Der ärmste Hund der Formel 1

Von Alexander Mey
piquet, renault, kiesbett
© Getty

München - Wer ist im Moment der ärmste Hund im Formel-1-Feld? Nick Heidfeld, könnten einige sagen, weil er gegen Robert Kubica unter Druck gerät. Adrian Sutil andere, weil er in Monaco von Kimi Räikkönen abgeschossen wurde. Alles schön und gut, aber einer ist so richtig arm dran: Nelson Piquet Jr.

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Mit großem Namen und einem ganzen Sack voll Vorschusslorbeeren zu Renault gekommen, ist der junge Brasilianer schon nach sechs Rennen zum Abschuss freigegeben.

Es wird bereits offen über ein Ultimatum für Piquet Jr. diskutiert. Bis zum Großbritannien-GP Anfang Juli soll ihm Teamchef Flavio Briatore noch Zeit geben, sich zu beweisen, sonst wird er ausgebootet.

They never come back

Renault-Teammanager Steve Nielsen gibt schon einmal die Richtung vor: "Klar ist das seine erste Formel-1-Saison. Ich möchte auch nicht sagen, dass sie bisher desaströs ist, aber er muss sehr schnell zusehen, dass er mehr gute als schlechte Rennen zustande bringt. Die Formel 1 ist ein knallhartes Geschäft, in dem Leute, die keine Leistung bringen, den dafür bestimmten Weg gehen."

Sprich, sie fliegen raus. Und viel schlimmer noch: Sie kommen so gut wie nie wieder. Timo Glock ist in jüngster Vergangenheit der einzige Pilot, der nach einer Auszeit den Weg zurückgefunden hat. Nicht einmal ein erfahrener Mann wie Ralf Schumacher macht sich ernsthafte Hoffnungen auf ein Comeback.

Glück im Unglück

Entsprechend ernst ist die Situation von Piquet Jr. Potenzielle Nachfolger stehen Schlange. Namen wie Takuma Sato, Anthony Davidson oder Romain Grosjean sind allerdings nicht die Kracher, die Briatore gerne neben Fernando Alonso fahren lassen würde.

"Nelsinhos Glück ist, dass sich kein Ersatz anbietet", zitiert das Fachmagazin "auto, motor und sport" Renault-Chefingenieur Pat Symonds.

Spekulationen um Coulthard-Rochade

Wenn geeignete Kandidaten fehlen, dann sucht man sich eben welche. So wie das Fachmagazin "Motorsport aktuell", dass im neuesten Denkspiel David Coulthard als Nachfolger von Piquet Jr. handelt, und zwar nicht erst im Juli, sondern schon nach dem Kanada-GP.

Coulthard könnte demnach bei Red Bull für Sebastian Vettel Platz machen. Renault wäre für ihn ein logischer Zufluchtsort, da Red Bull das Kundenteam der Franzosen ist.

Solchen Spekulationen schiebt jedoch Toro-Rosso-Miteigentümer Gerhard Berger einen Riegel vor: "Bei uns träumen einige davon, Vettel so schnell wie möglich zu Red Bull zu verschieben und bei Toro Rosso dem jungen Sebastien Buemi eine Chance zu geben. Für beide käme so ein Schritt viel zu früh."

Piquet Jr. in Monaco total überfordert

Berger vertritt die Meinung, dass junge Piloten aufgrund der Testbeschränkungen zwangsläufig Anlaufprobleme haben müssen. Das gilt auch für Piquet Jr.

Sein Start in die Saison war aber selbst für einen Anfänger extrem schlecht. In sechs Rennen kam er nur zweimal ins Ziel, einmal wurde er Elfter, einmal 15.

Zuletzt in Monaco war er mit den schwierigen Bedingungen komplett überfordert. Schon mit Regenreifen hatte er sein Auto kaum unter Kontrolle, als ihn das Team dann auch noch auf Trockenreifen auf die noch feuchte Piste schickte, war sein Ausfall nur eine Frage der Zeit. Er folgte nach einer guten halben Runde.

"Manche Fahrer brauchen eine längere Lernphase, manche bekommen gleich schon zu Beginn alles auf die Reihe", sagte Piquet Jr. schon vor dem Monaco-GP "Reuters". "Kommt Zeit, kommt Rat", lautete sein Credo. Bisher war guter Rat teuer.

Schwierige Voraussetzungen

Der Brasilianer hat es aber auch nicht leicht. Mit dem Namen eines dreimaligen Weltmeisters in die Königsklasse zu kommen, erzeugt per se schon einmal mehr Druck als normal. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Renault Papa Piquet für den Monaco-GP ausgeladen hatte, um Ablenkungen zu vermeiden.

Dazu kommt noch, dass Renault kein gutes Auto gebaut hat, mit dem sogar Doppelweltmeister Alonso kämpfen muss wie ein Löwe. Wie soll sich in so einem Gefährt ein junger Mann ans Limit herantasten?

"Es macht einen großen Unterschied, wenn du eine Saison mit einem guten Auto beginnen kannst", verteidigt Piquet Jr. seine Schwierigkeiten.

Parallelen zu Kovalainen

Ihm geht es genauso wie Heikki Kovalainen vor einem Jahr. Auch der Finne kämpfte zu Saisonbeginn bei Renault mit einem schlechten Auto und stand früh in der Kritik. Zum Ende des Jahres war er dann aber so gut, dass er zu McLaren-Mercedes wechseln konnte und heute um Siege und Pole-Positions fährt.

Kovalainen schaffte 2007 allerdings relativ früh die Wende. Just beim Kanada-GP übrigens, als er im Safety-Car-Chaos auf den vierten Platz nach vorne gespült wurde.

So viel Glück hätte auch Nelson Piquet Jr. in Montreal bitter nötig, sonst droht ein großer Name der Formel-1-Geschichte schon bald zu verschwinden.

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