Stehaufmännchen kurz vor dem Titel

SID
Ingolstadt und Köln lieferten sich ein heißes Duell - mit dem besseren Ende für den Außenseiter
© getty

Hoch oben auf der Tribüne in der Kölnarena sangen die Ingolstädter Fans: "Nur noch 60 Minuten." Doch Thomas Greilinger wollte von möglichen Meisterfeierlichkeiten noch überhaupt nichts wissen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Wir dürfen nicht lange drüber nachdenken, was passieren kann", sagte der Stürmer des ERC Ingolstadt nach dem 4:3-Sieg nach Verlängerung im fünften Playoff-Finale bei den Kölner Haien: "Zum Glück fliegen wir zurück, das dauert nur eine Stunde, da kann man nicht lange nachdenken."

Ein Sieg fehlt dem Nationalspieler und den Überfliegern aus Oberbayern noch, dann wäre die größte Überraschung in 34 Jahren Playoff-Eishockey in Deutschland perfekt. Der Tabellenneunte der DEL, noch vor drei Monaten nach der Flucht des Sportdirektors Jim Boni, einem Fan-Boykott und einer Pleitenserie ein Trümmerhaufen, wäre deutscher Meister. Die erste Chance dazu hat Ingolstadt am Sonntag (14.30 Uhr im LIVE-TICKER) in eigener Halle.

Längste Finalserie der Geschichte

"Wir sind schon die ganze Saison immer wieder zurückgekommen", sagte Greilinger, der mit seinem fünften Playoff-Tor zum zwischenzeitlichen 2:2 (37.) die erste Aufholjagd der Ingolstädter vor 18.571 Zuschauern in der ausverkauften Kölnarena abgeschlossen hatte. Wie nach all den Tiefschlägen in der Vorrunde, als Trainer Niklas Sundblad wegen angeblich zu harten Trainings auf der Kippe stand, zeigten sich die Oberbayern auch in der längsten Finalserie der deutschen Eishockey-Geschichte als Stehaufmännchen.

Nach dem 0:2-Rückstand durch Marcel Ohmann (9.) und Philip Gogulla (12.) gelang durch Robert Sabolic' neunten Playoff-Treffer und Greilingers Tor zum ersten Mal der Ausgleich. Nach Torsten Ankerts Glücksschuss zum 2:3 (39.) erzwang Verteidiger Patrick Köppchen die Verlängerung (44.). Es war der 14. Scorerpunkt in der Meisterrunde für den 33-Jährigen, der im April 2014 seinen dritten Frühling erlebt. Besonders beeindruckend ist seine Plusminus-Bilanz von +16 - die beste in den DEL-Play-offs, seit diese Statistik geführt wird.

Und nach 9:30 Minuten in der Overtime schlug Travis Turnbull zu. "Mein wichtigstes Tor" nannte der US-Amerikaner seinen achten Playoff-Treffer - und eine späte Genugtuung. Denn eigentlich hatte der 27-Jährige die frühe Ingolstädter Führung erzielt: Nach einem Pfostenschuss von Michel Périard war der Puck von seinem Oberschenkel ins Netz gesprungen (6.). Doch Videorichter Georg Jablukov verweigerte die Anerkennung. "Das war falsch", sagte Turnbull, "ich habe schon viele Tore so geschossen, sie sind nie aberkannt worden. Das war frustrierend."

"Brutaler Charakter"

Aber auch diesen Rückschlag steckten die Ingolstädter weg - mit ihrem "brutalen Charakter", wie es Greilinger nannte. Am Ende stand der dritte Sieg in Folge im Finale, der 0:2-Rückstand zu Beginn der Serie ist längst vergessen. "Wir sind einen langen Weg gegangen, jetzt wollen wir auch alles gewinnen", sagte Turnbull.

Frust herrschte am Ende des Abends bei den Haien. "Playoffs sind leider gnadenlos und knallhart", resümierte Nationalspieler Moritz Müller, "Ingolstadt hat in der Verlängerung nur eine Chance und nutzt sie." Aufgeben wollte der Verteidiger noch nicht. "Wenn wir so spielen wie heute, gewinnen wir in Ingolstadt", meinte er. Dann gäbe es am Dienstag (19.30 Uhr) noch ein siebtes Finale.

Die DEL-Finals im Überblick

Artikel und Videos zum Thema