"Roberts Einstellung ist bewundernswert"

Von Interview: Florian Regelmann
Uwe Krupp will Deutschland zu einer Eishockey-Großmacht machen
© Getty

Bundestrainer Uwe Krupp will aus einer durchschnittlichen Nationalmannschaft auf lange Sicht ein Weltklasse-Team machen. Welches Potential das deutsche Eishockey hat, was die Ziele für die WM 2010 im eigenen sind und wie er mit dem tumorkranken Robert Müller fühlt, verrät Krupp bei SPOX.

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Beim Deutschland Cup landete das DEB-Team auf einem ordentlichen dritten Platz. Vor allem der Sieg gegen die Slowakei gab Anlass zur Hoffnung auf Besserung. Dennoch ist das Team von Bundestrainer Uwe Krupp von der Weltspitze noch meilenweit entfernt.

Bei SPOX spricht Krupp über das Potenzial des deutschen Eishockeys, die WM 2010 in Deutschland, Mitgefühl mit Robert Müller und neue Talente für die NHL.

SPOX: Herr Krupp, das Schicksal von Kölns Goalie Robert Müller, der unheilbar an einem Hirnturmor erkrankt ist, bewegt derzeit ganz Eishockey-Deutschland. Viele Worte kann man da ja eigentlich nicht finden.

Uwe Krupp: Ja, wir alle drücken Robert die Daumen im Kampf gegen seine Krankheit. Seine positive Einstellung ist bewundernswert. Allerdings versucht jeder, auch seine Privatsphäre zu respektieren.

SPOX: Stimmt. Daher zu etwas Positivem: Welche Spieler haben sich beim Deutschland Cup für die Nationalmannschaft aufdrängen können?

Krupp: Viel besser als Richard Mueller seine ersten drei Spiele in der Nationalmannschaft bestritten hat, kann man es kaum machen. Er hat besonders gute läuferische Qualitäten. Damit kann er uns sowohl in der Defensive als auch in der Offensive helfen.

SPOX: Richard Mueller war stark, aber die Nummer eins im deutschen Sturm heißt Michael Wolf.

Krupp: Michael Wolf ist im Moment unser bester Stürmer, ganz klar. Er ist ein unermüdlicher Kämpfer, hat einen guten Torjägerinstinkt und macht seine Mitspieler besser. Dazu kommt, dass er ein sehr guter Penalty-Killer ist. Einfach ein kompletter Spieler.

SPOX: Ist er nicht zu gut für die DEL?

Krupp: Wenn er nur zehn Zentimeter größer wäre, hätte er seinen ersten Wohnsitz in Nordamerika und würde in der NHL spielen. Momentan sind wir froh, dass er uns hier in Europa zur Verfügung steht. Ob er den Schritt nach Nordamerika macht, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Schafft Michael Wolf den Sprung in die NHL? Auch unterwegs top-informiert sein

SPOX: Wo steht die Nationalmannschaft im Moment?

Krupp: Wir haben uns in den letzten drei Jahren von Platz 15 auf den zehnten Platz in der Weltrangliste verbessert. Unser Team hat auf jeden Fall das Potential, bei internationalen Turnieren den achten Platz zu erreichen, aber genauso kann es uns passieren, dass wir bei einer WM auf dem 12. Platz enden.

SPOX: Was muss geschehen, damit Deutschland konstant zu den Top 8 gehört?

Krupp: Um uns auf lange Sicht konstant unter den ersten Acht zu platzieren, bedarf es einer gezielten Verbreiterung des Eishockeysports in Deutschland. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns bei guter Zusammenarbeit des DEB und der DEL auf Jahre gesehen zu einer echten Eishockey-Großmacht entwickeln können.

SPOX: Wenn man von der WM 2010 in Deutschland spricht, nehmen viele das Wort Märchen in den Mund, wie es bei den Handballern und Fußballern war. Da vergisst man manchmal, dass man völlig andere Voraussetzungen hat als diese beiden Sportarten. Ein Märchen in Form eines WM-Titels ist ja einfach nicht realistisch.

Krupp: Überraschungen gibt es fast bei jedem Turnier, und wir wollen uns natürlich bei der WM im eigenen Land, vor unseren Fans, mit guten Leistungen präsentieren. Ob das alles in einem Märchen endet? Das sehen wir dann. Ich kann nur versprechen, dass sich jeder Spieler im deutschen Trikot für die Mannschaft zerreißen wird, und das ist keine schlechte Vorraussetzung für Erfolg.

SPOX: Wenn wir ehrlich sind, sind wir näher an der Abstiegsrunde als am Halbfinale.

Krupp: Niemand in unserem Lager versucht, etwas schön zu reden. Der Abstand zu den ersten sechs oder sieben Nationen in der Welt ist noch etwas größer als wir das wollen.

SPOX: Wie viel Spaß macht Ihnen das Amt des Bundestrainers noch? Gibt es nichts, was Ihnen fehlt?

Krupp: Alles hat Vor- und Nachteile. Ich bin fest davon überzeugt, dass mein Engagement für das deutsche Eishockey ein wichtiger Job ist. Was mir ein wenig fehlt, ist der tägliche Kontakt mit einer Mannschaft und die individuelle Arbeit mit den Spielern.

SPOX: Aber wie ist es, wenn man als Coach keine wirkliche Chance auf Titel hat. Woraus zieht man dann seine Motivation?

Krupp: Mein Ziel ist, in meiner Mannschaft eine Atmosphäre zu schaffen, in der der Wettbewerb um die einzelnen Jobs hart ist. Innerhalb dieses Umfelds wird sich um jeden einzelnen Spieler so gekümmert, dass er spürt, dass der Coaching-Staff ein persönliches Interesse daran hat, dass er sich gegen die anderen durchsetzt. Dann entsteht Entwicklung und die Leistungskurve geht nach oben. Meine Motivation ist zu versuchen, unter harten aber fairen Bedingungen das Beste aus den Spielern herauszuholen.

SPOX: Vor der nächsten WM steht zunächst noch die Olympia-Qualifikation an. Da steht viel auf dem Spiel.

Krupp: Richtig. Die Qualifikation für Vancouver ist eine wichtige Sache fürs deutsche Eishockey, und es würde wehtun, wenn wir uns nicht durchsetzen können. Ich sehe unsere Chancen ungefähr fifty-fifty. Mit Österreich, Slowenien und uns erwarten drei von vier Mannschaften, dass sie weiterkommen.

SPOX: Wenn so ein Turnier so wichtig ist, wäre es ja schön, wenn man vorher ein bisschen trainieren könnte...

Krupp: Ach ja, das ist so eine Sache. Leider sind zurzeit die Bedingungen sehr begrenzt, was unsere Vorbereitung angeht. Mehr als ein bisschen Power Play und Penalty Killing ist kaum drin. Aber wenn's einfach wäre, könnte ja jeder Nationaltrainer sein (lacht).

SPOX: Zum Schluss noch ein kurzer Blick in die NHL: Dennis Seidenberg ist endlich verletzungsfrei und ist fast so was wie der Nummer-eins-Verteidiger in Carolina, auch bei Christian Ehrhoff läuft es gut, wie sehen Sie die Entwicklung?

Krupp: Christian hat meiner Meinung nach das Potential, ein All Star in der NHL zu sein. Bei Dennis war es eher eine Timing-Sache, bis er in der richtigen Mannschaft und Organisation spielt, die seinen Spielertyp braucht und schätzt.

NHL: Alle Informationen finden Sie hier