Neue Safety-Car-Regeln ernten Kritik

Von Alexander Mey
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© xpb

München - So voll wie an diesem Freitag war es nach dem Ende eines zweiten Freien Trainings auf einer Rennstrecke noch nie. Jeder, der konnte, fuhr noch einmal heraus.

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Nicht, um noch eine schnelle Zeit zu fahren, denn dafür war es bereits zu spät. Es ging um etwas anders: Den Probelauf für eine neue Safety-Car-Regel.

So soll es funktionieren: Bei einem Zwischenfall bekommen alle Piloten über die Einheitselektronik ein Signal, das sie per Knopfdruck innerhalb von fünf Sekunden bestätigen müssen.

Haben das alle getan, zeigt das Display am Lenkrad eine Rundenzeit an, die die Piloten mindestens fahren dürfen, um der Sicherheit auf der Strecke genüge zu tun. Fahren sie schneller, werden sie bestraft.

Ende der Safety-Car-Lotterie

Der Vorteil des Systems: Dadurch, dass alle Fahrer während einer Gelbphase nahezu mit gleichem Tempo fahren, anstatt vom Safety-Car eingebremst zu werden, bleiben auf der Strecke herausgefahrene Abstände erhalten.

Zudem müsste die Boxengasse nicht mehr geschlossen werden und jeder Pilot könnte dann zum Tanken kommen, wenn es ihm am besten passt.

Die Safety-Car-Lotterie, unter der in letzter Zeit viele Piloten gelitten haben, wäre Geschichte.

Fahrer wird zu sehr abgelenkt

Doch das System hat auch noch einige Nachteile und erntete deshalb nach dem Test in Magny-Cours viele kritische Stimmen.

"Es ist etwas merkwürdig, weil man ständig auf das Display schauen muss, um die richtige Geschwindigkeit zu haben. Es kann aber passieren, dass man genau in so einem Moment die Unfallstelle passiert und unaufmerksam ist", sagte Nico Rosberg.

Und er weiß nach dem Crash an der Roten Ampel von Montreal, wovon er redet. Dennoch gibt er dem neuen System noch eine Chance: "Wir müssen auf jeden Fall etwas verändern, und das neue System könnte ein Schritt nach vorne sein. Aber wir müssen abwarten."

McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh sagte: "Lewis fand es ablenkend, die Angaben auf dem Display zu beobachten. Heute war es kein Problem, aber was passiert, wenn es wirklich einen Unfall gibt oder wenn es monsunartig regnet? Das System funktioniert, aber man muss bedenken, dass es in einer Rennsituation verwendet wird."

Spielraum für taktische Spielchen

Jenson Button, generell ein Befürworter des Systems, machte auf ein anderes Problem aufmerksam: "Für mich selbst war es kein Problem, aber der Fahrer vor mir war viel zu langsam und hielt sich nicht an die vorgegebene Rundenzeit."

Dadurch hätte Button im Ernstfall wichtige Zeit verloren, weil er in der Gelbphase nicht hätte überholen dürfen. Ein Fakt, der im schlimmsten Fall taktischen Spielchen unter Teamkollegen Tür und Tor öffnen könnte. Ein zurückliegender Pilot könnte einen anderen bewusst aufhalten.

Kleine Teams profitieren von momentaner Regel

Unabhängig davon sind die kleinen Teams gegen die neue Lösung, weil sie sich schlicht und ergreifend selbst die Nächsten sind.

Sie profitieren von der momentanen Regel, weil sie immer wieder zum Feld aufschließen und bei chaotischen Rennen wie zuletzt in Monaco und Montreal sogar weit nach vorne gespült werden können - siehe Adrian Sutil und Sebastian Vettel in Monaco.

Keine kurzfristigen Änderungen

Es gibt also noch jede Menge Diskussionen, die verhindern, dass das System kurzfristig zum Einsatz kommen kann. Ursprünglich war im Idealfall sogar schon in Magny-Cours über eine Änderung der Regel nachgedacht worden.

Das ist nach dem Testlauf unrealistisch. "Wir stecken noch in den Kinderschuhen", sagte Pedro de la Rosa, einer der Direktoren der Fahrergewerkschaft GPDA. "Wenn das System eingeführt werden soll, dann muss jeder damit zufrieden sein, und das ist im Moment nicht der Fall."

Bis zu einer Einführung wird es mindestens noch ein paar Rennen dauern, aber de la Rosa hofft, dass es in dieser Saison noch zu einem Kompromiss kommt.

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