Led Zeppelin wird unterschätzt

Von Florian Regelmann
Rob Zepp ist mit den Eisbären auf dem Weg zur Titelverteidigung
© Imago

Vier Teams sind noch im Rennen um den Titel. Vier Teams mit vier Top-Goalies. Aber wer ist der beste? Torwart-Legende Peppi Heiß stellt bei SPOX sein Ranking auf.

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Wenn es um die Frage geht, was die wichtigste Position im Mannschaftssport überhaupt ist, landet man unweigerlich bei ihm: dem Eishockey-Goalie.

Kein Spieler ist für den Erfolg seines Teams so entscheidend wie er. Eine Meisterschaft ohne einen außergewöhnlichen Torwart zu gewinnen, ist nicht schwierig, es ist unmöglich.

Heiß: "Torwart macht mehr als 50 Prozent aus"

Er ist es, der die Fans beim Zuschauen mit Wahnsinns-Saves dazu bringt, sich zu fragen: "Ist der Typ ein Mensch?" Er ist es, der seinen Vorderleuten eine unglaubliche Sicherheit geben und gleichzeitig in den Kopf des Gegners gelangen kann, wenn er "in the zone" ist.

"Ein Torwart macht beim Eishockey mehr als 50 Prozent aus. Du denkst als Goalie ganz anders, weil du weißt, dass du dir überhaupt keinen einzigen Fehler erlauben darfst. Alles um einen herum ausblenden und sich auf das Wesentliche konzentrieren - das macht einen Top-Goalie aus", sagt Torwart-Legende Peppi Heiß im Gespräch mit SPOX.

Zusammen mit Heiß stellt SPOX ein Ranking der vier Keeper der Playoff-Halbfinalisten auf.

1. Rob Zepp (Eisbären Berlin)

Playoff-Stats: Gegentorschnitt 1,51; Fangquote 93,4 Prozent, 1 Shutout

Wer an die Eisbären denkt, denkt in erster Linie an ihre herausragenden Qualitäten in der Offensive. Robinson, Walker, Pederson und Co. können jede Abwehr schwindlig spielen - und in den Playoffs ist jetzt auch noch Andre Rankel (6 Tore) heiß gelaufen. Dabei wird vergessen, dass mit Rob Zepp ein Klasse-Keeper im Kasten steht.

Der 27-Jährige wurde 1999 (Atlanta) und 2001 (Carolina) zweimal gedraftet, dennoch schaffte er es nie in die NHL. 2005 führte sein Weg zu SaiPa Lappeenranta nach Finnland, nach zwei starken Jahren holten ihn die Eisbären. Zepps Markenzeichen: Seine Goalie-Maske. Oben auf dem Helm befindet sich ein mystisches Zeichen. Es ist das gleiche wie auf dem Plattencover "Led Zeppelin 4" der Rockgruppe Led Zeppelin. Die Bedeutung des Zeichens: Mann mit Selbstvertrauen und Können. Zepp ist ein großer Fan der Band. Und er ist der unterschätzteste Torwart der DEL.

Peppi Heiß: "Zepp hält bislang in den Playoffs hervorragend. Er hat unglaublich viel Selbstvertrauen und das sieht man. Wenn es für die Eisbären mal brenzlig wird, ist er zur Stelle. Für mich ist er die Nummer eins."

2. Dimitri Pätzold (Hannover Scorpions)

Playoff-Stats: Gegentorschnitt 1,90; Fangquote 92,7 Prozent, 1 Shutout

Der gebürtige Kasache ist erst 26 Jahre alt, aber er hat schon einiges erlebt. Er machte den Schritt in die USA, zeigte in der AHL zum Teil starke Leistungen, aber den Durchbruch bei den San Jose Sharks schaffte er nie. So führte ihn sein Weg kurzzeitig nach Russland, doch auch da wurde Pätzold nicht glücklich. Genau zum richtigen Zeitpunkt kam im vergangenen Oktober das Angebot aus Hannover.

Über weite Strecken wechselte Scorpions-Coach Hans Zach zwischen Pätzold und Alexander Jung ab, aber es stellte sich bald heraus, dass es nur eine klare Nummer eins geben kann - und die heißt Pätzold. Der Keeper will sich mit einem Meistertitel aus Hannover verabschieden, in der kommenden Saison hütet er das Tor in Ingolstadt. Bei der WM in der Schweiz wird Pätzold aller Voraussicht nach auch die Nummer eins von Uwe Krupp sein. Warum auch nicht? Er ist wohl in der Form seines Lebens.

Peppi Heiß: "Er spielt sehr solide und hat einen großen Anteil am Erfolg der Scorpions. Ich kenne ihn noch aus Kölner Zeiten, als er ganz jung war. Er ist nach Amerika gegangen, er war in Russland und musste sich überall durchbeißen. Das hat ihm gut getan. Vom Stil her ist er ein Torhüter, der nicht so viel auf dem Boden liegt, sondern mehr steht."

3. Fred Brathwaite (Adler Mannheim)

Playoff-Stats: Gegentorschnitt 2,34; Fangquote 93,1 Prozent, 1 Shutout

Der Preis für den besten Transfer in den letzten Jahren in der DEL geht eindeutig an Adler-Manager Marcus Kuhl. Wo wäre Mannheim, wenn sie nicht Fred Brathwaite aus Omsk in die SAP-Arena geholt hätten? Sie wären mit Sicherheit nicht im Halbfinale. Die namhaften Stars in der Adler-Offensive brachten über weite Strecken der Saison nichts zustande, aber es gab ja die Lebensversicherung Brathwaite, so dass auch mit sehr wenigen Toren noch viele Spiele gewonnen werden konnten.

Auch im Viertelfinale gegen Nürnberg hielt der 36-Jährige stark, ein Spiel gewann er mit 44 Saves ganz alleine. "Freddy, Freddy"-Sprechchöre sind in Mannheim längst Kult. Nur wenn Brathwaite unmenschlich hält, haben die Adler gegen die Eisbären eine Chance. Bei SPOX hatte der Kanadier während dieser Saison noch mit einer Rückkehr in die NHL geliebäugelt, aber inzwischen verlängerte er seinen Vertrag in Mannheim um zwei Jahre. Gut für die DEL, denn damit bleibt ihr ein echter Star und Sympathieträger erhalten.

Peppi Heiß: "Brathwaite auf drei zu setzen, verwundert vielleicht einige, aber mir fehlt im Vergleich zu Zepp und Pätzold im Moment ein Tick bei ihm. Er hält gut, keine Frage, aber er ist nicht mehr so wahnsinnig überragend, wie er es in der Vorrunde war. Er hat 49 von 52 Spielen gemacht, vielleicht wird er ein bisschen müde."

4. Jamie Storr (DEG Metro Stars)

Playoff-Stats: Gegentorschnitt 2,52; Fangquote 91,6 Prozent, 1 Shutout

Storr hat im Gegensatz zu den drei anderen Goalies eine Menge NHL-Erfahrung. 224 Spiele absolvierte der 33-Jährige für die Los Angeles Kings (210) und die Carolina Hurricanes (14). Storr galt in jungen Jahren als ein potenzieller Superstar im Eishockey. Er wurde 1994 von den Kings an siebter Stelle gedraftet. Nur Grant Fuhr war bis zu diesem Zeitpunkt als Goalie noch höher gedraftet worden. Im gleichen Jahr wurde Storr mit Kanada Junioren-Weltmeister (Auszeichnung zum besten Torwart des Turniers) und holte auch bei der A-WM in Italien Gold, auch wenn er kein Spiel absolvierte.

Schon mit 19 Jahren debütierte er dann in der NHL, 1998 und 1999 stand er jeweils im All-Rookie-Team. Zum erhofften Franchise-Goalie wurde er aber nie. Seit der Saison 2006/2007 spielt Storr in Düsseldorf. Wenn es um den spektakulärsten Torwart geht, ist Storr mit seiner schnellen Fanghand ganz weit vorne. In der Viertelfinal-Serie gegen Krefeld schwankte Storr zwischen Brillanz und Mittelmäßigkeit. Im alles entscheidenden Spiel 7 war er aber dann unüberwindbar.

Peppi Heiß: "Ich habe ihn zuletzt mehrfach live gesehen und ich muss sagen, dass er mir da nicht so gut gefallen hat. Er hat viele Pucks abprallen lassen und war nicht der große Rückhalt, der er schon war. Das heißt nicht, dass er schlecht hält. Er hält momentan normal und das ist in den Playoffs eben zu wenig im Vergleich zu den anderen Goalies."

Alle Halbfinaltermine auf einen Blick