Tony Hawk: Ein Hauch von Rocky

Von Bastian Strobl
Flyin' sideways: Für Tony Hawk schien in seiner Karriere (fast) nichts unmöglich
© Getty
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Die große Skateboard-Depression

Zu Anfang der 90er Jahre hieß es: Endstation, bitte aussteigen. Nicht nur für Tony, sondern für die komplette Skateboard-Szene. Skateboarden war plötzlich "out", es starb. Für viele war der Zeitpunkt gekommen, sich einen "richtigen" Job zu suchen, die Branche zu wechseln.

Auch Tony erwischte die Skateboard-Depression wie aus dem Nichts. Finanzielle Rücklagen hatte er nicht. Aber Hawk wollte nicht aussteigen. Selbst, als er auf einen täglichen 5-Dollar-Nachlass bei Taco Bell angewiesen war, hielt er an seinem Ziel fest.

Hawk ruft "Birdhouse Projects" ins Leben

Durchhaltevermögen nannten es die einen, Naivität die anderen. Aber Hawk konnte auf eines vertrauen: Seit jeher gab es in der Skateboard-Welt Aufs und Abs. "Die mediale Aufmerksamkeit und die Mitläufer waren Anfang der 90er Jahre einfach nicht mehr da. Das ist das ganz normale Gesetz der Welle", bestätigte auch Titus Dittmann.

Hawk ging sogar noch weiter. Er verkaufte sein Haus und den Lexus. Zusammen mit Per Welinder, einem Skate-Kollegen, kramte er jeden Cent zusammen und gründete das Skateboard-Unternehmen "Birdhouse Projects". Der Birdman war geboren - und steckte mit seiner Firma von Anfang an in finanziellen Schwierigkeiten. Aber es sollte noch schlimmer kommen.

1995: Das bittersüße Jahr

Im Jahr 1995 starb Tonys Vater an Lungenkrebs. Frank Hawk stand seinem Sohn nicht nur immer mit Rat und Tat zu Seite. Er war auch der größte Unterstützer seiner Skate-Ambitionen.

Auch deswegen sagte Tony Hawk: "Leider hat mein Dad nicht mehr mitbekommen, wie bekannt und beliebt Skateboarden geworden ist. Das hätte er im Traum nicht geglaubt."

Ironischerweise erlebte das Skateboarden im Todesjahr seines Vaters einen neuen Höheflug. Durch die erstmals ausgetragenen X-Games war Skateboarden wieder in aller Munde. Hawk war mit neuen Sponsoren und "Birdhouse Projects" an der Spitze dieses Aufschwungs.

Der Weg zum Mainstream-Star

Im Zuge der Skate-Renaissance schien auch der Stern von Tony Hawk immer heller. Was ihn endgültig zu einem globalen und massentauglichen Phänomen machte, war eine Videospiel-Serie. "Er war so clever, seinen Status als Galionsfigur zu nutzen, um auch im Mainstream bekannt zu werden", erklärt Dittmann.

Seit dem ersten "Tony Hawk's Skateboarding"-Spiel kamen zehn Nachfolger für alle gängigen Konsolen auf den Markt. Das Spielprinzip blieb seit dem Ur-Spiel aus dem Jahr 1999 gleich, genauso wie der Erfolg. Über 30 Millionen Kopien wurden seit dem ersten Spiel verkauft. "Er ist dafür verantwortlich, dass es Skateboard-Videospiele überhaupt gibt", betont Dittmann.

Titus Dittmann im SPOX-Interview: "Skateboard statt Kalaschnikow"

Die Tony Hawk Foundation

Doch er will nicht nur als Schöpfer eines neuen Videospiel-Genres in Erinnerung bleiben. Hawk will seine Passion Skateboarden an den Nachwuchs weitergeben, die Kinder für die Sportart begeistern, die auch ihm geholfen hat. Deswegen hat er vor einigen Jahren die Tony Hawk Foundation gegründet.

Die Stiftung hat mehr als 450 amerikanischen Skatepark-Projekten mit über drei Millionen Dollar unter die Arme gegriffen. Gerade in sozialen Brennpunkten will Hawk den Kindern eine Möglichkeit geben, sich auf dem Board auszutoben. Und sich - wie er selbst - das nötige Selbstbewusstsein für die Aufgaben im Leben zu holen. "Er hat das Skateboarden als sinn- und identitätsstiftendes Werkzeug kennen gelernt. Das benutzt er jetzt, um etwas zurückzugeben", so Dittmann.

Die Idee scheint zu funktionieren. Von Florida bis ins eisige Alaska sind mehr als drei Millionen Nachwuchs-Hawks in den Skateparks unterwegs, die von seiner Stiftung finanzielle Hilfe bekamen.

Zusammenarbeit mit "skate aid"

Seine soziale Ader ist aber nicht auf seine Heimat beschränkt. Als Laureus-Academy-Mitglied engagiert er sich für die Laureus Sport for Good Foundation in Projekten auf der ganzen Welt, von Südafrika bis nach Kambodscha.

Auch bei "skate aid", dem Projekt von seinem alten Freund Titus Dittmann, ist Hawk involviert. "Tony stellt seinen Namen und sein Gesicht zur Verfügung. Als ich mit ihm darüber geredet habe, hat er sich sehr interessiert gezeigt, aber er hat natürlich viel mit seiner eigenen Stiftung zu tun. Ich habe aber vor, mit ihm über eine engere Zusammenarbeit zu sprechen, vermutlich noch in diesem Jahr", so der "skate aid"-Gründer.

"Wie wende ich?"

Obwohl Hawk seine Skateboard-Schuhe schon 1999 an den Nagel gehängt hat, ist er täglich auf den vier Rollen unterwegs. Noch immer ist Tony ein gern gesehener Gast bei Demos und Skate-Shows rund um den Globus. So eine Passion kann man nun mal nicht einfach in den Schrank sperren.

Es gibt nicht viele Sportarten, die nahezu im Alleingang von einer Person erschaffen werden. Niemand hätte erwartet, was der achtjährige Blondschopf aus dem Jahr 1977 alles erreichen würde. Damals stieg der kleine Tony auf sein erstes Board und rollte los. Am Ende der Straße drehte er sich um und fragte seinen Bruder: "Wie wende ich?"

34 Jahre später weiß Tony Hawk die Antwort. Mit Durchhaltevermögen, Zielstrebigkeit und dem eigenen Willen.

Tony Hawk im Laureus-Steckbrief

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