"Wer sich unverwundbar fühlt, ist bekloppt"

Von Interview: Alexander Mey
heidfeld, garage
© Getty

München - Es ist in den letzten Wochen etwas ruhiger um Nick Heidfeld geworden. Vor lauter Spionage-Affäre und Kleinkrieg zwischen Fernando Alonso und Lewis Hamilton droht die Saison des Deutschen etwas in den Hintergrund zu rücken.

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Zu Unrecht, denn wer hätte vor einem halben Jahr gedacht, dass Heidfeld im BMW-Sauber am Ende des Jahres auf Platz fünf in der Fahrer- und sogar auf Platz zwei in der Konstrukteurs-WM liegen würde?

Quick Nick lässt im SPOX.com-Interview die beste Saison seiner Karriere Revue passieren, mit allen Höhen, aber auch den Schattenseiten wie dem Horror-Unfall von Teamkollege Robert Kubica in Montreal.

Was denkt Heidfeld über das trügerische Gefühl der Unverwundbarkeit in der Formel 1, ist er neidisch auf Emporkömmlinge wie Lewis Hamilton, und was hat er mit dem Meister der Jedi und Volksmusik am Hut?

Hier die Antworten.

SPOX: Vater geworden, Fünfter in der Fahrer-WM, Vertrag für 2008 in der Tasche: Gibt es etwas, das in diesem Jahr schlecht gelaufen ist?

Nick Heidfeld: Nein. Für diesen Moment läuft es perfekt. Natürlich will ich irgendwann Weltmeister werden, aber dieses Ziel auszugeben, ist für dieses und auch für nächstes Jahr noch unrealistisch.

SPOX:  Ist die Zahl der Schulterklopfer in diesem Jahr größer geworden?

Heidfeld: Definitiv. Das passiert automatisch, wenn der Erfolg größer wird.

SPOX: Viele dieser Schulterklopfer sind überrascht von Ihrem Erfolg. Überraschen Sie sich auch selbst oder sind Sie jetzt endlich da, wo sie hingehören?

Heidfeld: Ich bin überrascht, dass wir als Team in diesem Jahr schon so stark sind. Meine eigene Leistung überrascht mich aber nicht. Mit einem so starken Auto hätte ich auch in den Jahren zuvor schon da stehen können, wo ich jetzt stehe.

SPOX: Ist der Erfolg umso süßer, wenn man wie Sie in der Formel 1 ganz unten angefangen und sich alles hart erkämpft hat?

Heidfeld: Man kann ihn auf jeden Fall mehr genießen.

SPOX: Weil man auch die schlechten Tage erlebt hat.

Heidfeld: Leider viel zu lange.

SPOX: Macht einen das härter?

Heidfeld: Ich denke ja. Aber dafür hätte ein Jahr gereicht, da braucht man nicht gleich einen ganzen Schwung von (lacht).

SPOX: Wie beobachten Sie mit Ihrer F-1-Historie vermeintliche Emporkömmlinge wie Lewis Hamilton?

Heidfeld: Er ist für mich ein Ausnahmefall, den es in der Form noch nicht oft gab. Es ist außergewöhnlich, dass er zum einen gleich in ein Top-Team kommt und zum anderen dort gleich so eine starke Leistung bringt. Manche Leute haben sowohl den Speed als auch das Talent, wenige Fehler zu machen. Er ist so jemand.

SPOX: Sind Sie neidisch?

Heidfeld: Natürlich hätte ich auch gerne das Glück gehabt, das er hat. Aber ich gönne ihm das und bin nicht neidisch. Er hat es verdient.

SPOX: Wären Sie an Fernando Alonsos Stelle, würden Sie mit der Herausforderung durch Hamilton souveräner umgehen?

Heidfeld: Das ist aus der Ferne schwer einzuschätzen. Ich weiß nicht, was dort im Hintergrund passiert. Es ist aber sicher keine einfache Situation, wenn du einen Neuling ins Team bekommst, der gleich einmal nach dem WM-Titel greift.

SPOX: Sie haben mit Robert Kubica auch einen dieser vermeintlichen Emporkömmlinge im Team. Wie ist das Verhältnis zwischen Ihnen? Am Nürburgring sind Sie nach ihrem Crash einmal aneinander geraten.

Heidfeld: Das ist mittlerweile kein Problem mehr. Es ist klar, dass wir einander danach nicht in die Arme gefallen sind, aber das ist erledigt. Generell ist das Verhältnis sehr gut.

SPOX: Schaut er sich bei Ihnen ab und zu etwas ab?

Heidfeld: Man spricht ab und zu miteinander, aber es ist nicht so, dass ich der Lehrer bin und er der Schüler. Wir stehen auf einer Ebene und Robert macht ganz und gar nicht den Endruck eines Neulings.

SPOX: Kubica sorgte mit seinem Unfall in Montreal für den Schreckmoment der Saison. Aber weder ihm noch Lewis Hamilton bei seinem heftigen Unfall am Nürburgring ist etwas Ernstes passiert. Läuft man angesichts der hohen Sicherheit Gefahr, sich unverwundbar zu fühlen?

Heidfeld: Auf keinen Fall. Wer sich in unserem Sport unverwundbar fühlt, ist bekloppt. Robert hatte bei seinem Crash unglaublich viel Glück im Unglück. Ein etwas anderer Aufprallwinkel, ein Einschlag einen halben Meter höher und es wäre leider eine ganze Menge mehr passiert.

SPOX: Sie haben den Start im Regenchaos von Fuji hart kritisiert. Fährt die Angst vor einem Unfall immer mit?

Heidfeld: Man denkt nicht ununterbrochen an die Gefahr, aber man hat immer das Bewusstsein im Hinterkopf, dass etwas passieren kann. Im Endeffekt muss jeder für sich selbst entscheiden, ob es ihm das Risiko wert ist oder nicht.

SPOX: Ist es Ihnen als zweifachem Familienvater das Risiko noch wert?

Heidfeld: Ja. Ich bin bei BMW-Sauber in einem Team, das das Thema Sicherheit sehr ernst nimmt. Letztlich hoffe ich einfach, dass nichts passiert.

SPOX: Ihr Sohn heißt Joda. Zufall oder eine Hommage an "Star Wars"?

Heidfeld: Meine Freundin hatte die Idee, wusste aber gar nicht, dass der Name in dem Film vorkommt. Mir war das schon bewusst, obwohl ich kein "Star-Wars"-Freak bin, aber mir hat er sehr gut gefallen.

SPOX: Was macht Nick Heidfeld, wenn er nicht in einem Rennauto sitzt?

Heidfeld: Ich höre sehr gerne Musik. Aber die Zeit dafür ist mit zwei Kindern sehr knapp. Wann immer ich zu Hause bin, verbringe ich meine Zeit mit der Familie.

SPOX: Was für Musik hören Sie?

Heidfeld: Ich habe mehr als 8000 Songs auf meinem mp3-Player. Das ist sehr gemischt. Ich höre viele aktuelle Sachen, Nelly Furtado, Gwen Stefani, aber auch Songs aus den 60ern, beispielsweise von The Kinks. Insgesamt geht die Tendenz in Richtung HipHop und R'n'B, es ist aber alles dabei - bis auf Volksmusik.

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