Urs Siegenthaler lässt grüßen

Von Florian Regelmann
Teal Fowler scheiterte mit den Adler Mannheim im Playoff-Halbfinale an den Eisbären Berlin
© Getty

Exklusiv Teal Fowler wird bei der WM kaum bemerkt. Er macht seinen Job für das deutsche Team im Verborgenen. Dabei ist er ungemein wichtig. Genauso wichtig wie Urs Siegenthaler bei der Fußball-Nationalmannschaft. Bei SPOX erklärt der Video-Coach seine Arbeit.

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Gestatten, Teal Fowler. Video-Coach der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft. Nicht nur im Fußball werden die Trainerstäbe immer größer und die Aufgaben immer spezifischer verteilt.

Im modernen Eishockey ist die Video-Analyse nicht mehr wegzudenken. Deshalb hat Bundestrainer Uwe Krupp bei der WM in der Schweiz nicht nur Verstärkung durch Co-Trainer Ernst Höfner und Torwart-Trainer Klaus Merk, sondern auch durch den "Video-Man" Fowler.

Fowler entlastet Krupp und Co.

Der 38-jährige US-Amerikaner, der im Hauptberuf in der DEL bei den Adler Mannheim beschäftigt ist und dort nach der Entlassung von Dave King sogar bis zum Saisonende Chefcoach war, sieht sich in Bern die Spiele des Gegners live und danach auf Video an.

Stundenlang, auch bis tief in die Nacht hinein. So können die Cheftrainer ihre wohl verdiente Nachtruhe genießen und ihre ganze Energie für die Mannschaft verwenden.

"Es geht darum, eine taktische Analyse des Gegners zu erstellen. Was macht er im Forecheck, wie verhält er sich in Überzahl und Unterzahl, gibt es Besonderheiten beim Bully-Spiel. Wir wollen wissen, was auf uns zukommt", erklärt Fowler im Gespräch mit SPOX.

2005 machte Fowler den Job bereits bei der WM in Österreich für das US-Team, beim Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele 2010 arbeitete er zum ersten Mal für den DEB.

Besonders im Fokus: Die Special Teams

Fowler filtert aus der zweistündigen DVD die wichtigsten Szenen und erstellt mit Hilfe eines speziellen Schnittprogramms namens Dartfish am Laptop eine vier- oder fünfminütige Sequenz, die dann zuerst den Coaches und später der Mannschaft präsentiert wird.

"Das Wichtigste sind wirklich die Special Teams. Darauf achte ich besonders. Es ist nicht so, dass wir uns grundsätzlich auf den Gegner einstellen. Wir wollen unser System beibehalten, aber eben in einigen Punkten gewappnet sein", sagt Fowler.

Gerade im Eishockey, der schnellsten Mannschaftssportart der Welt, sind Video-Analysen sinnvoll.

Großer Lerneffekt bei den Videos 

"Auf dem Eis geht alles so schnell. Die Spieler müssen in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen und haben nur die Scheibe im Blick. Auf dem Video sehen sie auch ihre Nebenspieler. Mann kann sehr viel lernen, wenn man ein Video anschaut", so Fowler.

Dabei stehen auch nicht nur die Fehler im Vordergrund, die gezeigt und dadurch möglichst beim nächsten Mal abgestellt werden sollen. Auch gute Aktionen finden sich in den Videos wieder.

"Wenn ein Spieler von uns etwas richtig gut gemacht hat, dann zeige ich lieber das, als dass ich eine Szene von Crosby oder Owetschkin dafür nehme. Die Spieler schauen sowieso die Highlights aus der NHL an", meint Fowler, der die Analysen auch zu Fortbildungszwecken in der Nachwuchsarbeit nutzen will.

Frankreich als Beispiel

Ein Video wird nie über Sieg oder Niederlage entscheiden. Es kann nur als Vorbereitung dienen, auf dem Eis müssen es die Spieler dann selbst umsetzen. Aber gerade, wenn man auf Teams trifft, die man wenig kennt, ist eine eingehende Analyse äußerst wertvoll.

Das beste Beispiel ist das letzte Gruppenspiel der DEB-Auswahl gegen Frankreich. Die Franzosen hat man schon sehr lange nicht mehr gesehen, da wird Krupp sehr auf Fowler vertrauen, dass dieser herausgefunden hat, was das deutsche Team zu erwarten hat. Die Teilnahme an der Zwischenrunde steht auf dem Spiel.

Gegen Frankreich muss ein Sieg her, ansonsten geht es in die Abstiegsrunde. Auch wenn Deutschland als Gastgeber 2010 nicht absteigen kann, es wäre eine Katastrophe.

"Ich bin stolz, ein kleiner Teil des Teams zu sein und meinen Teil zum Erfolg beitragen zu können. Es ist eine Ehre für mich, für Deutschland arbeiten zu dürfen", sagt Fowler.

High-Tech-Coaching immer mehr im Kommen

Sollte er während der WM besondere Lust verspüren, seine Liebe für Video-Analysen zu vertiefen, muss er nur bei Ron Wilson vorbeischauen. Der Headcoach von Team USA ist seit langem für seinen Hang zu High-Tech-Coaching bekannt.

In seinem NHL-Job als Trainer der Toronto Maple Leafs zeigt Wilson Video-Szenen nicht erst in der Kabine oder nach dem Spiel, sondern schon während der Partie auf der Spielerbank. Die Werbepausen wollen ja schließlich sinnvoll genutzt werden.

Soweit ist Deutschland bei der WM in Bern noch nicht. Aber Fowler hätte sicher nichts dagegen, wenn es mal soweit kommt. Er ist Deutschlands "Video-Man".    

Christoph Schubert im SPOX-Interview