Überstunden für das Topspiel

Von Christian Kresse
Heinrich "S.o.k.o.L" Rennert wie er leibt und lebt - fast immer gut gelaunt
© fragster

Heinrich "Sokol" Rennert ist Warcraft-3-Spieler beim Kölner eSport-Verein n!faculty und einer der Publikumslieblinge in der ESL Pro Series (EPS). Für das Topspiel auf dem Intel Friday Night Game in Köln gegen Dennis "HasuObs" Schneider wird der Student trotz Zeitdruck und fehlender Trainingspartner noch einige Überstunden einlegen. SPOX sprach im Vorfeld mit dem 21-Jährigen über Druck, Favoriten und verrückte Fans.

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SPOX: Heinrich, am Freitag wirst Du in Köln auf dem IFNG gegen Dennis "HasuObs" Schneider antreten. Wie fühlst Du Dich wenige Tage vor dieser Partie?

Heinrich Rennert: Ein gewisse Anspannung ist bereits vorhanden. Vor allem, weil ein sehr hoher Druck auf mir lastet. Viele erwarten, dass ich das Spiel ohne Probleme gewinne. Ich glaube aber, dass es knapp wird, denn man findet im Moment kaum Trainingspartner und außerdem befinde ich mich gerade in einem kleinen Tief. Nach zwei Niederlagen in Folge muss aber wieder Leistung her - genau das macht mich nervös.

SPOX: Köln gilt als Hexenkessel, wenn es um Partien mit Beteiligung von n!faculty-Akteuren geht. Das liegt vor allem daran, dass viele der Vereinsmitglieder aus der Umgebung kommen. Wieviel Einfluss können die Fans und Zuschauer auf Deine Leistung nehmen?

Rennert: Ich finde es einfach sehr klasse, wenn so viele n!faculty-Leute dabei sind. Das gibt mir ein sehr gutes Gefühl und regt dazu an, besser zu spielen. Andererseits: Wenn man einen großen Fehler macht, gerät man schnell ins Schwitzen. Aber ich hoffe, dass mir das nicht passieren wird und ich mir blöde Fehler für weniger wichtige Partien aufhebe. Mein bisher letztes IFNG, das auch in Köln war, war ein unvergessliches Erlebnis für mich. Ich habe dort viele Leute getroffen, die ich nur aus dem Internet kannte und das gab mir die Motivation, gut aufzuspielen.

SPOX: Du hast Deine zwei Niederlagen bereits angesprochen: In Deinem letzten Spiel musstest Du Dich Eduard "VoShiX" Ebel geschlagen geben. Zuvor konnte er mit Marc "yAws" Förster und Tobias "ReiGn" Muth zwei Finalteilnehmer der letzten Saison schlagen. Hat er Chancen, diese Saison auf die Finals zu fahren?

Rennert: Da VoshiX in den letzten Wochen so viel trainiert hat wie mein Team-Kollege Reign in seinem ganzen Leben, hat er durchaus gute Chancen. Allerdings denke ich, dass ihn viele aufgrund seines schlechten Starts unterschätzt haben und deswegen verloren haben. Im Spiel gegen mich hat er wohl nur die richtige Rasse gespielt und gewartet, bis ich mich selber schlage. So kam es auch, weil ich einfach panische Angst vor dem Spiel der Nachtelfen habe. Ähnlich geht es da HasuObs mit den Orcs.

SPOX: Zeigt VoshiX einfach eine der EPS entsprechende Professionalität oder profitiert er nur vom Starcraft-2-Effekt?

Rennert: Er ist motiviert und hat viel Freizeit - was will man mehr als Warcraft-3-Spieler? Der Starcraft-2-Effekt, also das Fehlen guter Trainingspartner, betrifft allerdings jeden Spieler.

SPOX: Der Mangel an Trainingspartnern scheint sich auch auf die gesamte Tabellensituation auszuwirken. Nach sieben Spieltagen ist sie so ausgeglichen wie nie zuvor. Die ersten vier Plätze haben 15 Punkte, Platz fünf bis neun können zwölf Punkte verbuchen. Die auf den Relegationsplätzen liegenden Spieler haben gerade einmal sechs Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze. Ist diese Saison alles möglich?

Rennert: Das hängt davon ab, wie konstant die Akteure auf den vorderen Plätzen spielen werden. Wenn es wieder Patzer gibt, dann können auch Leute aus unteren Rängen schnell aufsteigen und um die Finals kämpfen. Ob die Saison genauso spannend wie die letzte sein wird, kann man erst später sagen. Nur der "Ewigfinalist" Xlord hat eine Sonderstellung, mal wieder...

SPOX: Klingt, als wärst Du enttäuscht ...

Rennert: Starcraft bereitet im Moment jedem Warcraft-3-Spieler große Probleme - egal, ob man es spielt oder nicht. Denn viele Leute spielen das neue Spiel und deswegen fallen vertrauenswürdige Trainingspartner aus. Und die europäische Elite - Grubby, Happy oder Thorzain - ist in Asien auf Turnieren und fällt als Trainingspartner ebenso weg. Die offene Rangliste ist leider mal wieder voll mit Hackern, was das Training dort kaum möglich macht. So bleibt einem nur die Trainingsmethode übrig, die XlorD meistens anwendet: Trainingsmatches über ein spezielles Programm gegen russische Spieler. Die ganzen EPS-Akteure befinden sich aber auf etwa dem gleichen Level - abgesehen von wenigen Ausnahmen nach oben und unten. Von daher könnte man sagen: Wenn es weitere Patzer der Favoriten geben wird, ist es durchaus möglich, dass es auch Leute auf die Finals schaffen, denen man es am Anfang der Saison nicht zugetraut hat.

SPOX: Kommen wir noch einmal zurück zur Partie gegen Hasu0bs: Orc ist auf dem Papier gegen Untote im Vorteil. Das spricht für Dich. Woran könnte ein Sieg deinerseits trotzdem scheitern?

Rennert: Ich denke, wenn meine Nerven unter dem Leistungsdruck leiden, könnte es sein, dass ich große Fehler mache und die Spiele verliere. Die Mindgames von HasuObs, die er schon seit einer Woche gegenüber mir betreibt, tragen auch einen kleinen Teil dazu bei. Aber ich will auf jeden Fall gewinnen, von daher werde ich mich konzentrieren und mich nicht ablenken lassen. Im Falle einer Niederlage werde ich das ganze Wochenende von meinem Team-Kollegen Toni "Dolorian" Bulitz gemobbt. Das will ich auf keinem Fall erleben. Aber wie gesagt: Sieg oder Niederlage ist neben Trainings- auch eine Kopfsache.

SPOX: Wie sehen diese "Mindgames" von HasuObs aus?

Rennert: Er stapelt gerne tief und versucht, meine Trainingsmoral zu beeinflussen. Doch ich weiß, dass man gegen ihn nur gut vorbereitet gewinnen kann.

SPOX: Lässt Du für eine gute Vorbereitung Starcraft 2 nun erst einmal ruhen?

Rennert: Starcraft 2 hat bei mir seit dem Semesterbeginn die niedrigste Priorität. Ich versuche, die restliche Freizeit ganz in Warcraft 3 zu stecken, was im Moment leider nicht ausreicht, um auf höchstem Niveau zu spielen. Aber für das IFNG werde ich einige Überstunden machen.

Der siebte EPS-Spieltag im Rückblick