"Sein Name war Sidney Crosby"

Von Interview: Markus Elser
Nach 140 Länderspielen beendete Peppi Heiss 2001 seine Karriere
© Getty

Peppi Heiß absolvierte insgesamt 972 Spiele für den SC Riessersee, die Düsseldorfer EG sowie die Kölner Haie in der Bundesliga und später der DEL. 1995 wurde er mit den Haien Deutscher Meister und beendete 2001 seine Karriere. Im Interview mit SPOX spricht er über die aktuelle Situation seines Ex-Klubs, das Abschneiden der Nationalmannschaft bei Olympia und wie er an das Autogramm eines kanadischen Eishockey-Stars gekommen ist.

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SPOX: Die Kölner Haie plagen akute finanzielle Probleme - die Insolvenz droht. Können Sie sich die DEL ohne die Haie überhaupt vorstellen?

Joseph Heiss: Nein, das ist unvorstellbar. Sie sind schon seit Ewigkeiten dabei und waren immer ein Spitzenteam. Ohne die Haie würde der Liga etwas fehlen.

SPOX: Wie kommt es, dass DEL-Teams immer wieder in solch prekäre Situationen geraten? Zuletzt konnten die Nürnberg Ice Tigers die Insolvenz erst in letzter Sekunde abwenden.

Heiss: Das hat nichts mit der DEL zu tun. Es sind vielmehr die Vereine selbst und deren wirtschaftliche Planung. Aber letztendlich ist es leider so, dass alle Klubs auch von einem Mäzen oder Sponsoren abhängig sind. Im Fußball beispielsweise ist die Vermarktung der Vereine deutlich besser. Das fehlt im Eishockey leider und wird sich so schnell auch nicht ändern.

SPOX: Die Haie befinden sich in einer Negativspirale: Im Zuge der sportlichen Talfahrt sind die Zuschereinnahmen und Fanartikelverkäufe deutlich zurückgegangen. Sponsoren sind Mangelware und den Verein drücken geschätzte 1,5 Millionen Euro Schulden. Wie kommt man aus so einer Situation wieder heraus?

Heiss: Das wichtigste ist natürlich immer der sportliche Erfolg. Es kommen mehr Zuschauer, und man findet vielleicht auch mehr finanzstarke Sponsoren. Aber es ist natürlich sehr schwer, das ganze von heute auf morgen in die richtigen Bahnen zu lenken. Andererseits kommt man auch nicht von jetzt auf gleich in so eine prekäre Lage.

SPOX: Ist der Verkauf von Leistungsträgern wie Stephane Julien, Harlan Pratt oder Kamil Piros die richtige Lösung?

Heiss: Es ist natürlich keine leichte Entscheidung, aber die Verantwortlichen mussten handeln. Es werden sicherlich neue Spieler kommen, die günstiger sind und mit denen man sportlich dennoch besser fährt.

SPOX: Stichwort Olympia. Wenn Sie sich die Spiele des diesjährigen Turniers oder aus der NHL anschauen, inwiefern hat sich das Torwartspiel im Vergleich zu ihrer aktiven Zeit verändert?

Heiss: Früher war die Ausrüstung nicht so leicht und beweglich. Da musste man ganz anders spielen. Heute spielt der Torhüter so, dass er den ersten Schuss blockt und die Mitspieler müssen dann den Nachschuss verhindern. Früher hat man dagegen immer versucht, den Schuss zu fangen und festzuhalten. Das ist heute nicht mehr so leicht.

SPOX: Was zeichnet einen Weltklasse-Torwart aus?

Heiss: Man muss schnell und beweglich sein, aber trotzdem ruhig spielen. Je weniger Nachschüsse man zulässt, desto besser.

SPOX: Wer ist für Sie zur Zeit der beste Keeper?

Heiss: Da gibt es viele. Das haben wir bei Olympia gesehen und sehen es jede Woche in der NHL. Auch in Deutschland gibt es gute Torhüter, da kann man keinen hervorheben.

SPOX: Wie schätzen Sie die Entwicklung von Thomas Greiss ein?

Heiss: Er hat sich super entwickelt. Thomas hat schon in Köln hervorragend gespielt und er lernt viel in der NHL. Auch seine Leistung in Vancouver war meiner Meinung nach stark.

SPOX: Das Abschneiden des DEB-Teams bei Olympia war eher enttäuschend. Wie sehen Sie die Entwicklung der Mannschaft?

Heiss: Die Erwartungshaltung vor dem Turnier war zu hoch. Ich habe mit so einem Ergebnis gerechnet und bin deshalb auch nicht so enttäuscht. Gegen Schweden war es ein enges Spiel, aber wir haben die Tore nicht gemacht - das ist schon seit Jahren ein Problem. Die Finnen waren zu clever, waren gut eingespielt. Da hatten die Deutschen, gerade in den Unterzahlsituationen, keine Chance. Gegen Weißrussland haben sie versucht das Spiel zu machen, waren dann hinten zu offen und sind in Konter gelaufen.

SPOX: Deutschland spielte in Bestbesetzung. Wie sieht das Team ohne die NHL-Profis aus?

Heiss: Bei den anderen Nationen wird bei der WM auch der ein oder andere Top-Spieler fehlen. Natürlich ist es immer von Vorteil für das deutsche Team, wenn NHL-Profis dabei sind. Sie sind hohes Tempo und körperbetontes Spiel gewohnt. Im Kader für die WM wird es aber sowieso noch Veränderungen geben. Jemand kann sich verletzen oder ein anderer spielt sich in den Playoffs in den Fokus.

SPOX: Was ist bei der Heim-WM möglich?

Heiss: Mit den Fans im Rücken kann vieles möglich sein. Ich bin gespannt, wie sich die Mannschaft präsentieren wird. Die eine oder andere Überraschung ist drin. Das Ziel muss auf jeden Fall sein, die nächste Runde zu erreichen.

SPOX: Ist Uwe Krupp nach wie vor der richtige Trainer für die Nationalmannschaft?

Heiss: Aus der Ferne beurteilt denke ich, dass er gut mit der Mannschaft zusammen arbeitet. Da gibt es keine Unstimmigkeiten.

SPOX: Sie sind seit dieser Saison neben Pat Cortina Co-Trainer beim EHC München in der 2. Bundesliga. Was macht den Reiz dieser Arbeit aus?

Heiss: Die tägliche Arbeit mit der Mannschaft macht mir riesigen Spaß: die Trainingsplanung, die Übungen auf dem Eis und das Hinarbeiten auf ein Ziel. Wenn man dann die Früchte ernten kann, ist das ein tolles Gefühl.

SPOX: Sie sind mit dem EHC aktuell Tabellenführer. Ist die Meisterschaft das Ziel?

Heiss: Ja, die Meisterschaft ist unser großes Ziel. Wir wissen aber auch, dass es sehr schwer wird. Neben uns gibt es noch vier, fünf Mannschaften, die über die Saison hinweg konstant gute Leistungen gezeigt haben.

SPOX: Ist eine DEL-Lizenz möglich?

Heiss: Das kann ich nicht beantworten. Da müssen Sie die Verantwortlichen im Verein fragen, die für das Finanzielle zuständig sind. Natürlich wäre es wünschenswert, irgendwann einmal in der DEL zu spielen, aber dafür müssen alle Voraussetzungen stimmen.

SPOX: Ihre Tochter Stella wurde bei Olympia Sechste im Curling. Waren Sie auch vor Ort und wie haben Sie ihren Auftritt erlebt?

Heiss: Ich war in Kanada nicht dabei. Stella hat sich zwar sehr gewünscht, dass die Familie mitkommt, aber es wäre nur zusätzlicher Stress für sie gewesen. Ich habe die Spiele am Fernseher und vor dem Live-Ticker verfolgt und richtig mitgefiebert. Sie selbst hat eine schöne Zeit erlebt und mit ein wenig Glück wäre auch eine bessere Platzierung möglich gewesen.

SPOX: Ihre Tochter wird in den Boulevard-Medien oft als "Heisse Stella" in Anspielung auf  den Nachnamen genannt. Nervt Sie das?

Heiss: Nein, das nervt mich überhaupt nicht. Das gehört dazu und auch Stella geht damit ganz locker um. Sie ist ja damit groß geworden, hat erlebt wie das bei mir in Köln war. Sie kann das wunderbar handhaben.

SPOX: Sie haben ihr ein Bild mit Ihnen und Martin Brodeur mitgegeben und Stella sollte ein Autogramm des kanadischen Keepers besorgen. Hat das geklappt?

Heiss (lacht): Fast. Sie war im olympischen Dorf und hat sich mit einem kanadischen Spieler unterhalten. Im Laufe des Gesprächs hat sie ihm das Bild gezeigt und gefragt, ob er wüsste, wo Martin Brodeur sei. Er hat jedoch mit seiner Familie außerhalb gewohnt und war nicht da. Darum hat der Spieler angeboten, sein Autogramm auf das Bild zu setzen. Sein Name war Sidney Crosby.

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