"Wir sind ein bisschen anders"

Von Interview: Florian Regelmann
Pat Cortina (l.) und Christian Winkler besetzen beim EHC München den Trainer- und Managerposten
© Imago
Cookie-Einstellungen

SPOX: Wie sehr Eishockey die Fans in Deutschland in den Bann ziehen kann, hat die WM im eigenen Land gezeigt. Wie haben Sie das Turnier erlebt?

Cortina: Ich war natürlich genauso wie jeder andere Mensch in der Eishockey-Welt vom sensationellen Erfolg des deutschen Teams extrem überrascht. Aber auch extrem glücklich darüber. Bei der WM hat man wieder einmal gesehen, was Tolles passieren kann, wenn man hart arbeitet. Uwe Krupp und sein Trainerstab leisten seit Jahren hervorragende Arbeit - jetzt wurden sie dafür belohnt. Ich hoffe, dass ich mit Uwe in dieser Saison häufig in Kontakt stehen werde, weil das heißen würde, dass er sich für einige meiner Spieler interessiert.

SPOX: Der EHC-Kader für die neue Saison ist inzwischen komplett. Wie lauten die konkreten Ziele?

Cortina: Für uns geht es erst einmal darum, uns in der Liga zurechtzufinden. Wenn wir es in die Top 10 schaffen, kann ab diesem Zeitpunkt immer alles passieren, aber daran sollten wir noch nicht denken. Für uns muss es darum gehen, dass wir Ende März noch Eishockey spielen.

SPOX: Ein potenzieller Shootingstar in der DEL ist Jordan Webb, der aus Kaufbeuren nach München gekommen ist. In der zweiten Liga hat er gescort ohne Ende. Kann er das auch in der DEL?

Cortina: Das glaube ich definitiv, sonst wäre er wahrscheinlich auch nicht hier. Es wird einige Zeit dauern, bis er sich an das höhere Niveau angepasst hat, aber ich bin guter Dinge, dass er uns weiterhelfen wird. Er ist ein extrem intelligenter und offensiv sehr kreativer Spieler. Er passt gut in unsere Mannschaft. Meine Teams sollen ehrlich und bescheiden auftreten und hart arbeiten. Ich will, dass wir offensiv effektiv sind und dass es defensiv für den Gegner schwierig ist, gegen uns zu spielen. Das muss alles nicht spektakulär sein. Spektakulär nur in der Hinsicht, wie hart wir arbeiten.

SPOX: Im Tor setzen Sie weiter auf ein deutsches Duo: Sebastian Elwing und Joey Vollmer. Gab es keine Überlegung, einen starken Ausländer als Nummer eins zu holen?

Cortina: Wir würden lügen, wenn wir sagen würden, dass wir nicht darüber nachgedacht hätten. Aber wir haben nicht lange darüber nachgedacht. Sebastian und Joey haben einen großen Anteil an dem, was wir hier erreicht haben. Sie haben sich diese Chance redlich verdient. Jetzt bekommen sie die Chance. Peppi Heiß wird mit ihnen arbeiten, und hoffentlich werden sie der Herausforderung gewachsen sein. Bei uns in München geht es ein bisschen anders zu als bei anderen Klubs. Es geht auch um Loyalität. Deshalb vertrauen wir den beiden Jungs.

SPOX: Wer Pat Cortina erlebt, der merkt, dass er praktisch ständig unter Strom steht. Nicht schlecht ist ihm nicht gut genug. Was macht Pat Cortina Ihrer Meinung nach aus, Herr Winkler?

Winkler: Pat ist ein im positiven Sinne Eishockey-Verrückter. Er lebt das vor, was er von seinen Spielern verlangt, und überlässt nichts dem Zufall. Darüber hinaus ist er aber auch ein fantastischer Mensch, der nie vergisst, dass es hinter dem Spieler auch einen Menschen gibt. Dieser Mix zeichnet ihn aus.

SPOX: Im Prinzip ist Eishockey für Sie ein 24/7-Job, Herr Cortina?

Winkler: (unterbricht) Sagen wir 22 Stunden. Die restlichen zwei Stunden wird gut gegessen.

Cortina: Es stimmt, dass Eishockey irgendwo mein Leben ist, aber ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich der Sport an sich ist. Es ist mehr die Gruppendynamik, die tägliche Arbeit mit den Jungs, sie dahin zu bekommen, dass sie so spielen, wie ich es mir wünsche. Das macht den Job für mich aus.

SPOX: Einen Job, den Sie jetzt schon sehr lange machen. Mit 24 Jahren sind Sie aus Kanada weggegangen, um in Italien Coach zu werden. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Cortina: Ich habe meine Familie damals nicht verlassen, um Trainer zu werden, sondern um eine interessante Lebenserfahrung zu machen. Eishockey-Coach zu sein war meine Entschuldigung dafür, dass ich etwas Neues erleben wollte. Und dann ging es irgendwie Jahr für Jahr weiter. Ich kann gar nicht glauben, dass seitdem schon 23 Jahre vergangen sind. Es war eine tolle Zeit.

SPOX: Haben Sie eigentlich noch den Traum, einmal in der NHL zu coachen?

Cortina: (lacht) Nein, ich bin ein realistischer Mensch. Ich bin 46 Jahre alt, keine 23. Ich lebe meinen Traum in München.

Winkler: Pat ist sehr bescheiden. Man weiß nie, was noch kommt. Ich bin froh, dass er in den nächsten Jahren in München sein wird, aber wenn er danach in die NHL geht, kann ich ihn vielleicht anrufen und er kann mir ein Ticket besorgen (lacht).

SPOX: Eine Abschlussfrage an den Coach. Sie dürfen sich eine Traum-Reihe zusammenstellen, alle Spieler auf der ganzen Welt sind verfügbar. Wen nehmen Sie?

Cortina: (überlegt lange) Bryan Adams, David Wrigley, Ryan Ready. Nein, wenn ich mir wirklich eine Reihe zusammenstellen dürfte, würde die so aussehen: Alexander Owetschkin auf der einen Seite, Martin St. Louis auf der anderen Seite - und als Center entweder Jonathan Toews oder Sidney Crosby. Bei Owetschkin und St. Louis wäre ich mir sicher, aber zwischen Toews und Crosby müsste ich eine harte Entscheidung treffen.

DEL - Wer kommt, wer geht? Die Kader im Überblick