Krupp: "Dieser Sieg bedeutet gar nichts"

Von Alexander Mey
Ein Bad in der Menge: Über 77.000 Zuschauer jubelten auf Schalke mit der deutschen Mannschaft
© Getty

Sieg zum Auftakt in der Veltins-Arena gegen die USA. Und das auch noch vor Weltrekord-Kulisse. Deutschland ist perfekt in die Eishockey-WM gestartet und hat für Euphorie im eigenen Land gesorgt. Doch der Sieg birgt auch Gefahren. Bundestrainer Uwe Krupp weiß das und warnt.

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Ricco aus Chemnitz war einer der nervösesten Menschen in der Veltins-Arena - ganz bestimmt. Das ganze erste Drittel musste er abwarten, bis er in der Pause endlich die Bombe platzen lassen konnte. "Willst du meine Frau werden?", fragte Ricco seine Anja. Live auf dem Videowürfel. Vor 77.801 weiteren Zuschauern - Weltrekord.

Die deutschen Spieler wollten an diesem Abend niemandem einen Heiratsantrag machen, nervös waren sie trotzdem. "Am Anfang sind wir alle raus gekommen und haben nur staunend um uns geblickt. Da ist uns in den ersten Minuten schon das Herz ein bisschen in die Hose gerutscht", gab Philip Gogulla im Gespräch mit SPOX zu.

Selbst ein erfahrener Mann wie Kapitän Marcel Goc gab auf Nachfrage zu: "Jeder war nervöser als vor einem normalen Spiel."

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DEB-Team von den Fans beflügelt

Umso erstaunlicher, wie schnell das DEB-Team den Druck abschütteln und sich von den fast 78.000 Fans - so vielen wie noch nie bei einem Eishockey-Spiel - zu einer starken Leistung und letztlich dem Sieg nach Overtime antreiben lassen konnte.

"Beim Warmlaufen haben wir alle noch große Augen gemacht, aber mit Spielbeginn haben wir uns dann auf das Wesentliche konzentriert", sagte Goc zu SPOX. "Wir haben unsere Sache vor allem hinten sehr gut gemacht und nicht kompliziert gespielt. Wenn wir unser System durchspielen und uns gegenseitig helfen, dann können wir mithalten."

Krupp lobt überragenden Endras

Das deutsche System sieht so aus: Konzentrierte Arbeit in der Abwehr, körperlich hartes Spiel, ohne zu viele Strafzeiten zu kassieren, schnelles Umschalten auf Angriff, wenn sich die Gelegenheit zum Konter bietet - und ein überragender Torhüter.

"Ohne einen überragenden Goalie gewinnst du so ein Spiel nicht", sagte Uwe Krupp und lobte damit den Augsburger Dennis Endras. Zu Recht, denn er kassierte bei 31 Saves nur ein Tor und wurde nach vor allem im letzten Drittel spektakulären Paraden offiziell zum Mann des Spiels gekürt.

Krupp: "Schleudergang in der Waschmaschine"

Das war es dann aber auch schon mit dem Lob des Bundestrainers. Er hatte in der Pressekonferenz nach dem sensationellen Sieg überraschend viele kritische Worte parat.

"Im dritten Drittel haben wir nur noch ums Überleben gekämpft. Das war wie im Schleudergang in der Waschmaschine. Da haben uns die Fans im Spiel gehalten", sagte Krupp.

Nach zwei sehr guten Dritteln des DEB-Teams und einer uninspirierten Leistung der USA drehten die Gäste im Schlussabschnitt mächtig auf und hätten die Partie fast noch gedreht. "Da haben wir etwas nachgelassen, und sofort wurde es eng", analysierte Goc.

"Endspiel"-Sieg gegen Dänemark wichtiger

Auch wenn dank Endras und dem Overtime-Tor von Felix Schütz alles noch mal gut gegangen ist. Uwe Krupp hat gesehen, dass sein Team genauso gut auch ohne einen einzigen Punkt anstatt mit nun zwei Zählern hätte dastehen können.

Daher seine Parole: "Dieser Sieg bedeutet gar nichts. Wir haben in der Vorrunde drei Spiele, und es geht nicht nur darum, ein Spiel zu gewinnen, man muss das richtige Spiel gewinnen."

Das richtige Spiel ist die Partie am kommenden Mittwoch gegen Dänemark. "Unser Endspiel", nennt es Kapitän Goc. Sollte dem DEB-Team am Montag gegen Finnland (20 Uhr im LIVE-TICKER) keine zweite Sensation gelingen, dann entscheidet sich gegen Dänemark, wer in die Zwischenrunde einzieht.

Krupp: "Jede Form von Euphorie kann ich nur dämpfen"

Deutschland hat mit zwei Punkten zwar schon jetzt gute Karten, ist aber noch lange nicht durch. "Bei der U-20-WM haben wir zu Beginn die USA und die Slowakei geschlagen und sind danach trotzdem noch abgestiegen", erinnerte sich Krupp. "Jede Form von Euphorie kann ich also nur dämpfen."

Botschaft verkündet. Botschaft angekommen. "Wir dürfen nicht glauben, dass wir jetzt locker mit jedem mitspielen können. Wir müssen weiterhin hinten konzentriert zur Sache gehen", resümierte Goc. "Im Moment kann jeder den Sieg genießen und stolz auf sich sein, aber schon am Samstag geht es weiter."

Nur für Ricco nicht. Er kann das Wochenende in vollen Zügen genießen. Schließlich hat seine Anja vor fast 78.000 Zeugen "Ja" gesagt.

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