"Plötzlich bestellt Datsyuk eine Salami-Pizza"

Von Interview: Alexander Mey
Peppi und Stella Heiß werben gemeinsam als Botschafter für Olympia in München 2018
© spox

Torhüter Peppi Heiß ist eine deutsche Eishockey-Legende, seine Tochter Stella ist Welt- und Europameisterin im Curling. Die sportliche Familie lebt in Garmisch-Partenkirchen und wirbt für Olympia 2018 in München. Im SPOX-Interview erklären sie den Zauber von Olympia und erzählen witzige Anekdoten.

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Es ist Frühling geworden in Garmisch-Partenkirchen. Die Nachwehen der alpinen Ski-WM sind vorüber, die Bürger haben sich mehrheitlich für Olympia 2018 entschieden. Jetzt darf gefiebert werden - und zwar auf den 6. Juli hin, an dem in Durban entschieden wird, wer den Zuschlag bekommt.

Mitfiebern werden dann auch Peppi Heiß, Torhüter-Legende im deutschen Eishockey, und seine Tochter Stella, Welt- und Europameisterin im Curling. Denn beide sind offizielle Botschafter der Olympiabewerbung.

SPOX traf sich mit ihnen in einem Cafe in Garmisch-Partenkirchen, um zu plaudern. Über die Bewerbung von München und Garmisch-Partenkirchen, über Heiß'sche Anekdoten aus vier olympischen Spielen (Vater Peppi war in Albertville 1992, Lillehammer 1994 und Nagano 1998, Tochter Stella in Vancouver 2010), über Hänseleien zwischen Vater und Tochter, über die Zukunft von Peppi Heiß' Arbeitgeber EHC München und über anzügliche Anspielungen auf das Aussehen der hübschen 18-jährigen Stella.

SPOX: Wie wird man eigentlich Botschafter für München 2018?

Peppi Heiß: Bei mir kam es durch meinen Trainerjob beim EHC München. Dort wurde ich nach einem Spiel im VIP-Raum angesprochen und gefragt, ob ich mich für Olympia in München engagieren möchte.

SPOX: Und bei Ihnen, Stella?

Stella Heiß: (lacht) Das ging über den Papa.

Peppi Heiß: Stimmt. Da bin auch ich angesprochen worden, ob ich nicht meine Tochter fragen könnte, ob sie auch mitmachen möchte, schließlich ist sie ja auch sehr erfolgreich im Sport. Und wir machen das beide natürlich sehr gerne.

SPOX: Peppi, Sie haben die Erfahrung von drei olympischen Spielen. Welche waren die schönsten?

Peppi Heiß: Für uns Athleten auf jeden Fall die in Lillehammer 1994. Es war alles dicht zusammen, fast alle Athleten waren im olympischen Dorf und man konnte alle Wettkampfstätten schnell erreichen. So ähnlich könnte es 2018 bei den Ski-Wettbewerben hier in Garmisch-Partenkirchen werden. Alles ist zu Fuß zu erreichen. Diese kurzen Wege sind ein Traum. 1992 in Albertville lief es für uns sportlich zwar sehr gut, aber wir waren als Eishockey-Team isoliert. In Nagano waren die Wege zu weit.

SPOX: Kann man olympische Spiele erst im Nachhinein richtig genießen, wenn der sportliche Druck weg ist?

Stella Heiß: Ja. Aber in meinem Fall nicht wegen des Drucks, sondern wegen der ganzen Eindrücke, die auf mich in Vancouver eingeströmt sind. Ich konnte mir das ja alles vorher gar nicht vorstellen. Allein im Flugzeug des deutschen Teams sitzen schon so viele Stars und du selbst sitzt mit deinen 17 Jahren mittendrin und schaust dem Geschehen nur staunend zu. Das geht im olympischen Dorf weiter. Für mich war in der Tat das Wichtigste, viele Menschen kennen zu lernen. Sportlich ist Olympia sogar lockerer als eine WM, weil wir nicht wie bei einer WM absteigen können.

Peppi Heiß: Das ist bei uns genauso gewesen. Wir hatten in erster Linie unheimlich viel Spaß, weil wir Leute aus anderen Sportarten getroffen haben, die wir sonst vier Jahre nur im Fernsehen sehen. In Lillehammer saß ich zum Beispiel neben Markus Wasmeier und habe mit ihm gescherzt, dass er in seinem nächsten Rennen bestimmt die Goldmedaille holen würde. Er hat sie tatsächlich geholt und mir beim nächsten Treffen gesagt, dass ich mich unbedingt wieder neben ihn setzen soll, weil ich Glück bringe. Und: Er hat seine zweite Goldmedaille gewonnen. (lacht)

Stella Heiß: Man freut sich als Team wirklich über jede Medaille, die ein Kollege holt, egal, in welcher Sportart. Der Medaillenspiegel wird ganz wichtig. Da bekommt man schon mal gesagt: "Jetzt hol du halt noch eine Medaille, dann sind wir einen Platz weiter vorne."

SPOX: Peppi, Sie haben die olympischen Turniere auch genutzt, um Fotos mit den großen NHL-Stars, allen voran Wayne Gretzky zu machen. Waren die leicht zu erreichen oder doch eher abgeschottet?

Peppi Heiß: Die meisten waren überhaupt nicht abgeschottet. Aber ein paar gab es schon, denen war das olympische Dorf vielleicht zu popelig oder sie hatten ihre Familien dabei. Die haben dann außerhalb gewohnt. Ein paar Athleten fühlen sich eben von der Atmosphäre im Dorf gestört, andere wollen genau das unbedingt erleben. Ich habe mir damals in Nagano ein Trikot von Gretzky und allen Torhütern unterschreiben lassen.

Stella Heiß: Ich hatte in Vancouver auch einige Begegnungen mit NHL-Stars. Ich wollte für meinen Vater ein Autogramm von Martin Brodeur mitbringen, denn der ist für mich - nach meinem Papa natürlich - (beide lachen) der beste Torhüter der Welt. Ich habe ihn aber nie getroffen, weil er außerhalb des Dorfes gewohnt hat. Erst am letzten Tag habe ich meinen ganzen Mut zusammen genommen und Sidney Crosby, der war nämlich im Dorf, gefragt, ob er mir ein Autogramm von Brodeur besorgen könnte. Konnte er leider nicht, aber von ihm habe ich eins bekommen. Ein anderes Mal stand ich bei der Essensausgabe und plötzlich bestellt neben mir Pavel Datsyuk, einer der Helden meiner Cousins und meines kleinen Bruders, eine Salami-Pizza. Da wird man rot, obwohl man kein Wort mit ihm geredet hat.

SPOX: Haben Sie von den deutschen Eishockey-Spielern einige gekannt?

Stella Heiß: Klar, durch meinen Vater habe ich zum Beispiel Kai Hospelt oder Dennis Endras gekannt. Einen von den DEB-Jungs habe ich sogar mal beim Eishockey auf der Playstation geschlagen, den haben sie dann die ganze Woche veräppelt. Ich glaube, es war John Tripp.

SPOX: Sollte München die Spiele 2018 bekommen, dann ist das doch bestimmt noch ein sportliches Ziel, oder Stella?

Stella Heiß: Auf jeden Fall, das wäre ein Traum!

SPOX: Und was machen Sie 2018, Peppi? DEB-Coach vielleicht?

Peppi Heiß: Wer weiß? Man soll niemals nie sagen. Aber aus meiner momentanen Warte als Trainer beim EHC München betrachtet wäre eine neue Halle, die für Olympia gebaut wird, natürlich eine tolle Sache. München könnte ein Zentrum für den Eishockey-Nachwuchs aus ganz Bayern werden. Hier kann man nebenher studieren, die Bedingungen wären optimal. Und auch das Management des EHC könnte mit einer modernen Halle ganz anders wirtschaftlich planen. Eine solche Entwicklung als Trainer mitzuerleben wäre mein Wunsch. Bei den olympischen Spielen könnte ich dann entspannt zusehen.

SPOX: Generell geht es mit dem EHC nach nur einem Jahr DEL gut vorwärts. Haben Sie Angst vor einem Absturz wie damals mit den Barons?

Peppi Heiß: Nein. Damals sind Leute von außen gekommen und haben den Verein konstruiert. Dabei ging es nicht um Sport, sondern nur ums Geschäft. Die Leute, die jetzt am Ruder sind, haben schon in der Bayernliga hinter dem Verein gestanden und ihn langsam wachsen lassen. Sie stehen ohne Hintergedanken hinter dem Sport. Jetzt hoffen wir, dass es nach dieser guten Saison weiter aufwärts geht.

SPOX: Dabei soll Nationaltorhüter Jochen Reimer helfen, der aus Wolfsburg kommt und den Sie persönlich trainieren werden.

Peppi Heiß: Die Verstärkung ist sehr groß. Die Erwartungen aber auch. Das wird im ersten Jahr unheimlich schwer für ihn, aber ich versuche, den Druck etwas von seinen Schultern zu nehmen. Er soll so spielen, wie er es gewöhnt ist, und Spaß haben. Der Erfolg kommt von alleine.

SPOX: Warum ist Jochen Reimer ausgerechnet nach München gegangen?

Peppi Heiß: Er hat schon einmal in München in der zweiten Liga gespielt und das ganze Umfeld kennen gelernt. Außerdem ist er mit der Schwester von Martin Buchwieser liiert, die in München studiert. Es gab also auch persönliche Gründe. Erst einmal hat er nur einen Vertrag für ein Jahr, aber wir wollen beim EHC ja etwas aufbauen. Wenn ihm das gefällt, warum soll er dann nicht wie ich in Köln zwölf Jahre in München spielen?

SPOX: Wie lebt eigentlich ein erfolgreicher Sportler wie Sie damit, dass seine Tochter mit 17 Jahren schon mehr erreicht hat als man selbst? Sie ist immerhin Welt- und Europameisterin.

Peppi Heiß: (lacht) Ich lebe sehr gut damit. Ich freue mich darüber vielleicht sogar noch mehr als sie, weil ich genau weiß, wie viel Arbeit dahinter steckt. Sie war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, hat sich die Erfolge aber auch verdient. Ich habe leider Eishockey gespielt und hatte demnach nie auch nur die geringste Chance, Weltmeister zu werden. Aber das ist schon okay so, damit kann ich leben.

SPOX: Sie haben Ihren Vater aber schon damit aufgezogen, oder Stella?

Stella Heiß: Ähm, ja - nicht so direkt. Eher im Jahr davor, als ich Europameisterin geworden bin. Da habe ich schon zum Telefon gegriffen und ihm auf die Nase gebunden, dass ich etwas geschafft habe, was er nicht geschafft hat. Obwohl, wenn ich darüber nachdenke: Nach dem WM-Titel habe ich noch einmal angerufen und gesagt: "Tja, noch mal besser" (lacht).

SPOX: Ist es der Traum eines sportlich erfolgreichen Vaters, dass auch die Tochter Erfolg hat?

Peppi Heiß: Das war von Beginn an zweitrangig. Jeder Vater will, dass seine Tochter gesund und glücklich ist. Durch den Sport entwickelt sie sich körperlich weiter, verbessert ihre soziale Kompetenz und erweitert durch die vielen Reisen um die Welt ihren Horizont. Wenn dann noch Erfolg dazu kommt, ist das natürlich umso schöner.

SPOX: Aber Sie als stolzer Papa prahlen doch bestimmt ab und zu mal mit der erfolgreichen Tochter.

Peppi Heiß: Eigentlich nicht. Aber wenn einmal das Thema darauf kommt, melde mich schon zu Wort und sage: "Ich hätte dazu auch noch etwas beizutragen..."

SPOX: Stella, wieso Curling?

Stella Heiß: Das habe ich einfach mal so aus Spaß ausprobiert, hatte aber das Vorurteil, dass das sowieso kein Sport ist. Ich war als Kind ein bisschen hyperaktiv und habe vorher Leichtathletik gemacht und Fußball gespielt. Ich hätte nie gedacht, dass ich beim Curling hängen bleiben würde. Aber das Gleiten über das Eis hat mich fasziniert. Als ganz kleines Kind wollte ich auch mal Eishockey spielen.

Peppi Heiß: Ich bin aber froh, dass es dazu nicht gekommen ist. Vom Schlittschuhlaufen her hätte sie das sicher gekonnt, aber sie muss sich eben auch körperlich durchsetzen können. Und sie hat schon beim Fußball gemerkt, dass es Mädels gibt, die robuster sind. Beim Curling ist das alles kein Problem.

SPOX: Peppi, haben Sie mal Curling ausprobiert?

Peppi Heiß: Ja, habe ich...

Stella Heiß: ...und er war verdammt gut.

Peppi Heiß: Es hat mir auch Spaß gemacht, was ich nicht gedacht hätte. Dadurch, dass ich als Eishockey-Torhüter kurze Bewegungen auf dem Eis gewöhnt bin, kam ich auch ganz gut zurecht. Ich wollte sogar mal in einer Hobby-Liga mitspielen, das habe ich aber zeitlich nicht geschafft.

SPOX: Wie groß ist der zeitliche Aufwand für das Curling-Training?

Stella Heiß: Wenn wir im Winter Eis haben, trainieren wir jeden Tag. Das ging diese Saison aber ab Dezember nicht mehr, weil die Eishalle zum Pressezentrum für die alpine Ski-WM umfunktioniert wurde. Das war ein bisschen nervig, weil wir als Titelverteidiger quasi ohne Training zur diesjährigen WM gefahren sind und keine Medaille geholt haben.

SPOX: Egal, wie erfolgreich Sie im Curling sind, Sie werden nie von Ihrem Sport leben können. Mahnt der Vater manchmal: "Lerne etwas Anständiges"?

Stella Heiß: Nie. Aber es war von Anfang an klar, dass ich meinen Sport nur so lange machen darf, wie es gleichzeitig in der Schule läuft. Denn egal, welchen Sport ich machen würde, irgendwann wäre es vorbei und ich müsste etwas anderes tun.

SPOX: Fotomodel wäre eine Möglichkeit, die dazu passende Presse gab es während Olympia und WM 2010 ja schon. Schlagzeilen wie "Peppis heißer Feger" waren an der Tagesordnung.

Stella Heiß: Das hat mich nicht sonderlich gestört. Ich will sicher nicht mit Gewalt ins Fernsehen oder so. Aber ich will schon unseren Sport bekannter machen und dadurch nach vorne bringen. Wenn das durch solche Wortspiele geschieht, soll mir das völlig egal sein.

SPOX: War es dem Vater einer damals 17-Jährigen auch egal?

Peppi Heiß: Damit hatte ich überhaupt kein Problem. Sie kann sehr gut auf sich selbst aufpassen. Wortspiele anderer Art gab es auch zu meiner aktiven Zeit schon. Das bringt der Nachname nun einmal mit sich. Ich bewerte diese Wortspiele sogar positiv. Denn alles, was über deinen Sport in der Presse steht, hilft weiter. Wenn Stella im Gespräch ist, ist Curling auch im Gespräch.

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