"Die Herr-der-Ringe-Maske ist entehrt"

Von Interview: Alexander Mey
Sebastian Elwing muss momentan mit seiner alten "Herr der Ringe"-Maske spielen
© Imago

Sebastian Elwing ist mit dem EHC München in die DEL aufgestiegen und lebt seinen sportlichen Traum. Privat musste Elwing aber schwere Schicksalsschläge verkraften. SPOX sprach mit ihm über sportlich gute und privat fürchterliche Zeiten, seinen Faible für "Herr der Ringe" und einen echten Krimi um eine ganz besondere Torhüter-Maske.

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Kennen Sie Sebastian Elwing? Die Frage werden nur eingefleischte Eishockey-Fans mit Ja beantworten. Aber das könnte sich ändern, denn Elwing ist im Alter von 30 Jahren an seinem sportlichen Ziel angekommen. Er steht für den EHC München in der DEL im Tor. Dort liefert er sich mit Joey Vollmer einen harten, aber fairen Kampf um die Nummer eins.

Der Sport hat in Elwings Leben aber leider nicht die Hauptrolle gespielt. Er blickt auf eine tragische Familiengeschichte zurück. Erst starb sein Bruder an Leukämie, dann brachte sein Vater wenige Jahre später seine Mutter um.

Eine Zeit, über die Elwing nicht gerne spricht, die er aber dank der Hilfe seiner Frau und seines Sohnes sowie der jüngsten Erfolge im Sport ganz gut überwunden hat.

Heute spricht Elwing lieber über seine Liebe zu "Herr der Ringe", die sportlichen Perspektiven beim EHC und einen filmreifen Krimi um seine ganz besondere Torhüter-Maske. SPOX stellt die "Reading Machine" vor.

SPOX: Hallo Herr Elwing, wir erwischen Sie direkt vor dem U2-Konzert in München. Sind Sie ein Fan?

Sebastian Elwing: Ich bin auf jeden Fall Fan von ihrer Musik. Ich wollte schon immer mal auf ein Konzert von denen, aber es hat leider nie geklappt. Einmal hatte ich Polterabend, einmal ein Freund von mir.

SPOX: Mit wem geht es ins Olympiastadion?

Elwing: Mit einigen Mannschaftskollegen.

SPOX: Belohnung für den guten Saisonstart mit dem EHC?

Elwing: Das nicht. Aber natürlich freuen wir uns über unseren guten Start. Wir hatten zwar eine sehr gute Vorbereitung, aber trotzdem sind wir in der DEL in jedem Spiel Außenseiter. Von daher wollen wir jetzt mitnehmen, was geht. Das Spiel am vergangenen Sonntag in Hamburg wird nicht das letzte gewesen sein, das wir verlieren.

SPOX: Wie beurteilen Sie die Stimmung beim Münchner Eishockey? Der Sport hatte es in der Fußball-Stadt in der Vergangenheit ja nie leicht.

Elwing: Die Stimmung in der Halle war schon in der Bundesliga-Saison sehr gut. Das hat sich jetzt zum DEL-Start noch einmal etwas gesteigert. Der EHC ist in den letzten Jahren sehr behutsam aufgebaut worden, von daher bin ich zuversichtlich, dass das Projekt ein Erfolg werden wird.

SPOX: Wie sehr helfen dem DEL-Neuling EHC die erfahrenen Spieler, die vor der Saison geholt wurden?

Elwing: Es war gerade für unsere spielerischen Möglichkeiten sehr wichtig, dass wir Leute wie Stephane Julien, Eric Schneider, Ryan Ready oder Bryan Adams geholt haben. Sie geben mit ihrer Erfahrung den Takt an, in dem wir spielen. Aber auch die Jungs aus der Bundesliga-Mannschaft wollen natürlich zeigen, dass sie DEL spielen können.

SPOX: Gab es bei einigen Aufsteigern Unmut, weil ihnen erfahrene Kanadier vor die Nase gesetzt wurden?

Elwing: Nein. Es muss jeder einsehen, dass es sehr schwer ist, mit einer kompletten Aufsteiger-Mannschaft ohne Verstärkungen in der DEL zu bestehen. Und der Verein hat schon viele Spieler gehalten. Ich finde, die Mischung ist gut gelungen.

SPOX: Obwohl Sie schon 30 Jahre alt sind, betrug Ihre DEL-Erfahrung vor der Saison nur 16 Spiele.

Elwing: Stimmt. Das ist jetzt schon etwas anderes. Man kommt nicht nur irgendwann mal rein, sondern muss mehr Druck aushalten, weil Sieg und Niederlage nun mal stark von der Torhüter-Leistung abhängen.

SPOX: Sie haben die ersten beiden Spiele im Tor gestanden, am vergangenen Wochenende aber nicht mehr. Wie läuft das Goalie-Duell zwischen Ihnen und Joey Vollmer ab?

Elwing: Der Trainer sagt uns immer einen Tag vor dem Spiel bescheid, wer spielen wird. Das ist für mich okay. Ich sollte zum Beispiel eigentlich am vergangenen Sonntag spielen, habe mich aber vorher im Training verletzt. Generell sind Joey und ich Konkurrenten auf dem Eis, verstehen uns aber außerhalb ganz gut. Ich freue mich auch, wenn wir mit ihm im Tor ein Spiel gewinnen. Wir können beide froh sein, DEL spielen zu dürfen. Mein bester Freund wird er aber nie werden. Das geht einfach nicht, wenn man um die gleiche Position kämpft.

SPOX: Wenn man mit Ihnen redet, erkennt man unschwer, dass Sie gebürtiger Berliner sind. Wie haben Sie den Kulturschock München verdaut?

Elwing: (lacht) Ich bin Berliner, aber ich finde, dass München sehr viel zu bieten hat. Das ist zusammen mit Berlin und Hamburg eine der schönsten Städte in Deutschland. Meine Familie und ich fühlen uns sehr wohl hier.

SPOX: Wie nah sind Ihnen und Ihrer Familie hier in München die schweren Schicksalsschläge Ihres Lebens noch?

Elwing: Ich bin mir sicher, dass meine Mutter und mein Bruder mir von oben bei allem zusehen, was ich mache.

SPOX: Was hat Ihnen am meisten geholfen, über die schweren Jahre hinwegzukommen?

Elwing: In erster Linie sicher meine Frau und mein Sohn. Er ist mittlerweile dreieinhalb Jahre alt und es ist eine Freude, ihn aufwachsen zu sehen. Der Sport war ein schöner Nebeneffekt. Vor allem das vergangene Jahr in München, als ich beim Aufstieg in den Playoffs spielen konnte und einen großen Anteil  an der Meisterschaft hatte. Mit dem Pokal in den Händen durch die Gegend zu laufen, das war mal ein positives Ereignis, das sich für immer in meinem Kopf festgesetzt hat.

SPOX: Ihr sportlicher Glücksbringer war im vergangenen Jahr ihre Maske. Die hatte eine ganz besondere dunkelblaue Lackierung. Auf der Rückseite ein Porträt Ihres Sohnes Lenny und dazu Figuren aus dem Fantasy-Epos "Herr der Ringe". Die ist Ihnen aber geklaut worden.

Elwing: Und ich habe sie immer noch nicht zurückbekommen. Sie liegt noch irgendwo bei der Polizei und ist nicht freigegeben. Ich kann sie aber sowieso nach dieser Geschichte nicht mehr anziehen. Sie ist für mich entehrt.

SPOX: Was ist denn genau damit passiert?

Elwing: Die ist mir aus der Kabine geklaut worden und erst wieder aufgetaucht, als der Dieb sich in Rosenheim Autogramme darauf hat geben lassen. Einige Autogramme sind sogar jetzt noch drauf. Mein Ex-Teamkollege Dominic Auger, der jetzt in Rosenheim spielt, hat bei dieser Aktion meine Maske erkannt und seine Frau hat meine benachrichtigt. So ist die Sache aufgeflogen.

SPOX: Und Sie waren stinksauer.

Elwing: Klar, ich war schwer enttäuscht, denn schließlich ist die Maske das Kunstwerk, das jeder Goalie trägt. Da hing nicht nur mein Herz sondern auch eine Menge Arbeit von meinem Freund Matthias Struß dran.

SPOX: Was wäre passiert, wenn der Dieb bei Ihnen in München in der Halle erwischt worden wäre?

Elwing: Ich bin überhaupt kein aggressiver Mensch, aber wenn der Kerl mit meiner Maske vor mir gestanden hätte, dann hätte ich wahrscheinlich nicht als erstes gefragt, warum er das gemacht hat.

SPOX: Wird es eine neue Airbrush-Maske geben?

Elwing: Die ist schon in der Mache. Sobald der Künstler fertig ist, wird er sie mir schicken.

SPOX: Wie wird sie aussehen?

Elwing: Das ist eigentlich ein Geheimnis, aber sie wird der alten ähnlich sehen. Sie wird nicht blau sein, aber das Thema "Herr der Ringe" wird wieder auftauchen.

SPOX: Woher diese Liebe zu "Herr der Ringe"? Film gesehen oder Buch gelesen?

Elwing: Beides. Zuerst habe ich das Buch gelesen, ich lese generell sehr viel. Das entspannt mich. An "Herr der Ringe" hat mir gefallen, dass die Hoffnung immer lebt und am Ende doch alles gut ausgeht. Auch dieses Mittelalter-Szenario gefällt mir sehr gut. Und es gibt sogar eine Elbenfrau namens Elwing. Das müssen Sie mal googeln, ist wirklich so. Mir hat das nie jemand geglaubt, wenn ich das erzählt habe, aber es stimmt tatsächlich. In den Filmen habe ich dann leider keine Rolle gekriegt, sie sind aber trotzdem gewaltig (lacht).

SPOX: Lesen Sie nur Fantasy oder ist "Herr der Ringe" eine Ausnahme?

Elwing: Das beschränkt sich schon auf "Herr der Ringe". Am liebsten lese ich historische Romane. Gerade ist "Der Medicus" an der Reihe.

SPOX: Als Leseratte sind Sie im Eishockey sicher ein Exot, oder?

Elwing: Meine Mannschaftskollegen lesen natürlich auch Bücher, aber ich bin in der Hinsicht extrem. Einer meiner Kollegen hat mich kürzlich als "Reading Machine" bezeichnet.

SPOX: Haben Sie noch andere Hobbys?

Elwing: Ich bin leidenschaftlicher Angler. Damit habe ich schon mit drei Jahren angefangen. Nach der Eishockey-Saison fahre ich gerne nach Norwegen zum Angeln.

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