Kopfgeld & Gorilla-Kostüm

Von Jan-Hendrik Böhmer
Kimi Räikkönen, Motorrad, Rocker, Bike, Weltmeister, Ferrari
© Imago

München - Kimi Räikkönen: Ein Garant für monotone Interviews und den akuten Mangel an Gefühlsregungen. Iceman heißt er - und hat sich diesen Spitznamen redlich verdient.

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Jedenfalls auf der Strecke. Denn abseits der Formel 1 taut der Weltmeister regelmäßig auf und ist mit seinen Eskapaden der Liebling der Klatsch-Presse. Sympathisch macht ihn das - und menschlich. Findet jedenfalls die SPOX-Redaktion.

Schließlich zeigt der Finne, dass man auch als Weltmeister nicht in absoluter Askese leben muss. Deshalb: Sechs Kurzgeschichten zu Kimi Matias Räikkönen, dem oft unterkühlt wirkenden Finnen. Diesmal von seiner Rockstar-Seite.

Kartsport statt Nobel-Klo. Angefangen hat alles in Espoo, der zweitgrößten Stadt Finnlands. Einer Stadt, in der trotz der mehr als 200.000 Einwohner und der Nähe zur Hauptstadt Helsiki nicht viel los ist. Abgesehen von Eishockey vielleicht. Und Kimi wäre auch ein passabler Eishockey-Spieler geworden, wenn das Training nicht so früh am Morgen gewesen wäre. Aber da blieb Kimi lieber im Bett.

Viel lieber saß er bereits mit drei Jahren auf umgebauten Mini-Motorrädern. Schnell war klar: schnell ist er. Und deshalb tauschte Kimi mit zehn Jahren das Moped mit dem Kart und saß bei ersten großen Rennen hinterm Steuer. Auch Vater Matti musste sitzen. Allerdings im Taxi. Denn um die teure Leidenschaft seiner Söhne (aus Kimis Bruder Rami wurde ein passabler Rallye-Pilot) zu finanzieren, schob er Nachtschichten als Taxifahrer und Türsteher. Und noch ein Opfer brachte die Familie: Anstatt sich endlich ein vollwertiges Badezimmer zu leisten, fror man sich den Hintern weiter auf dem unterkühlten Außenklo ab.

Welcome to Metal-Town. Apropos Espoo. Aus Kimis Heimatstadt stammt gleich eine ganze Reihe prominenter Persönlichkeiten. Auffällig dabei: Die Häufung in den Bereichen Motorsport und Heavy Metal. Aufs Gas treten neben Räikkönen unter anderem Rallye-Altmeister Ari Vatanen und JJ Lehto, seines Zeichens ehemaliger Teamkollege von Michael Schumacher bei Benetton. Zum Vergleich: Das ist ungefähr so, als würden die Schumacher-Brüder, Nick Heidfeld und Walter Röhrl alle aus Castrop-Rauxel kommen.

Und auch musikalisch ist die Richtung in Espoo klar. Denn neben Ox , dem Bassisten der durch ihren Sieg beim Eurovision Song Contest weiträumig bekannt gewordenen Band Lordi, kommen auch Alexi Laiho und Janne Wirman von der Metal-Band Children of Bodom sowie Petri Lindroos von der Melodic Death Metal Band Norther aus Kimis Heimatstadt.

Kopfgeld auf Kimi. Räikkönen hat ein typisches Rockstar-Problem: Jeder will ein Foto von ihm machen. Und das nicht nur aus Fan-Liebe. Denn bereits 2005 durfte sich jeder Finne stattliche 1.000 britische Pfund bei diversen Zeitungen abholen, wenn er Kimi in einem Nachtklub abgelichtet hatte. Das nervte Kimi, den ausgewiesenen Party-Freund natürlich sehr. So sehr, dass er in die Schweiz auswanderte. Das hat natürlich auch steuerliche Vorteile, doch glaubt man Kimi, so gründet sein Umzug hauptsächlich auf der Foto-Sucht seiner Landsleute. "Ich liebe es nach Hause zu kommen und Zeit mit meinen Freunden zu verbringen", so Räikkönen. "Aber wenn ich ausgehe sind da immer Leute, die Fotos machen und Geschichten erfinden."

Der Gorilla-Zwischenfall & andere Affären. Rockstar-Problem Nr. II: Man wird immer und überall erkannt. Noch nicht einmal an einem Motorboot-Rennen in der finnischen Provinz kann man unerkannt teilnehmen. Die Lösung: Kimi und seine Freunde schlüpften im Juli 2007 für ein Rennen in Hankoo in Ganzkörper-Gorillakostüme und verpassten sich lustige Decknamen. Aus Kimi Räikkönen wurde also kurzerhand James Hunt. Übrigens der gleiche James Hunt, der nur eine Woche vor seinem ersten öffentlichen Auftritt mit Ferrari an einem gefährlichen Schneemobil-Rennen teilnahm. Der echte James Hunt wurde 1976 Formel-1-Weltmeister und war zu Lebzeiten als echter Playboy bekannt. Wie passend.

Kimi wurde trotzdem erkannt und zur Rede gestellt. Und dennoch hatte die Verkleidung einen erfreulichen Nebeneffekt. Bei besagtem Bootsrennen gewannen Kimi und Kollegen nämlich den Sonderpreis für die am besten angezogene Crew. "Den Preis haben wir schon bekommen", scherzte Räikkönen, als er anschließend vor dem Ungarn-GP auf seinen ungewöhnlichen Ausflug angesprochen wurde.

 Die Sache mit dem Vodka. Rockstar-Problem Nr. 3: Kontrollverlust nach Alkoholgenuss. Da gibt es zum Beispiel die Geschichte aus einem Londoner Nachtklub. Gemeinsam mit einem Freund und zwei Stripperinnen soll sich Kimi dort erst entblößt und dann Unruhe gestiftet haben. Soweit kam es in seinem Gran-Canaria-Urlaub zwar nicht, doch nach einem Streit mit Ehefrau Jenni und unzähligen Lokalrunden torkelte Kimi zu einem dubiosen Karaoke-Wettbewerb auf die Bühne. Sogar legendär ist mittlerweile sein alkoholbedingter Sturz von einer Yacht. Doch nicht alle sehen das so locker wie Kimi und seine Fans. "Kimi ist doch immer besoffen!", polterte zum Beispiel Eddie Irvine - zu seinen aktiven Zeiten selbst als Playboy bekannt.

Der Familien-Nachtklub. Als Lösung für Rockstar-Problem Nummer 3 eröffnete Kimis Frau Jenni im Oktober 2007 einen eigenen Nachtklub. "Bläk" heißt der exklusive und aus oben genannten Kopfgeld-Gründen sorgsam von der Presse abgeschirmte Nobelschuppen in Downtown Helsinki. Neben den Hausherren aus dem Hause Räikkönen sollen sich dort Gerüchten zufolge auch unzählige andere Promis herumtreiben.

Neben Jennis ehemaligen Model-Kolleginnen waren zum Beispiel die Pussycat Dolls gleich in der Premieren-Nacht vor Ort. Eröffnet hat Jenni das "Bläk" übrigens mit den Worten "jetzt wird gefeiert". Kurz darauf wurde Kimi Weltmeister. Na dann Prost.

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