Die 7 Schritte zum Profi-Freestyler

Von SPOX
Camill Hauser (24) gehört zu den besten Freestylern Deutschlands
© camill hauser

Die Tricks sind abgefahren und surreal - dennoch kann es fast jeder zum Freestyler schaffen. Aber wie? Der deutsche Freestyle-Star Camill Hauser (24) plaudert aus seiner Vita, erzählt über seine Anfänge und gibt vor allem wichtige Tipps für jeden Nachwuchs-Trickser. Ein Tutorial in 7 Schritten.

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von Camill Hauser

1. Neugierde nachgeben

Das Wichtigste zu Beginn: Du musst mit Freestyle in Kontakt kommen. Auf welchem Weg ist eigentlich egal. Bei mir verlief es eher zufällig. Ich war 17 und fand die Sommerferien langweilig, weil viele Freude weg waren und meine Fußball-Mannschaft auch nicht trainiert hat. Deswegen bin ich alleine auf den Platz und habe Tricks versucht, die ich aus dem Fernsehen kannte. Den von Okocha zum Beispiel.

Aber weil ich die Tricks recht zügig erlernt habe, wurde es mir erneut langweilig und ich habe im Internet nach Inspiration gesucht - und bin dann bei den ersten Internet-Videos gelandet. Soufiane Touzani, Nelson de Kock: Das waren die Pioniere, von denen ich mir sehr viel abgeschaut habe. Sie haben damals Dinger gezeigt, von denen ich gar nicht dachte, dass so etwas möglich ist. Das hat mich ungemein motiviert.

Aktion: Du als Freestyler im Fernsehen!

2. Übung macht den Freestyle-Meister

Mit Touzanis und de Kocks Tricks konnte ich nicht anfangen, die waren natürlich zu schwierig. Deshalb habe ich mit den leichten Tricks begonnen - und gleich gemerkt, dass es gut klappt, was den Anreiz größer gemacht hat, noch weiter zu trainieren. Schritt für Schritt habe ich mich  an die komplexeren Kombinationen herangetraut.

Ich habe mir zuerst einen Trick im Internet angeschaut, dann bin ich ins Freie und habe sofort geübt. Manchmal habe ich auf dem Weg nach draußen die Bewegungsabläufe vergessen und musste wieder zurück - oder ich habe gleich in meinem Zimmer geübt. (lacht) Aber nur so funktioniert es. In der ersten Zeit habe ich so ein bis zwei Stunden trainiert, wenn ich einen freien Tag hatte. Das reichte, um die ersten Basics zu erlernen.

 

3. In das Freestyle-Millieu eintauchen

Recht früh wächst auch das Bedürfnis, sich mit anderen über Freestyle auszutauschen. In meinem Freundeskreis war ich der Einzige, der sich damit beschäftigt hat, deswegen blieb nur das Internet. Die bekanntesten Videos bei "Youtube" kannte ich schon zur Genüge, ich wollte aber ein Teil einer Community sein - und fand  "beyondfootball.com/forum".

Es hat vor sieben, acht Jahren bereits existiert und ist heute noch am wachsen. Damals war ich der einzige Deutsche, der im Forum aktiv war, und habe mich voll gefreut, wenn jemand aus Deutschland dazugestoßen ist. Über das Forum habe ich Freunde gefunden und endlich konnte ich über die Tricks und über die Videos diskutieren.

Mittlerweile ist das Forum so groß geworden, dass ich nicht mehr alle aus Deutschland kenne. Aber ich bin nach wie vor aktiv, weil es eine gute Anlaufstation ist, um zu fachsimpeln und sich über Tricks auszutauschen.

4. Das erste Tief überwinden

Bei jedem verläuft es verschieden, aber bei mir und wahrscheinlich bei vielen anderen kommt irgendwann ein Tief, wenn die Motivation nachlässt. Vor allem, wenn man einen Punkt erreicht, an dem man bei sich selbst keine Weiterentwicklung erkennt oder es einem partout nicht gelingt, einen Trick zu erlernen.

Bei mir kam das Tief relativ früh. Da dachte ich: "Ich lass alles sein." Aber dann muss man sich durchbeißen und das Training einfach eisern durchziehen. Bei mir kam nach einer Weile die Gewissheit zurück, dass ich doch jeden Trick beherrschen kann, solange ich ihn immer wieder versuche.

5. Freestyle und Privatleben

Ich hatte nie Probleme, das Freestyle-Training mit Freunden, Familie und Schule unter einen Hut zu kriegen. Auch die Abitur-Phase war okay. Erst mit dem Start meines Sozialwissenschaften-Studiums habe ich Probleme bekommen. Mittlerweile hatte ich das Trainingspensum auf vier bis sechs Stunden pro Tag erhöht, parallel dazu zu studieren war entsprechend schwierig.

Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, das Studium für ein Jahr auszusetzen, um mich voll auf den Freestyle konzentrieren zu können. Ich will mich in der Weltspitze festsetzen, deswegen brauche ich die hunderprozentige Fokussierung. Meine Eltern waren zunächst nicht wirklich begeistert, aber sie verstehen mich.

 

6. Mit Druck klarkommen

Meinen Wunsch, es in die Weltspitze zu schaffen, habe ich nie als Druck empfunden, eher als Motivation. Von mir hat ja keiner erwartet, dass ich es so weit schaffe, daher hatte ich auch keine Versagensängste. Aber vor einer Performance spielt Druck natürlich eine große Rolle. Jeder Freestyler wird über kurz oder lang damit konfrontiert. Ich weiß noch, wie supernervös ich vor dem ersten Auftritt war.

Aber damals habe ich es irgendwie durchgezogen und es hat geklappt. Seitdem habe ich kein Patentrezept gegen Nervosität, ich trinke auch kein Baldrian oder so etwas. Vielmehr hat mir die Einsicht geholfen, dass Nervosität einfach dazugehört, um Höchstleistungen zu erzielen. Zum Beispiel gelingen Leichtathleten häufig nur bei Großveranstaltungen Bestleistungen, weil sie im Training nicht das nötige Adrenalin ausschütten. So ziehe ich aus der Drucksituation vor einem Auftritt das Positive heraus.

7. Die nächste Evolutionsstufe

Als Anfänger versucht man erstmal, so viele Tricks wie möglich nachzumachen. Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, wenn die Basics erlernt sind und es einem nicht mehr ausreicht, etwas zu reproduzieren.

Dann versucht man sich an etwas Individuellem, indem man versucht, eigene Kombinationen zu entwickeln und verschiedene Einflüsse miteinander zu vermischen. Denn ab einem gewissen Niveau ist es unerlässlich, einen eigenen Stil zu entwickeln. Ganz wichtig ist dabei der Ausdruck.

Deswegen schaue ich mir viele Artisten und Künstler wie vom "Cirque du Soleil" an und versuche zu analysieren, wie sie es mit bestimmten Bewegungen schaffen, Emotionen auszudrücken. Außerdem lasse ich mich von Freestyle-Videos anderer Sportarten wie Basketball inspirieren. Das Entscheidende ist, nicht zu kopieren, sondern aus all den Einflüssen etwas Eigenes zusammenzumixen.

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