US Open: Philipp Oswald - "Das ist Thomas Muster sicher relativ powidl"

Von Jens Huiber
Philipp Oswald freut sich offensichtlich auf den Davis Cup
© GEPA

Philipp Oswald ist ein paar Tage vor Doppel-Partner Max Mirnyi in das National Tennis Center in New York City gekommen. Beim Match von Dennis Novak gegen Lorenzo Giustino hat er seinen Davis-Cup-Kollegen lautstark unterstützt. Und sich danach Zeit für ein Gespräch mit tennisnet genommen.

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tennisnet: Herr Oswald, geht man als Routinier entspannter in ein Grand-Slam-Turnier?

Philipp Oswald: Nein, nein. Ein Grand-Slam-Turnier ist immer noch etwas Besonderes. Bin jetzt schon ein paar Jahre dabei, der Max schon 23 Jahre, glaube ich. Aber wir spielen Tennis für die großen Turniere. Hier gibt es die größte Tradition, hier kann man berühmt werden. Die Zielsetzung richtet sich immer nach den Grand Slams aus. Jetzt ist es für uns heuer nicht so gut gelaufen, aber eine Chance haben wir jetzt noch.

tennisnet: Mit Oliver Marach und Alexander Peya sind zwei Österreicher wohl beim ATP Finale in London dabei. Ist das auch noch ein Ziel von Ihnen und Max Mirnyi?

Oswald: Ich glaube, wir sind dafür schon ein bisserl zu weit weg. Weil für die Qualifikation müssten wir schon hier gewinnen. Das will ich zwar nicht ausschließen, aber realistisch gesehen haben wir keine allzu guten Chancen mehr. Wir haben leider in Wimbledon und in Paris in der ersten Runde verloren, das tut schon ein wenig weh.

"Auf Klizan war null Verlass"

tennisnet: Sie haben in Ihrer Karriere schon mit verschiedenen Partnern gespielt. Welche Eigenschaften sind für Sie wichtig?

Oswald: Guillermo Garcia-Lopez war ein Einzelspieler und für diesen Umstand ist es eigentlich sehr gut gelaufen. Guillermo war sehr loyal. Er hat natürlich nicht immer den vollen Kalender gespielt und gefühlt bei den kleinen Turnieren auch nicht immer alles gegeben, aber bei den großen und wichtigen Matches habe ich immer auf ihn zählen können. Auf Martin Klizan war dagegen null Verlass. Jetzt mit Max habe ich einen erfahrenen Doppelpartner, mit dem ich auch trainieren kann. Das ist eine andere Liga, was die Matchvorbereitung betrifft. Die Zeiten, in denen ich mit Einzelspielern antrete, die ist vorbei.

tennisnet: Was konkret wird denn von Ihnen und Max trainiert?

Oswald: Verschiedene Dinge, wo wir beide das Gefühl haben, da können wir noch etwas rausholen. In Winston Salem hat es auch wieder zwei, drei Sachen gegeben, wo wir gedacht haben, das war nicht ideal. Der Return beim Max etwa, oder bei mir ein paar Reflexsituationen am Netz. Also wir finden immer immer was, woran man feilen kann. Im Englischen sagt man "Oiling". Hier geht es erst am Mittwoch los, wir haben also noch zwei, drei Tage zum Trainieren.

"Maximaler Druck beim Davis Cup"

tennisnet: Spielen die Bedingungen im Doppel eine ebenso große Rolle wie im Einzel? Roger Federer hat angemerkt, dass es hier deutlich langsamer wäre als in Cincinnati.

Oswald: Auf alle Fälle. In Winston Salem haben wir die gleichen Bälle gehabt wie hier. Ein bisschen anders als im letzten Jahr, aber ich fand das nicht schlecht. Aber man muss es eh nehmen, wie man es bekommt.

tennisnet: Das nächste große Highlight für Sie wird nach den US Open der Davis Cup gegen Australien sein. Wie groß wird der Druck auf dem Heimteam in Graz sein?

Oswald: Maximaler Druck. Weil es ist eine Chance, auf die wir lange hingearbeitet haben. War natürlich sensationell, dass wir das Match in Russland noch gezogen und uns damit diese Chance erarbeitet haben. Australien ist eine erfahrene Davis-Cup-Nation. Die haben mit Lleyton Hewitt einen ganz fiesen Davis-Cup-Held dabei, der wohl wahrscheinlich im Doppel auflaufen wird. Damit rechnen wir zumindest. Ich habe noch nie vor so einer Kulisse zuhause gespielt, ich freue mich schon riesig.

"Ich würde mich über Thomas Muster in der Hall of Fame freuen"

tennisnet: Können Sie dem neuen Davis-Cup-Format etwas Positives abgewinnen? Die Kritik von Jürgen Melzer ist ja vernichtend ausgefallen.

Oswald: Ich habe das Gefühl, dass immer, wenn etwas verändert wird, zuerst einmal alle dagegen sind. Es ist für mich jetzt schwer abzuschätzen, wie es im neuen Format sein wird. Die besseren Spieler haben ja alle gesagt, dass sich etwas ändern muss. Die Punkte, die Jürgen angesprochen hat, sind natürlich schon schade, etwa dass man keine Heim- und Auswärtsmatches mehr hat. Und die Davis-Cup-Matches von Thomas Muster, die haben jeden von uns bewegt.

tennisnet: Gutes Stichwort. Thomas Muster steht, endlich, auf der Vorschlagsliste für die International Tennis Hall of Fame. Ist diese Ruhmeshalle unter den Spielern ein großes Thema?

Oswald: Bei uns in Europa ist es nicht so populär wie in den Staaten. Und ich glaube, dass es dem Thomas relativ powidl ist, ob er da jetzt drinnen ist oder nicht. Aber es ist natürlich ein Wahnsinn, dass Spieler wie ein Michael Chang, der nie die Nummer eins war, schon in der Hall of Fame sind und Thomas Muster nicht. Ich würde mich freuen, wenn er aufgenommen würde. Weil verdient hat er sich das ganz sicher.

"Die Bryans sprechen sich nicht einmal ab"

tennisnet: Bei den Bryan-Brüdern wird es da keinen Zweifel geben. Ist es für Sie als Doppelspieler auf der Tour eigentlich überraschend gekommen, dass Mike Bryan ohne seinen Bruder Bob so erfolgreich ist - und sogar Wimbledon mit Jack Sock gewinnt?

Oswald: Das ist außergewöhnlich. Was die Bryans ausmacht ist, dass sie sich blind verstehen. Wenn man gegen die retourniert, da steht der eine drei Sekunden nach dem Punkt schon wieder bereit. Die sprechen sich nicht einmal ab, die wissen automatisch, was sie machen. Darum habe ich immer das Gefühl gehabt, dass, wenn einer einmal aufhört, der andere keinen Erfolg haben wird. Aber Jack Sock ist ein außergewöhnlicher Spieler. Wahrscheinlich der beste Einzelspieler für das Doppel.

tennisnet: Warum das?

Oswald: Er ist mega-talentiert. Sehr guter Big-Point-Player. Im Einzel hat man manchmal den Eindruck, er hätte eine mentale Schwäche. Das fällt im Doppel weg. Da ist er von Haus aus entspannter. Ist natürlich sensationell, dass Sock jetzt schon zweimal Wimbledon gewonnen hat. Wobei man sagen muss, dass es nicht das ganze Turnier über so ausgesehen hat, als ob die beiden gewinnen könnten. In der dritten Runde haben sie Matchbälle abgewehrt. Aber als es um die Wurst gegangen ist, waren sie da. Weil sie eben beide Champions sind.

Das Gespräch in New York führte Jens Huiber

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