuvor vom Spanier noch kritisierte Weltmeister-Sohn holt für Renault den ersten Podestplatz der Saison. Ein Schlag ins Gesicht von Alonso, seine Reaktion entsprechend patzig: Nur Glück habe sein Teamkollege gehabt, mehr nicht.

Mit dem Glück sei das übrigens so eine Sache. Denn er, Alonso, habe das in diesem Jahr schlichtweg nicht. Ganz im Gegenteil. Der Spanier sieht sich vom Pech verfolgt.

"In diesem Jahr habe ich extrem viel Pech, das kann man in jedem Rennen sehen", erklärt Alonso. "Ich hoffe nur noch, dass wir all unser Pech jetzt aufbrauchen und nächstes Jahr ohne solche Nachteile in die neue Saison starten können."

Zukunft weiter ungewiss

Doch abgesehen von Pech und einem aufschließenden Teamkollegen könnte noch etwas an Alonsos Nerven nagen. Nämlich die Sorgen um seine Zukunft.

Zwar hält sich noch immer hartnäckig das Gerücht, der Spanier habe bereits für 2010 bei Ferrari unterschrieben, doch bis dahin sieht es düster aus, jedenfalls mit dem Platz in einem echten Top-Team.

Denn immer mehr Türen schlagen dem Ex-Champion direkt vor der Nase zu. Zuletzt bei Red Bull Racing, einem Team, das zuvor offen Interesse am Spanier angemeldet hatte.

Und selbst, dass Alonso 2010 bei Ferrari unterkommt, ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Nach Räikkönens Bekenntnis zu Scuderia wird bereits spekuliert, ob der Finne nicht sogar bis 2011 bei den Roten verlängern könnte."Es sieht so aus, als ob der Spanier bei Renault bleiben muss", sagte Niki Lauda in der "Bild".

Ohne Punke, keine Prämie

Alonso steckt also in der Zwickmühle: Er darf seinen Gefühlen nicht nachgeben und die aktuelle Saison abschreiben, obwohl er bei Renault sichtlich unzufrieden ist. Denn sonst läuft er Gefahr, demnächst völlig im Mittelmaß zu verschwinden.

Der Grund: Fehlen dem Team am Ende der Saison die Punkte, gibt es keine Prämien. Und ohne ein entsprechendes Budget stagniert die Entwicklung des Boliden.

Die kommende Saison könnte damit noch verheerender werden, als die aktuelle. Und das wollen weder Renault, noch Alonso.

Artikel und Videos zum Thema