"Junge, nimm Klopapier mit"

Von Florian Regelmann
Harold Kreis will die DEG Metro Stars zur deutschen Meisterschaft führen
© Getty

Exklusiv Der größte Trumpf der DEG Metro Stars steht an der Bande und heißt Harold Kreis. Manager Lance Nethery erklärt bei SPOX, was den Coach ausmacht.

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Wir schreiben das Jahr 1978. In Mannheim ist gerade der MERC in die Eishockey-Bundesliga aufgestiegen. Vom FC Bayern auf Schlittschuhen ist der Klub noch meilenweit entfernt.

Trainer Heinz Weisenbach hat eine Idee, wie man in der obersten Spielklasse dennoch mithalten kann. Er macht sich auf und sucht in Kanada Spieler mit deutschen Vorfahren. Spieler, die aus dem Mutterland des Eishockeys kommen und dementsprechend stark sind, aber nicht das Ausländerkontingent belasten - ein genialer Plan.

Einer der Spieler, die Weisenbach nach Mannheim lotst, heißt Harold Kreis. Ein ganz junger Bursche, der bis dahin in der West Coast Hockey League für die Calgary Wranglers gespielt hatte.

19 Jahre Mannheim

Kreis muss nicht lange überlegen, ob er den Schritt nach Deutschland wagen soll. Das Angebot, das ihm vorgelegt wird, ist gut.

Er würde mehr verdienen als sein Vater in Kanada. Da haben auch die Eltern keine Argumente mehr, um ihren Sohn zu überreden, zu Hause zu bleiben. Einen Rat haben sie aber dann schon noch: "Junge, nimm Klopapier mit, das soll in Deutschland sehr hart sein."

Ob Kreis es tatsächlich mitgenommen hat, ist nicht überliefert, aber so oder so ist es der Beginn einer unglaublichen Erfolgsgeschichte. 19 Spielzeiten ist er ununterbrochen für Mannheim aktiv. Er ist mehr als ein Verteidiger. Er ist Kapitän. Er ist der Leader schlechthin. Er liefert sich unglaubliche Duelle mit Chris Valentine, dem damals besten Stürmer der Liga. Er ist körperlich so fit, dass er auch gerne mal über 40 Minuten auf dem Eis steht - in der heutigen Zeit unvorstellbar.

Als Belohnung wird er 1980 und 1997 mit dem MERC Deutscher Meister. Beim zweiten Mal ist ein gewisser Lance Nethery sein Trainer. Seit dieser Saison arbeitet der Trainer Kreis mit dem Manager Nethery erfolgreich bei den DEG Metro Stars zusammen.

Kreis' Weg führt in die Schweiz

"Ich weiß noch, als ich Harry kennengelernt habe. Das war 1994, als ich Trainer in Mannheim wurde. Man konnte schon sehen, dass aus ihm mal ein super Coach werden würde. Er hat in jedem Spiel alles gegeben. Eishockey ist einfach seine Leidenschaft", sagt Nethery im Gespräch mit SPOX.

Kreis ist auf seinem Weg zum Top-Trainer nichts in den Schoß gefallen. Er begann als Co-Trainer bei den Adlern und Kölner Haien, war Chefcoach in der 2. Liga in Bad Nauheim, fungierte sogar mal als Assistent bei der niederländischen Nationalmannschaft, bevor ihn sein Weg in die Schweiz führte.

Beim HC Davos arbeitete er unter Arno del Curto - dem renommiertesten Schweizer Eishockey-Lehrer - als Jugend- und Assistenztrainer. Es folgte eine Stippvisite in der Nationalliga B beim EHC Chur, doch dann kam seine große Chance. Er wurde Cheftrainer beim HC Lugano. Ein absoluter Top-Klub, aber auch ein ganz heißes Pflaster.

Meister in Lugano und Zürich

Kreis meisterte die Aufgabe mit Bravour und wurde gleich in seinem ersten Jahr Schweizer Meister. Im Anschluss wurde er von den ZSC Lions nach Zürich geholt, wo er in der vergangenen Saison ebenfalls den Titel gewann.

"Was Harry in erster Linie auszeichnet, ist sein Charakter. Er ist ein guter Mensch, sehr geradlinig und ehrlich. Er weiß, was er will und kann sehr gut mit den Spielern umgehen", schwärmt Nethery. Natürlich hatte dieser mitbekommen, was Kreis in der Schweiz leistete.

Als er auf der Suche nach einem neuen Coach für die Metro Stars war, fiel die Wahl ganz schnell auf Kreis. Eine gute Wahl, wie sich zeigt.

Der 50-Jährige enttäuscht auch in seiner ersten Saison als Cheftrainer in Deutschland keinesfalls. Düsseldorf spielte eine sehr solide Vorrunde, im Viertelfinale entschieden die Metro Stars das Straßenbahn-Duell gegen die Krefeld Pinguine für sich und nun ist in der Halbfinal-Serie gegen die Hannover Scorpions nach zwei Spielen auch alles offen.

Kreis vs. Zach

Metro Stars vs. Scorpions, das heißt auch Kreis vs. Zach. Zwei Charakter-Köpfe an der Bande. Wer das Trainer-Duell gewinnt, hat gute Karten, das Finale zu erreichen. Dass Kreis, der im Übrigen schon auch mal gerne eine Kabinentür eintreten kann, wenn es nicht so läuft, auch taktisch zu den Besten seines Fachs gehört, bewies er nach Spiel eins.

Düsseldorf war in der ersten Partie viel zu passiv. Die Scorpions spielen ein völlig anderes System als die Pinguine und Düsseldorf hatte Mühe, sich darauf einzustellen. In Spiel zwei sah die Sache schon ganz anders aus. Es wurde wieder Kreis-Hockey gespielt. Groß geschrieben werden Genauigkeit mit der Scheibe und schnelles Spiel - Querpass, Direktschuss, Tor.

Eigentlich wäre im sportlichen Bereich alles wunderbar in Düsseldorf. Wenn da nicht diese Störfeuer aus der Schweiz wären. Der SC Bern macht keinen Hehl daraus, dass er Kreis gerne als neuen Trainer verpflichten würde.

Bern hat Interesse

"Wir hatten sowohl mit Harold Kreis als auch mit Düsseldorf Kontakt, aber wir respektieren auch die bestehenden Verträge und wollen mitten in den Playoffs nicht stören", sagt Berns General Manager Sven Leuenberger gegenüber SPOX.

Es wird keine leichte Entscheidung werden für Kreis, der noch bis 2010 in Düsseldorf unter Vertrag steht und den Nethery "gerne halten" will.

"Die DEG: Deutscher Meister 2010 - der zweite Titel in Folge nach 2009." Das würde sich Kreis als Schlagzeile in den Nachrichten wünschen, wie er in einem Interview auf der vereinseigenen Homepage verriet.

Mit dem ersten Titel könnte es in ein paar Wochen durchaus klappen. Mit dem zweiten nur, wenn Kreis auch in Düsseldorf bleibt. Der Klub sollte den Coach auf keinen Fall gehen lassen. Er ist sein größter Trumpf.

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