"Der Nachwuchs bekommt keine echte Chance"

Von Interview: Markus Elser
Christopher Fischer (M.) erzielte in 53 Spielen drei Tore und legte 22 Treffer auf
© Imago

Christopher Fischer ist einer der Shootingstars dieser DEL-Saison. Nach seinem Wechsel von den Mannheimer Adlern zu den Grizzly Adams Wolfsburg hat sich der 22-Jährige innerhalb kürzester Zeit zu einem Leistungsträger entwickelt. Im Interview mit SPOX spricht Fischer über die Situation im deutschen Nachwuchs, seine Ziele mit Wolfsburg und er verrät, ob sich Uwe Krupp schon bei ihm gemeldet hat.

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SPOX: Nachdem Sie in Mannheim keine wirkliche Chance bekommen haben, ist Ihnen in Wolfsburg der Durchbruch gelungen. Für Sie ein Stück Genugtuung?

Christopher Fischer: Natürlich freue ich mich, dass ich es den Adlern zeigen konnte. In Mannheim waren sie der Meinung, ich sei nicht gut genug. Nun habe ich auch mir selbst bewiesen, dass ich es kann.

SPOX: Verfolgen Sie die Entwicklung der Adler nach wie vor und haben Sie noch Kontakt zu ehemaligen Mitspielern?

Fischer: Klar, ich komme aus der Region und habe lange dort gespielt. Und mit Frank Mauer und einigen anderen jungen Spielern telefoniere ich regelmäßig. Mit Frank habe ich von klein auf zusammen auf dem Eis gestanden, das verbindet.

SPOX: Was läuft bei den Adlern schief, dass so viele Talente entnervt den Verein verlassen?

Fischer: Es fehlt das richtige Konzept und der Wille, jungen Spielern Eiszeit zu geben und sie zu fördern. Schon bei der Kaderplanung werden Talente überhaupt nicht mit einbezogen. Beispielsweise könnte man sagen, wir holen sechs etablierte Verteidiger und nehmen als siebten einen jungen Spieler dazu, dem man zur Not auch mal ordentlich Dampf macht, damit er besser wird und sich durchsetzen kann. Aber dazu sind sie anscheinend nicht in der Lage.

SPOX: Das klingt resignierend.

Fischer: Es wird so viel Geld in das Jungadler-Projekt gesteckt und dann spielen die meisten Jungs in Heilbronn in der 2. Liga. Dagegen ist prinzipiell auch nichts einzuwenden, aber danach geht es nicht weiter - man bekommt keine echte Chance. Dabei sind Berlin und auch Wolfsburg doch die besten Beispiele, dass es funktioniert.

SPOX: Können Sie sich trotzdem vorstellen, irgendwann wieder bei den Adlern zu spielen? Sie kommen schließlich aus Heidelberg.

Fischer: Ich habe in Wolfsburg noch Vertrag bis Ende nächster Saison und darüber hinaus noch nichts geplant. Sicher würde es mich freuen, irgendwann wieder in der Heimat zu spielen und bei der Familie zuhause zu sein. Aber darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken.

SPOX: Helmut de Raaf, Trainer der Jungadler, hat in einem Interview gesagt, dass er mit den Jungadlern im Jungendbereich Finnen und Schweden regelmäßig schlägt und viele Jungs gedraftet werden. Diese Spieler landen in Deutschland später größtenteils dauerhaft in der Oberliga oder 2. Liga. Für Sie nachvollziehbar?

Fischer: Als Zwischenstation ist es nicht verkehrt. Ich habe auch mit Heilbronn ein Jahr Oberliga gespielt, dann sind wir aufgestiegen und ich habe ein Jahr in der 2. Liga verbracht. Danach habe ich leider eine Saison verschenkt, da ich in Mannheim zwar im Kader stand, aber nicht gespielt habe. Doch im Prinzip ist das kein schlechter Schritt, wenn man sich so hocharbeitet. Natürlich gibt es auch Talente, die gedraftet werden, gleich in der DEL spielen können und dort gefördert werden. Nehmen Sie Laurin Braun von den Eisbären. Er ist Jahrgang '91, seit dieser Saison Profi und spielt super. Die Möglichkeit, es direkt zu schaffen, besteht schon. Aber man braucht eben immer jemanden, der einen fördert.

SPOX: Der DEB hat gefordert, die Ausländerlizenzen schrittweise auf sechs zu reduzieren. 13 von 15 DEL-Klubs haben das abgelehnt. Ihr Trainer Toni Krinner hat süffisant gefragt, wo die ganzen deutschen Spieler für 15 Klubs herkommen sollen. Hat er da recht?

Fischer: Direkt auf sechs Ausländerlizenzen zu reduzieren, wäre unmöglich. Aber es wäre überhaupt kein Problem, zwei zu streichen und jungen Spielern die Chance zu geben. Es ist doch so, dass enorm viele eingedeutschte Profis in die Liga kommen, die mit Deutschland überhaupt nichts am Hut haben und sich einen deutschen Pass fast schon ergaunern. So gesehen sind es momentan nicht zehn Ausländer, die auf dem Eis stehen, sondern zwölf oder 13.

SPOX: Wie kann in dieser Hinsicht ein Umdenken stattfinden?

Fischer: Man braucht ein Management und einen Trainerstab, die vom Nachwuchs überzeugt sind. In Wolfsburg und Berlin ist das so und der Erfolg ist da. Soweit ich weiß, zieht Straubing jetzt auch nach und setzt ab nächster Saison auf junge, deutsche Spieler. Meiner Meinung nach ist das der richtige Weg, denn es sind hungrige Spieler mit Zukunft. Davon können andere Vereine viel lernen.

SPOX: Auch in anderer Hinsicht sorgt die DEL für negative Schlagzeilen. Vor allem die Schiedsrichter stehen in der Kritik, zu kleinlich zu pfeifen und dem Eishockey damit die natürliche Härte zu nehmen. Wie stehen Sie dazu?

Fischer: Ich möchte nicht über Schiedsrichterleistungen urteilen und dazu lieber nichts sagen. Das Thema ist mir zu brisant.

SPOX: Okay, reden wir über ein weniger brisantes Thema. Wolfsburg spielt eine starke Saison. Was ist das Erfolgsgeheimnis?

Fischer: Die gute Mischung in der Mannschaft ist ein wesentlicher Grund. Wir haben Arbeiter und Scorer. Jeder kennt seine Rolle, akzeptiert sie und füllt sie gut aus.

SPOX: Sie sind sicher für die Playoffs qualifiziert. Was ist das Ziel? Träumen Sie schon von der Meisterschaft?

Fischer: Träumen sollte nie verboten sein. Wir sind jetzt Zweiter und waren zweimal nah dran, Berlin zu schlagen. Da sind wir an unserem eigenen Unvermögen und auch am Pech gescheitert. Düsseldorf haben wir zweimal besiegt und das zeigt, dass wir jeden schlagen können. Jetzt konzentrieren wir uns aber erstmal darauf, die letzten beiden Spiele zu gewinnen und uns das Heimrecht im Viertelfinale zu sichern. Mit der Mannschaft können wir sicher viel erreichen.

SPOX: Sie sind einer der Erfolgsgaranten und haben sogar die beste Plus-Minus-Bilanz aller DEL-Spieler. Ehrt Sie das?

Fischer: Das freut mich und es ist schon auch eine Ehre. Gerade nach dem verkorksten Jahr in Mannheim, wo ich selbst auch ein bisschen an mir gezweifelt habe. Wenn es so gut läuft, macht es umso mehr Spaß zu spielen.

SPOX: Aber würde es nicht noch mehr Spaß machen, wenn Sie vor mehr Fans spielen könnten? Wolfsburg hat Erfolg, aber die wenigsten Zuschauer in der Liga. Blickt man da neidisch nach Mannheim oder Berlin?

Fischer: Nein, überhaupt nicht. Ich spiele lieber in der kleinen Halle vor 2.000 Zuschauern, denn da haben wir eine bessere Stimmung als beispielsweise in Köln vor 10.000 Zuschauern, oder in Mannheim, wo die Fans die eigene Mannschaft auspfeifen. Mir macht das in Wolfsburg deutlich mehr Spaß.

SPOX: Wolfsburg hat aber auch nicht unbedingt den Ruf, eine der schönsten Städte in Deutschland zu sein. Ist das ein Vorurteil?

Fischer: Absolut. Ich fühle mich sehr wohl hier. Es ist keine Riesen-Stadt, aber sehr nett anzuschauen und man kann jede Menge unternehmen. Es gibt viele gute Restaurants und wir fühlen uns hier prima aufgehoben. Auch für meine Freundin ist es keine Qual, nach Wolfsburg zu kommen.

SPOX: Sie würde aber sicher auch gerne mal mit Ihnen in die USA gehen. Stichwort NHL.

Fischer: Die NHL ist mehr ein Traum als ein Ziel. Die U-20 Weltmeisterschaft ist für mich zwar ganz gut gelaufen, aber mit einem Draft wurde es leider nichts. Seitdem habe ich mich nicht mehr so sehr damit beschäftigt. Natürlich versuche ich, so gut wie möglich zu spielen, damit es irgendwann einmal klappen könnte. Im Moment sehe ich meine Zukunft hier in Deutschland in der DEL. Aber man weiß ja nie.

SPOX: Ein erster Schritt in Richtung Nordamerika wäre die Einberufung in die Nationalmannschaft. Hat sich Uwe Krupp schon bei Ihnen gemeldet?

Fischer: Nein, ich habe bisher noch nichts gehört. Es wäre ein Traum, wenn ich die Chance bekommen würde, bei einer Weltmeisterschaft im eigenen Land mitzuspielen. Doch es liegt nicht in meiner Hand. Ich werde in Wolfsburg weiter mein Bestes geben und dann warte ich ab, ob etwas passiert. Aber es ist mehr ein Träumen als ein Hoffen.

Korbinian Holzer im SPOX-Interview