Wo bleibt die Verstärkung?

Deutschland musste sich im zweiten WM-Spiel gegen Schweden geschlagen geben
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Nach dem 2:7 gegen Schweden ist im DEB-Tross wieder Ernüchterung eingekehrt: Gegen die ganz großen Gegner muss eben alles passen - und am Samstag passte es nur 35 Minuten. Am Montag geht es im dritten Vorrundenspiel gegen Russland (ab 16.15 Uhr LIVE auf DAZNund im LIVETICKER). Gegen die Sbornaja dürfte erneut die Defensive gefordert sein. Doch die ist immer noch unterbesetzt.

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Gebetsmühlenartig hatte Marco Sturm in den letzten Tagen betont, was es alles brauche, um mit den ganz großen Eishockey-Nationen auf diesem Planeten mitzuhalten: Kampfgeist, eine gute Mannschaftsleistung, einen starken Goalie und auch das nötige Glück. Gegen die Schweden war dann zu beobachten, was passieren kann, wenn diese Gleichung einmal nicht aufgeht.

Und so war der Bundestrainer nach dem 2:7 mit leicht verkniffenem Lächeln dann auch um Schadensbegrenzung bemüht - wusste er doch, dass ein solches Ergebnis gegen einen neunmaligen Weltmeister genauso im Bereich des Möglichen liegt, wie ein 2:1 gegen die USA: "Man darf nicht anfangen zu träumen, dass man jedes Spiel gegen die großen Nationen gewinnt. Da muss man die Kirche im Dorf lassen."

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Dabei hatte man gegen Schweden über weite Strecken nicht schlechter gespielt als gegen die US-Boys am Tag zuvor. Wieder hatte Deutschland die Anfangsphase verpennt, sich tief zurückdrängen lassen, "zu viel Respekt gezeigt".

Aber dann biss sich die DEB-Auswahl Stück für Stück in Partie und konterte die starke Physis der Skandinavier, glich jeweils zum 1:1 und 2:2 aus - und hatte nach 35 Minuten alle Chancen auf die nächste Überraschung. 22 Schüsse hatte Schweden im ersten Drittel auf Greiss abgefeuert, im zweiten Durchgang waren es nur noch zehn. "Bis dahin war es ein enges, umkämpftes Spiel", analysierte Sturm. Kampfgeist und gute Mannschaftsleistung: check.

"Es war nicht Thomas' Schuld"

Auch der starke Goalie war wieder mit von der Partie, da darf man sich nicht von sieben Gegentoren täuschen lassen: Greiss machte da weiter, wo er gegen die Amerikaner aufgehört hatte, und zeigte in den ersten beiden Dritteln mehrere Weltklasseparaden.

Unglaublich, wie er Krügers Schuss mit der Stockhand vor dem 2:3 noch gegen den Pfosten lenkte. "Es war nicht Thomas' Schuld", wusste auch der Bundestrainer, der seine Nummer acht nach dem siebten Gegentreffer aus dem Spiel nahm und durch Danny aus den Birken ersetzte. Goalie: check.

"Gute Lehrstunde" für das DEB-Team

Das nötige Glück, das war an diesem Abend jedoch nicht auf Seiten des WM-Gastgebers. Von Pech kann man sicherlich auch nicht sprechen, aber das 2:3 von Omark touchierte noch den Pfosten, und beim 2:4 exakt 2,5 Sekunden vor der zweiten Drittelpause waren sich alle Beteiligten einig: Ein so später Gegentreffer - das war mehr als unglücklich. "Für das Selbstvertrauen ist es nicht förderlich, wenn man so einen Doppelschlag kassiert", sagte Philipp Gogulla, Torschütze des 2:2.

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Vom diesem 2:4 sollte sich das Team schließlich nicht mehr erholen - auch weil die Tre Kronor die sich ihnen bietenden Lücken im Schlussabschnitt eiskalt ausnutzten. Landete von den ersten 22 Torschüssen nur einer im Netz, waren es von den nächsten 22 gleich sechs.

"Vielleicht wollten wir im letzten Drittel ein bisschen zu viel und sind dann hinten zu offen gestanden", analysierte Patrick Hager. "Es ist immer schwierig, die Balance zu halten, wenn du hinten liegst." Felix Schütz sprach von einer "guten Lehrstunde": "Vielleicht war es ganz gut, dass die Jungen sehen, dass es ganz schnell gehen kann, wenn man die Scheibe nicht raus bekommt."

Müde Beine, müde Köpfe

Dass man die Scheibe im ersten Drittel so selten raus bekommen hatte und sich gerade in den ersten Minuten viel zu viele Scheibenverluste leistete, war der Nervosität und dem dominanten Gegner zuzuschreiben.

Dass es in den letzten 25 Minuten so oft passierte, lag wohl auch daran, dass die Akkus irgendwann leer waren. Diese Ausrede wollten die Spieler allerdings nicht gelten lassen: "Wir sind alle Profis, das darf keine Ausrede sein", bekräftigte Patrick Reimer.

Doch der Bundestrainer wusste es besser - war er es doch gewesen, der seinem Kader mit nur sechs Verteidigern gegen die USA und Schweden eine Zerreißprobe abverlangt hatte. "Auf diesem Level waren speziell unsere Verteidiger gefordert. Man hat die Müdigkeit in den Beinen und Köpfen auch gesehen", gab Sturm nach der Partie zu. Der freie Sonntag wird helfen, erneutes Regenerieren ist angesagt.

Was ist mit Ehrhoff?

Dennoch müssen Verstärkungen her, Kapitän Christian Ehrhoff etwa wird schmerzlich vermisst. "Wir brauchen uns nichts vormachen, Christian ist einer der besten deutschen Verteidiger", sagte Reimer: "Dass er fehlt, tut natürlich weh. Wir hoffen, dass er zurückkommt."

Wenn er denn zurückkommt: Die ominöse Oberkörperverletzung, die den 34-Jährigen außer Gefecht setzt, ist weiterhin nicht ausgestanden, Sturm äußerte sogar erstmals Zweifel daran, ob Ehrhoff im Turnier überhaupt eingesetzt werden könne: "Es ist bisher einfach nicht besser geworden. Irgendwann müssen wir eine Entscheidung treffen."

Alternativen wären Sinan Akdag, am liebsten natürlich Korbinian Holzer von den Anaheim Ducks. Generell wolle er die potenziellen NHL-Nachrücker wie auch Stürmerstar Leon Draisaitl aber nicht einplanen, betonte Sturm: "Das kann ich nicht kontrollieren." Reimer blies ins gleiche Horn: "Wir müssen mit denen auskommen, die momentan da sind. Wenn Verstärkung kommt: gerne."

Russland: Weg von der Strafbank

Gegen die Russen am Montag (ab 16.15 Uhr LIVE auf DAZNund im LIVETICKER) dürfte es wohl kaum schon Verstärkung aus Übersee geben. Der dritte Medaillenkandidat innerhalb von vier Tagen, und diesmal ein Gegner, der laut Dennis Seidenberg wohl eher über die Technik komme. "Eine sehr spielstarke Mannschaft. Da tun wir gut daran, von der Strafbank wegzubleiben", sagte Hager. Die Sbornaja gehöre in Turnieren traditionell zu den besten Powerplay-Mannschaften. Und man darf nicht vergessen: Schweden hatte gegen Russland noch knapp im Penalty-Schießen verloren.

Der nächste dicke Brocken, der nächste Große, den man ärgern will. Die Enttäuschung vom Samstag wolle man schnell abhaken, so Sturm, denn auch wenn man Außenseiter gewesen sei: "Niederlage ist Niederlage. Jeder ist sauer, wenn man solche Tore bekommt." Ob man aber nun mit sieben oder auch nur mit drei Toren verloren hätte, ändere nichts am Optimismus in der Kabine: "Wir glauben daran, dass wir jede Mannschaft schlagen können."

Wobei man gegen Russland eigentlich nur gewinnen kann: Um den Traum vom Viertelfinale wahr zu machen, müssen vor allem danach Punkte gegen die "kleinen Gegner" her. "Es wird eine tolle Atmosphäre, wir freuen uns auf die Russen", sagte Schütz. "Natürlich wäre es super, wenn wir gegen sie punkten würden, aber erst danach kommen für uns die wichtigen Phasen."

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