"Lettland-Spiel hat uns den Schwung genommen"

Von Interview: Alexander Mey
Dennis Endras (r.) musste im Spiel gegen die Schweden fünf Gegentreffer hinnehmen
© Getty

Nach drei Niederlagen in vier Spielen steht das DEB-Team bei der WM mit dem Rücken zur Wand. Siege gegen Dänemark und Norwegen in den nächsten Spielen sind Pflicht, wenn es noch fürs Viertelfinale reichen soll. Goalie Dennis Endras betreibt im SPOX-Interview Fehleranalyse und findet klare Worte. Zudem erklärt er, warum ihm die anstehenden Endspiele am liebsten sind und wie er sein persönliches NHL-Fiasko verdaut hat.

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SPOX: Nach vier von sieben WM-Spielen ist die Bilanz mit nur einem Sieg und drei Punkten sehr bescheiden. Wie tief sitzt der Frust?

Dennis Endras: Frust würde ich es gar nicht unbedingt nennen. Verlieren macht nie Spaß, aber das müssen wir jetzt einfach so anerkennen. Die Niederlage gegen Schweden ging auch in der Höhe so in Ordnung. Gegen die Russen hätten wir vielleicht einen Punkt holen können, der hätte uns sehr gut getan. Aber mit Siegen kann man gegen solch brutal gute Gegner nie rechnen, das ist klar.

SPOX: Gegen Lettland aber schon.

Endras: Klar, da war ein Sieg eingeplant. Von daher tut diese Niederlage bisher am meisten weh. Wir haben gegen die Letten im ersten Drittel nicht so gespielt, wie wir das hätten tun müssen, und wenn du auf diesem internationalen Niveau nur 40 Minuten ordentliches Eishockey spielst, reicht das einfach nicht.

SPOX: Wo hakt es?

Endras: Wir verlieren manchmal im Laufe eines Spiels den Faden und werden dafür bestraft. Außerdem wäre es hilfreich, wenn wir das eine oder andere Tor mehr erzielen würden. Wir müssen einfach die 60 Minuten einer Partie von vorne bis hinten durchprügeln, dann klappt es auch wieder.

SPOX: Hat sich das Team nach der guten Vorbereitung und dem klaren Sieg gegen Italien zu sicher gefühlt?

Endras: Uns war schon klar, dass unsere Gegner bei der WM anders auftreten werden als in der Vorbereitung. Der Sieg gegen Italien zu Beginn war sehr wichtig, aber emotional hat das Turnier für uns erst mit dem Lettland-Spiel so richtig angefangen. Dieses Spiel dann zu verlieren, hat uns ein wenig den Schwung genommen. Jetzt müssen wir es schaffen, diesen Schwung für die nächsten Spiele wiederzufinden und Gas zu geben.

SPOX: Dank des neuen Turniermodus mit zwei Achtergruppen gibt es ja noch drei Spiele. Ein Vorteil?

Endras: Der neue Modus ist auf jeden Fall fairer und bietet vor allem den kleineren Nationen, zu denen ich auch Deutschland zähle, mehrere Chancen, die nötigen Punkte zu holen. Früher ging es für uns meistens nur in einem Endspiel darum, ob wir in die Zwischenrunde oder in die Relegation gehen.

SPOX: Endspiele gibt es jetzt durch die drei Niederlagen in Folge aber auch wieder. Dänemark und Norwegen müssen geschlagen werden.

Endras: Die sind beide läuferisch sehr gut, aber das ist gerade egal. Wir müssen denen unser Spiel aufzwingen und unsere Chancen besser nutzen. Dann wird das auch klappen. Die Situation, Spiele unbedingt gewinnen zu müssen, kennen wir ja aus den Gruppen-Endspielen in den Jahren zuvor. Ich denke, für uns ist es sogar besser, gewinnen zu müssen. Die Mannschaft kann mit Druck am besten umgehen.

SPOX: Fehlen vielleicht nach den zahlreichen Absagen im Vorfeld Leader vom Format eines Michael Wolf?

Endras: Ein Mann wie Michael kann einem Team jederzeit helfen. Sowohl auf dem Eis als auch in der Kabine. Wir haben in der Tat mit vielen Absagen zu kämpfen, auch von den Berliner Jungs wie Hördler oder Baxmann. Die fehlen uns natürlich. Aber es gibt keine Ausreden. Die jungen Spieler, die hier sind, machen ihre Sache gut und sie sind die aktuelle Nationalmannschaft. Sie sind die besten deutschen Spieler, die für dieses Turnier zur Verfügung stehen. Und auch mit denen ist das Ziel nach wie vor das Viertelfinale.

SPOX: Aus der NHL ist nur Marcel Goc gekommen. Haben Sie Verständnis für die Absagen von Spielern wie Dennis Seidenberg, Christian Ehrhoff oder Alexander Sulzer?

Endras: Klar verstehe ich das. Die haben alle eine sehr lange Saison hinter sich. Letztlich muss das jeder von ihnen selbst wissen. Klar ist aber auch, dass wir, wenn einige aus Nordamerika dabei wären, eine richtig starke Truppe zusammen hätten. Sie sind aber nicht hier und nun müssen wir schauen, dass wir es richten.

SPOX: Die NHL war für Sie persönlich kein schönes Thema. Wie blicken Sie mit etwas Abstand auf die unerfreuliche Episode bei den Minnesota Wild zurück?

Endras: Das war schon enttäuschend, aber ich hatte daran nicht zu knabbern. Als Sportler schaust du immer nach vorne und meine nächste Station in Helsinki war so überragend, dass Minnesota schnell abgehakt war. In Helsinki hat für mich alles gepasst. Das war eine super Entscheidung für meine Karriere.

SPOX: Geht es in der kommenden Saison wieder nach Finnland oder vielleicht sogar zurück in die DEL?

Endras: Ich kann mir alles vorstellen, aber ich werde mich erst nach der WM entscheiden, wie es weitergeht.

SPOX: Ist das Thema Nordamerika endgültig abgehakt?

Endras: Wenn ich noch einmal zurückgehe, dann nur für einen Job in der NHL. Für die AHL tue ich mir das nicht mehr an.

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