Lost in Translation

Von Interview: Alexander Mey
glock, timo, shooting
© Getty

München - Ganz in Weiß stand Timo Glock da. Nicht unbedingt mit einem Blumenstrauß, dafür aber mit einem neuen Formel-1-Auto, das er endlich testen durfte.

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In Jerez stieg der fünfte deutsche Stammfahrer der Saison 2008 am Dienstag zum ersten Mal in den Toyota, nachdem ihn sein Noch-Arbeitgeber BMW-Sauber für die Woche in Spanien freigestellt hatte.

Er darf zwar die Farben und Sponsoren des neuen Teams noch nicht tragen, das wird er angesichts der großen Chance, sich frühzeitig an das neue Team zu gewöhnen, aber locker verschmerzen können.

SPOX.com traf Glock wenige Tage vor seinem Toyota-Testdebüt und stellte fest, dass der Hesse momentan erfolgreich auf zwei Hochzeiten tanzt. Außerdem sprach Glock über Trennungsstreitereien mit BMW, den Japaner als unbekanntes Wesen, seinen Phantom-Teamkollegen Jarno Trulli und Bully Herbig.

SPOX: Hallo Herr Glock! Ich muss gestehen, ich bin etwas überrascht, Sie noch in Diensten von BMW zu sehen.

Timo Glock: Wieso?

SPOX: Sollten Sie nicht in diesen Tagen bei Toyota vorgestellt werden?

Glock: Dieses Gerücht ist offenbar durch das Internet gegeistert. Aber da war nie etwas geplant. Immerhin stehe ich bis zum 31. Dezember noch bei BMW unter Vertrag.

SPOX: Wie ist das Verhältnis zu BMW angesichts der Trennung?

Glock: Viele denken, wir würden nicht mehr miteinander reden und im Streit auseinander gehen. Aber das ist Quatsch. Es ist alles ganz normal abgelaufen, keine Probleme.

SPOX: Dennoch war es eine Hängepartie, weil BMW Sie nicht kampflos ziehen lassen wollte.

Glock: Für mich war die Situation natürlich schwierig. Du stehst da und siehst eine große Möglichkeit, doch dann zieht sich das alles so sehr in die Länge. Letztlich haben wir dann aber eine Lösung gefunden, mit der alle leben können.

SPOX: Ist Toyota die Chance Ihres Lebens?

Glock: Mal sehen. Es ist aber auf jeden Fall ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zum wirklichen Ziel, Rennen zu gewinnen.

SPOX: Ist es die letzte Chance? Immerhin sind Fahrer wie Lewis Hamilton, Nico Rosberg oder Sebastian Vettel einige Jahre jünger als Sie.

Glock: Stimmt. Aber die machen in ihren jungen Jahren auch noch ein paar Fehler.

SPOX: Und Sie nicht?

Glock: Das will ich nicht sagen. Aber ich habe eine gewisse Erfahrung, die ich in meine Arbeit einfließen lassen kann. Ich fühle mich nicht benachteiligt, weil ich drei bis fünf Jahre älter bin als meine Konkurrenten.

SPOX: Starten Sie von einem höheren Level als andere Neulinge?

Glock: Ich kann mich schneller einarbeiten, weil ich die Formel 1 schon aus dem Jahr 2004 kenne. Und natürlich von meinem Testfahrer-Job bei BMW, die mir eine zweite Chance gegeben haben, überhaupt in die Formel 1 zurückzukommen - ein Glück, das nicht viele Fahrer haben. Ich habe in diesem großen Team viel Erfahrung gesammelt, deshalb bin ich sehr gut gerüstet.

SPOX: Haben Sie sich bei Toyota schon vorgestellt?

Glock: Ich war einmal kurz in Köln, um ein paar Gespräche zu führen. Das war es dann aber auch schon. Die Verhandlungen liefen eher über mein Management. Ich muss nicht bei allen Verhandlungen über jedes einzelne Wort im Vertrag dabei sein.

SPOX: Wie kommen Sie mit der japanischen Mentalität klar?

Glock: Bis jetzt hatte ich noch keine Probleme. Ich habe sie aber auch noch nicht oft getroffen. Mal sehen, wie sich das über das Jahr hinweg entwickelt. Ich rechne aber nicht mit Schwierigkeiten.

SPOX: Haben Sie mal mit Ralf Schumacher über dessen Erfahrungen geredet?

Glock: Nein. Ich glaube auch nicht, dass er mir viel hätte erzählen können.

SPOX: Was werden Sie besser machen als er?

Glock: Abwarten. Ich gehe die Sachen auf meine eigene Art und Weise an. Jeder geht die Dinge in der Formel 1 anders an. Ich mache meine Arbeit zu 100 Prozent, ob das dann anders oder besser ist als bei Schumacher, kann ich nicht beurteilen.

SPOX: Wie ich gelesen habe, wollen Sie notfalls sogar in der Toyota-Garage übernachten.

Glock (lacht): Das war auch wieder so eine Geschichte. Das habe ich irgendwo zwischen Tür und Angel erzählt. Es soll nur verdeutlichen: Ich bin kein Typ, der sich einfach so in die Schweiz oder nach Monaco absondert. Mein Arbeitsplatz ist in Deutschland, in Köln, und da will ich so oft wie möglich sein.

SPOX: Ziehen Sie aus dem Odenwald nach Köln um?

Glock: Ich überlege, mir in Köln eine Wohnung zu suchen.

SPOX: Haben Sie eine Sekunde gezögert, das Toyota-Angebot anzunehmen? Immerhin steht die Marke in der Formel 1 bis jetzt nicht gerade für Erfolg.

Glock: Wir haben am Anfang schon darüber nachgedacht und mit anderen Teams wie Williams gesprochen. Im Endeffekt habe ich mich dann aber doch schnell für Toyota entschieden.

SPOX: Hat Toyota nach wie vor das Potenzial, ganz nach vorne zu kommen?

Glock: Die Möglichkeiten sind natürlich sehr groß. Man muss es nur schaffen, die zu bündeln und voll auszuschöpfen. Dann ich alles drin.

SPOX: Wie kommen Sie mit Ihrem Teamkollegen Jarno Trulli aus?

Glock: Keine Ahnung. Ich habe noch nie mit ihm gesprochen. Ich glaube, ich habe ihm einmal die Hand gegeben (lacht).

SPOX: Wofür bleibt jetzt im Winter neben der Formel 1 noch Zeit?

Glock: Ich bin quasi ständig am trainieren. Das geht schon seit Wochen von morgens bis abends.

SPOX: Nicht einmal Kino? Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen?

Glock: Was war denn der letzte Film, den ich gesehen habe? (Denkt lange nach) Ich glaube, das war "Ratatoullie" vor drei oder vier Wochen. Ich wollte eigentlich in "Sissy und der letzte Kaiser" gehen, aber das habe ich irgendwie nicht geschafft.

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