Krupp: "Ich bin stolz auf meine Arbeit"

Von Interview: Florian Regelmann
Uwe Krupp ist seit 2005 Bundestrainer der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft
© Imago

Uwe Krupp steht bei der WM in der Slowakei zum letzten Mal als Bundestrainer hinter der Bande. Wenige Tage vor dem deutschen Auftaktspiel gegen Russland (Fr., 16 Uhr im LIVE-TICKER) spricht der 45-Jährige im SPOX-Interview über Probleme von Helden, das Traumziel NHL und ein mögliches Comeback beim DEB.

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SPOX: Herr Krupp, am Freitag beginnt die Eishockey-WM für Deutschland mit dem Spiel gegen Russland. Es ist Ihre letzte WM als Bundestrainer. Ein besonderes Gefühl?

Uwe Krupp: Um ehrlich zu sein: Ich habe überhaupt keine Zeit, darüber nachzudenken. Die Tatsache, dass es meine letzte WM ist, ist nicht von Belang. Meine Konzentration liegt darauf, die Mannschaft so gut wie nur möglich vorzubereiten. Wir wollen uns wie immer gut verkaufen und das deutsche Eishockey gut vertreten. Das ist eine große Aufgabe und eine große Verantwortung, die wir haben. Für alles andere ist kein Platz in meinem Kopf. Eine Bilanz meiner Zeit beim DEB kann man dann gerne nach der WM ziehen.

SPOX: Realistisch betrachtet wird der vierte Platz bei der Heim-WM im vergangenen Jahr nicht mehr zu übertreffen sein. Wie viel bedeutet Ihnen dieser vierte Platz, auch im Vergleich mit einem Stanley-Cup-Triumph?

Krupp: Sie fragen mich nach der Wertigkeit von Erfolgen. Ich muss sagen, dass ich da vom Grundsatz her eine ganz andere Sichtweise habe als die Öffentlichkeit. Das betrifft auch den Stanley Cup.

SPOX: Inwiefern?

Krupp: Lassen Sie es mich mal so erklären: Ich bin stolz darauf, dass ich 17 Jahre in der NHL gespielt habe. Ich bin stolz drauf, dass ich zweimal den Stanley Cup gewonnen habe und ein paar Mal ins All-Star-Team berufen wurde. Auf all das bin ich stolz. Aber ich bin nicht stolz auf einen besonderen Stanley-Cup-Triumph. In meinen Augen ist Erfolg nur das Endresultat von guter Arbeit. Wenn man gut arbeitet, stellt sich der Erfolg automatisch irgendwann ein. Ich bin stolz auf meine Karriere insgesamt. Darauf, dass ich gut gearbeitet habe und ein guter Profi war.

SPOX: Es ist also dann letztlich nicht mehr so wichtig, ob ein vierter oder siebter Rang dabei herauskommt?

Krupp: Na ja, ich bin schon stolz auf den vierten Platz, aber das Ergebnis war im Endeffekt nur die Konsequenz unserer Arbeit und es gehört auch ein bisschen Glück dazu. Ich bin stolz auf die Arbeit, die ich als Bundestrainer geleistet habe. Dass wir gute Konzepte installiert haben und unsere Linie behalten haben. Dass wir es geschafft haben, unsere Top-Talente kontinuierlich in die Nationalmannschaft zu integrieren. Wir haben einen größeren Spielerpool als vorher. Aber nicht, weil wir plötzlich mehr Spieler zur Auswahl haben, sondern weil wir mit den Talenten, die wir haben, gut gearbeitet haben und sie Schritt für Schritt an das internationale Spielniveau herangeführt haben. Die WM war ganz wichtig für das deutsche Eishockey, aber für die Wertigkeit meiner Arbeit war der vierte Rang nicht so entscheidend.

SPOX: Fakt ist, dass dieser vierte Rang jetzt über der Nationalmannschaft schwebt. Die WM war ein Segen, kann Sie aber auch ein Fluch sein, weil man so ein Resultat im Grunde nie mehr wiederholen kann...

Krupp: Wir haben mit der Nationalmannschaft die Aufgabe, eine Sportart wie Eishockey, die um die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit kämpft, in die positiven Schlagzeilen zu bringen und Identifikation herzustellen. Und genau aus diesem Grund war die Heim-WM so wichtig. Sie war gut für das deutsche Eishockey - nicht regional gut, sondern national gut. Was jetzt im Nachhinein mit diesem Erfolg in der Öffentlichkeit gemacht wird und welche potenzielle Erwartungshaltung damit einhergeht? Damit kann ich mich beim besten Willen nicht befassen. Man ist normalerweise immer gut beraten, sich um Dinge zu kümmern, die man auch wirklich beeinflussen kann.

SPOX: Stellt sich nicht vielmehr grundsätzlich die Frage, welchen Stellenwert eine Eishockey-WM hat? Es gibt doch eigentlich keine andere Sportart, die eine WM ohne so viele Top-Spieler austrägt.

Krupp: Es ist sicher richtig, dass es im Eishockey nur einen wirklichen Gradmesser gibt und das sind die Olympischen Spiele. Olympia ist mit nichts zu vergleichen, das Spielniveau ist eine völlig andere Welt. Das muss man ganz klar sagen. Aber wir spielen in jedem Jahr eine WM, bei der Weltranglisten-Punkte verteilt werden. Und diese Weltrangliste kalkuliert sich aus den Resultaten der letzten fünf Jahre. Da spiegelt sich die Arbeit, die in Deutschland geleistet wird, und die Wertigkeit unserer Sportart, objektiv wider. Insofern hat jede WM natürlich schon einen sehr hohen Stellenwert für uns.

SPOX: In dieser Weltrangliste steht Deutschland auf Rang neun. In der Gruppe geht es gegen Russland (1.), Gastgeber Slowakei (8.) und Slowenien (19.). Und zwar in dieser Reihenfolge. Liegt der ganze Fokus auf dem Must-Win-Game gegen die Slowenen?

Krupp: Unser Fokus liegt, genau wie in den letzten Jahren auch, darauf, dass wir genügend Punkte holen, um in die Zwischenrunde einzuziehen. Dafür wollen wir uns qualifizieren, das ist das Ziel. Ob wir die nötigen Punkte gegen Russland, die Slowakei oder Slowenien holen, spielt keine Rolle. Eine Mannschaft muss hinter uns sein, das ist alles.

SPOX: Aber Slowenien ist nun mal der Gegner, der im Normalfall geschlagen werden muss. Gerade da deren Superstar Anze Kopitar nicht dabei ist. Oder ist auch die Slowakei eventuell angreifbar?

Krupp: Ich schätze die Slowaken als sehr stark ein. Wenn sie mit dem Druck im eigenen Land umgehen und sie eine Euphorie entfachen können, sehe ich sie ganz vorne. Für mich kann die Slowakei ein Gold-Kandidat sein. Und ich warne davor, die Slowenen zu unterschätzen. Slowenien ist ein kleines Land, das im Sport generell überraschend gut ist. Das ist eine Sportler-Nation, die immer wieder gute Spieler hervorbringt. Vom Level sind sie mit Österreich oder Frankreich vergleichbar, gegen die wir auch schon in der Vergangenheit verloren haben. Dieses Spiel ist weit vom Selbstläufer entfernt. Darüber sollte sich jeder im Klaren sein.

Teil II: Krupp über Probleme von Helden, eine NHL-Zukunft und ein Comeback beim DEB

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