"Stefan Raab finde ich sehr cool"

Von Interview: Florian Regelmann
Lars Weibel wurde 1994 von den Blackhawks gedraftet, machte aber kein Spiel in der NHL
© Getty

Einer der neuen DEL-Stars heißt Lars Weibel und kommt aus der Schweiz. Der 35-Jährige ist mitverantwortlich für den Aufschwung bei den Kölner Haien. Im SPOX-Interview spricht Weibel über die besten Goalies der Welt, seine Beziehung zum Karneval und den verstorbenen Robert Müller.

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SPOX: Gruezi, Herr Weibel. Die Haie sind gut in die neue Saison gestartet. Wie fällt Ihr erstes Zwischenfazit aus?

Lars Weibel: Der Saisonstart war okay. Wir haben regelmäßig gepunktet, aber auch nur einmal nach 60 Minuten gewonnen. Viermal stand unser Sieg erst nach der Overtime oder dem Penaltyschießen fest. Wir haben zum Teil gut gespielt, zum Teil auch nicht. Wir können auf diesem Start aufbauen, aber es gibt keinen Grund, euphorisch zu werden.

SPOX: Wie weit kann es für die Haie in dieser Saison gehen?

Weibel: Es ist schwierig für mich, eine Prognose abzugeben. Ich habe noch nicht gegen alle Teams gespielt, deshalb kann ich noch nicht alle Teams einschätzen. Was ich sagen kann, ist, dass wir eine gute Truppe haben. Vor allem auch was den Charakter angeht. Wir haben viele gute Typen in der Mannschaft, die sehr erfolgsorientiert denken und hungrig sind. Aber die DEL ist sehr ausgeglichen. Es gibt viele starke Teams.

SPOX: Wie würden Sie die DEL im Vergleich mit der Schweizer Liga einschätzen?

Weibel: Bis jetzt muss ich sagen, dass ich die beiden Ligen für sehr ähnlich halte. Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland gibt es richtig starke Teams. Zürich oder Davos bei uns, die Eisbären bei euch. Läuferisch sind die Teams in der Schweiz etwas besser, dafür geht es in der DEL körperbetonter zur Sache. Insgesamt ist das Niveau ähnlich, wobei die Schweiz den Vorteil hat, dass es nur vier Ausländer pro Team gibt. Deutschland verfügt auch über gute junge Spieler, deshalb finde ich es schade, dass sie aufgrund der hohen Ausländeranzahl nicht regelmäßig zum Einsatz kommen.

SPOX: Die Haie haben einige junge Spieler im Kader. Sind unsere Talente denn so gut wie die aus der Schweiz?

Weibel: Absolut. Ich sehe da keinen großen Unterschied. Der Unterschied ist, dass die Talente bei uns in der Schweiz viel früher mehr Verantwortung übertragen bekommen. Aber dafür hat Deutschland immer noch mehr Spieler in der NHL. Ihr braucht euch nicht zu verstecken.

SPOX: Na ja, aber seit einigen Jahren verliert die deutsche Nationalmannschaft praktisch alle Spiele gegen die Schweizer Nati.

Weibel: Dass unsere Spieler mehr Eiszeit bekommen, muss sich ja irgendwann auch mal auszahlen. Aber ich würde nicht sagen, dass die Schweiz Deutschland im Griff hat. Nicht nur für euch war die WM in Bern schlecht, auch für uns war es eine riesige Enttäuschung. Insgesamt finde ich, dass das Produkt 'Deutsches Eishockey' viel besser ist, als es vielleicht momentan den Anschein macht.

SPOX: Fakt ist, dass Eishockey in Deutschland nie einen so hohen Stellenwert haben wird wie in der Schweiz.

Weibel: Das stimmt. Bei uns ist Eishockey sehr populär. Es ist ein Nationalsport für uns und eigentlich die Nummer eins, noch vor dem Fußball. Das ist in Deutschland natürlich undenkbar.

SPOX: Sie haben 17 Jahre lang in der Schweiz gespielt. Ganz einfach gefragt: Warum jetzt Köln?

Weibel: Ich habe in Zug eine hervorragende zweite Saisonhälfte gespielt, eine meiner besten überhaupt, aber der Trainer (Doug Shedden, Anm. d. Red.) wollte mich nicht mehr. Also habe ich mir gesagt: 'Ich spiele das beste Eishockey meiner Karriere, jetzt möchte ich noch einmal etwas Lässiges erleben und eine neue Herausforderung annehmen.' Von allen Angeboten habe ich mich für das mit Abstand interessanteste entschieden. Die Franchise hat mich beeindruckt. In Köln will man vorwärts kommen, alle sind sehr ehrgeizig - in die Haie-Philosophie passe ich perfekt rein.

SPOX: In die NHL haben Sie leider nicht so perfekt reingepasst. 1994 wurden Sie von den Blackhawks gedraftet, welche Erinnerungen haben Sie an Chicago?

Weibel: Ich war dreimal im Trainingscamp dabei und einmal durfte ich die letzten drei Monate der Saison als dritter Torwart erleben. Auch wenn es nicht für einen Ernstkampf gereicht hat, war es ein tolles Erlebnis und eine wichtige Erfahrung für mich.

SPOX: Nicht eine einzige Minute NHL: Das muss doch sehr enttäuschend gewesen sein, oder nicht?

Weibel: Klar. Es gibt keinen Spieler in Europa, der die Schlittschuhe anzieht und nicht gerne in der NHL spielen würde. Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich das unglaublich gerne erlebt hätte, aber es hat eben nicht geklappt. Ich schaue nach vorne und versuche, mich jeden Tag weiterzuentwickeln, zu lernen und möglichst viele Spiele zu gewinnen.

SPOX: Es ist auffallend, wie viele starke Goalies aus Deutschland, aber vor allem auch aus der Schweiz kommen. Gibt es eine Erklärung dafür?

Weibel: Das ist eine gute Frage. Eine wirklich plausible Antwort habe ich nicht. Die Torhüterposition ist in der Schweiz sehr populär, jeder Dritte, der mit Eishockey beginnt, will Goalie werden. Warum sie dann am Ende so erfolgreich werden? Es hat vielleicht damit zu tun, dass bei uns nicht gemauert, sondern sehr offenes Eishockey gespielt wird. Das ist mein einziger Ansatz, weil wir sicher keine speziellen Gene haben.

SPOX: Sprechen wir über den besten Schweizer Goalie. Jonas Hiller ist in Anaheim zu einem Star geworden. Sie haben eine besondere Beziehung zu ihm.

Weibel: Das stimmt. Jonas war einige Jahre mein Backup in Davos und ich habe versucht, ihm viel zu helfen. Ich stehe ihm menschlich sehr nahe und bin in regelmäßigem Kontakt mit ihm, in der letzten Saison habe ich fast jedes Spiel von ihm gesehen. Es ist sehr beeindruckend, wie er sich entwickelt hat.

SPOX: Was sind seine größten Stärken?

Weibel: Jonas ist jemand, der nie stehen bleibt. Jemand, der sich ständig weiterentwickelt und schaut, was die anderen machen. Ich halte das für eine wichtige Eigenschaft. Außerdem ist er mental stark und sehr athletisch. Ich habe selten so einen Athleten gesehen wie ihn.

SPOX: Wer sind für Sie momentan die besten Goalies der Welt?

Weibel: Es gibt unglaublich viele gute Torhüter, aber ich würde jetzt mal sagen: Marc-Andre Fleury, Henrik Lundqvist und Jonas Gustavsson.

SPOX: Interessant, dass Sie Gustavsson nennen. Der Schwede trägt den Spitznamen "The Monster". Gustavsson ist erst jetzt in die NHL zu den Maple Leafs gewechselt, aber bei Ihnen steht er hoch im Kurs. Warum?

Weibel: Gustavsson hat in der letzten Saison in Färjestad auf internationalem Top-Niveau überragende Leistungen gezeigt. Ich bin davon überzeugt, dass er sich in Toronto durchsetzen wird. Es ist eine Frage der Zeit, bis er einen ähnlichen Weg gehen wird wie Lundqvist.

SPOX: Ich habe gelesen, dass Sie auch großer Fußball-Fan sind. Was ist denn Ihre Lieblingsmannschaft?

Weibel: Ganz klar der 1.FC Köln. Etwas anderes darf man ja nicht sagen (lacht). Im Ernst, ich bin ein objektiver Fan. Ich habe keine bestimmte Mannschaft, ich schaue einfach gerne Fußball. Und ich denke ein bisschen patriotisch. Mich interessiert natürlich, was Barnetta und Derdiyok in Leverkusen machen, oder wie es Benaglio in Wolfsburg geht.

SPOX: Dann waren Sie noch nicht beim FC im Stadion?

Weibel: Nein, leider noch nicht. Aber ich weiß, dass ich das unbedingt noch nachholen muss. Ich muss das mal erlebt haben. Der Hype um Lukas Podolski ist wirklich riesig, auch bei uns in der Kabine ist das immer ein Thema.

SPOX: Neben Lukas Podolski gibt es ein zweites großes Thema in Köln: Karneval. Können Sie etwas damit anfangen?

Weibel: Fasching ist auch in der Schweiz ein großes Thema. Ich liebe Humor, ich lache gerne und ich finde es eine unglaublich tolle Sache. Gerade in der heutigen Zeit, in der ständig von der Wirtschaftskrise oder politischen Unruhen die Rede ist, ist es doch schön, dass die Leute ein bisschen lachen können. Wenn ich einmal nicht mehr Eishockey spiele, werde ich den Kölner Karneval in vollen Zügen genießen.

SPOX: Wenn wir schon über Humor sprechen: Eines Ihrer beiden Kinder soll mit einer Tochter von Stefan Raab auf die gleiche Schule gehen. Stimmt das?

Weibel: Nein, das war eine Spekulation einer Schweizer Zeitung. Die Kinder meines Nachbarn gehen wohl ins gleiche Schulgebäude und man hat ihn da wohl schon gesehen, aber ich kenne ihn nicht. Aber ich finde ihn sehr cool. Ich schaue mir sehr gerne seine Sendung im Fernsehen an und vielleicht werden die Haie ja mal eingeladen, das wäre toll.

SPOX: Lassen Sie uns zum Schluss auch noch über ein ganz trauriges Thema sprechen. Der Tod von Robert Müller hat alle erschüttert. Wie sehr ist er bei den Haien noch präsent?

Weibel: Robert ist mit seiner Nummer 80 bei uns auf dem Trikot verewigt, er ist bei jedem Spiel dabei. Ich habe persönlich oft gegen ihn gespielt und es verdient absoluten Respekt, was er geleistet hat und wie er als Mensch war. Er hat bis zuletzt alle Menschen mit seiner Einstellung und seiner Art beeindruckt. Es ist ein ganz schwieriges Thema. So schwer es fällt, es geht weiter.

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