"Die NHL ist mehr Entertainment"

Von Interview: Michael Graßl
Jochen Hecht spielt seit 2013 wieder in der DEL bei den Adlern
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Sie sind nun seit zwei Jahren zurück in Deutschland. Hatten Sie zwischendurch den Gedanken, in den Staaten sesshaft zu werden?

Hecht: Meine Frau und ich haben lange darüber nachgedacht.Unsere Kinder sind in Mannheim geboren, außerdem leben ihre Großeltern hier. Buffalo ist eine sehr kalte Stadt und hat einen langen Winter, zudem wollte ich nach meinem Karriereende in der NHL nicht mit dem Eishockey aufhören. Deshalb war eine Rückkehr nach Mannheim die optimale Wahl.

SPOX: Was vermissen Sie am meisten, wenn Sie an Ihre Karriere in der NHL denken?

Hecht: Oft erwische ich mich dabei, dass ich sonntags Einkaufen gehen will (lacht). Am meisten fehlt mir in der DEL jedoch die hohe Anzahl an Spielen. Ich hätte nichts dagegen, drei Mal die Woche zu spielen und dafür weniger zu trainieren. Andererseits ist Eishockey in den USA vor allem für die Fans mehr Entertainment, hier dagegen identifizieren sich die Menschen voll und ganz mit Ihrem Verein.

SPOX: Können Sie diesen Unterschied genauer erklären?

Hecht: Die deutschen Fans gehen zum Eishockey, weil sie sich dort austoben und feiern können. Deshalb unterstützen sie die Mannschaft lautstark, in Amerika kann man es besser mit einem Kinobesuch vergleichen, bei dem man etwas isst und trinkt und dann wieder nach Hause geht. Laute Stimmung kommt nur dann auf, wenn viele Tore fallen oder sich die Spieler prügeln. Aber natürlich gibt es Ausnahmen wie die kanadischen Hallen, in denen es vor allem in den Playoffs ziemlich abgeht.

SPOX: Ist es auf dem Eis nicht hinderlich, wenn die laute Kulisse die Kommunikation zwischen den Spielern erschwert?

Hecht: Ich persönlich liebe die Playoff-Atmosphäre. Vor allem in den kleineren Hallen wie in Ingolstadt, Iserlohn oder früher am Friedrichspark ist es wie in einem Hexenkessel, dann muss man auf dem Eis eben etwas lauter schreien. Wir legen noch mal einen Zahn zu und die Fans auch, dafür spielt man doch Eishockey.

SPOX: Nicht in den Playoffs sind in diesem Jahr die Kölner Haie dabei, die sich durch den 11. Platz nach der Hauptrunde nicht einmal für die Pre-Playoffs qualifiziert haben.

Hecht: Das Kölner Aus ist ein Verlust für die DEL. Einerseits wirtschaftlich, weil die Haie einen großen Marktanteil haben, besonders bei Zuschauern und Fernseheinschaltquoten. Und natürlich sportlich, auch wenn sie die Qualifikation verpasst haben. Die letzten beiden Jahre standen sie noch im Finale und man musste davon ausgehen, dass sie auch dieses Jahr ein wichtiges Wörtchen um den Titel mitspielen.

SPOX: Hat der immense Druck, der durch die lange titellose Zeit aufgebaut wurde, einen zu negativen Einfluss auf den Verein?

Hecht: Das ist aus der Ferne schwer zu beurteilen. Aber es ist klar, dass man diese beiden Niederlagen nicht einfach vergessen kann. Besonders als junger Spieler machen einem die Höhen und Tiefen, die durch einen Sieg oder eine Niederlage ausgelöst werden, mehr aus. Dabei ist es, insbesondere in den Playoffs, völlig egal, ob man das letzte Spiel 10:0 gewonnen oder 0:1 verloren hat. Bei jedem Spiel wird das Gesetz neu geschrieben.

SPOX: Sie selbst haben einige Höhen und Tiefen erlebt und sind mittlerweile 37 Jahre. Trotzdem haben Sie bereits im Winter Ihren Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert. Was gab den Ausschlag für die frühzeitige Verlängerung?

Hecht: Ich habe mit der Mannschaft unglaublichen Spaß, die Jungs sind immer für einen Scherz zu haben. Zudem spielen wir erfolgreiches Eishockey. Das will ich nicht aufgeben und gut spielen kann ich ja auch noch.

SPOX: Haben Sie sich denn schon mal mit der Zeit nach dem Karriereende befasst?

Hecht: Ich möchte dem Eishockey und den Adlern auf jeden Fall verbunden bleiben, aber konkrete Pläne habe ich noch nicht. Vielleicht ist ein Job als Nachwuchstrainer eine Option für mich. Mein Sohn steht mittlerweile auf dem Eis und es bereitet mir große Freude, die Jungs zu coachen und zu verbessern. Das ist allerdings Zukunftsmusik, jetzt zählen erst einmal die Playoffs.

SPOX: In die Sie als großer Favorit gehen. Was muss passieren, dass die Adler Mannheim nicht Deutscher Meister werden?

Hecht: Eine andere Mannschaft muss uns schlagen. Aber wenn wir dem Gegner unser Spiel aufzwingen können, unser Überzahl und unser hervorragendes Unterzahl aus der Vorrunde auch in den Playoffs funktionieren, dann haben wir gute Chancen auf den Titel. Wir sind uns bewusst, dass wir als Favorit der Gejagte sind.

Seite 1: Hecht über Hausarbeit, die DEL-Playoffs und seine Trikotnummer

Seite 2: Hecht über die Unterschiede zur NHL, Kölns Albtraum und das Karriereende

Die DEL-Playoffs im Überblick

Artikel und Videos zum Thema