Mythos Eau Rouge am Ende

Von Alexander Mey
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© Getty

München - Wenn Nick Heidfeld über diese Kurve spricht, wenn seine Augen glänzen und er das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommt, dann wird einem klar: Es muss ein verdammt cooles Gefühl sein, mit fast 300 km/h durch die Eau Rouge zu fahren.

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Erst links in die Senke, dann rechts steil den Berg hinauf, dann im Blindflug wieder nach links und raus auf die lange Gerade - und das alles bei Vollgas: "Etwas Vergleichbares haben wir in der Formel 1 nicht", erklärt "Quick Nick" SPOX.com.

Aus seinem Mund klingt das "Erlebnis Eau Rouge" dann so: "Du fährst in die Senke ein, das Auto setzt kurz auf und du verspürst einen unglaublichen Druck. Das ist ein Druck, den man normalerweise in der F 1 nicht hat, eher beim Bob Fahren. Dann geht es hoch, du siehst fast nur den Himmel, den Ausgang der Kurve erkennst du nicht. Du weißt nur aus der Erfahrung, wo du ungefähr raus kommst. Wenn es gut ging, bist du mit Vollgas durchgekommen."

Wie ein kleines Kind

Heidfeld wirkt ein bisschen wie ein kleines Kind, das von seiner ersten Achterbahnfahrt zurückkommt und unbedingt aller Welt erzählen muss, was es gerade Großartiges erlebt hat.

"Das Gefühl, da durch zu fahren, war einzigartig. Die Eau Rouge war früher in jeder Runde etwas Besonderes", sagt Heidfeld weiter.

Nur noch eine bessere Gerade

Er spricht in der Vergangenheitsform, und zwar aus gutem Grund. Denn der Mythos Eau Rouge, der von jeher Formel-1-Größen wie Ayrton Senna oder Michael Schumacher zum Schwärmen brachte, existiert nicht mehr.

Nicht, weil man an der Kurve etwas verändert hätte. Nein, man hat stattdessen aus den 900 PS starken Formel-1-Geschossen durch die V8-Motoren zahme 750-PS-Flitzer gemacht, mit denen die Eau Rouge zu einer besseren Geraden verkommt.

"Eau Rouge ist langweilig geworden"

"Mittlerweile haben wir dort die längste Vollgaspassage, seit die Eau Rouge unter fast allen Bedingungen mit vollem Tempo zu fahren ist", beschreibt BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen SPOX.com die veränderte Situation.

Der Sportchef sieht den Wandel der Zeit nüchtern, sein Fahrer nicht. "Mit dem V8 ist die Eau Rouge langweilig geworden", sagt Heidfeld und erinnert dabei an das kleine Kind, das die Achterbahn beim zweiten Mal Fahren gar nicht mehr so großartig findet. "Das ist schon blöd", resümiert "Quick Nick".

Bellof stirbt in der Eau Rouge

Die Kurve am "roten Wasser", einem kleinen Fluss am Rande des Kurses in Spa-Francorchamps, der aufgrund seines eisenhaltigen Gesteins rot gefärbt ist und der Eau Rouge den Namen gegeben hat, blickt nicht nur auf faszinierende Momente zurück.

1985 verunglückte dort der Deutsche Stefan Bellof in einem Sportwagen tödlich, nachdem er bei einem Überholversuch mit Jacky Ickx kollidiert war.

1999 hatten die beiden BAR-Piloten Jacques Villeneuve und Ricardo Zonta mehr Glück. Sie blieben bei ihren heftigen Einschlägen in die Reifenstapel weitgehend unverletzt.

Schumi macht Eindruck

Damals war die Eau Rouge noch eine echte Mutkurve, die den Unterschied zwischen guten und sehr guten Piloten machte.

Michael Schumacher hatte zum Beispiel bei seinem Debüt 1991 dadurch besonderen Eindruck gemacht, dass er durch die gesamte Passage hindurch voll auf dem Gas stehen blieb.

Das kann mittlerweile jeder.