Jürgen Melzer schrammt trotz Blitzstarts am Viertelfinale vorbei

Österreichs Allzeit-Größe scheitert beim ATP-Heimturnier in der Wiener Stadthalle im Achtelfinale.

von Manuel Wachta
zuletzt bearbeitet: 27.10.2016, 00:00 Uhr

Jürgen Melzer

"Das ganze Comeback habe ich mir genau wegen solchen Situationen angetan", hatte er nach dem Einzug ins Achtelfinale bekannt. Und die Unbekümmertheit, Lockerheit und Gewissheit, niemand mehr etwas beweisen zu müssen, ist Jürgen Melzer, bei seiner Rückkehr nach seiner Schulter-OP im November 2015, bei den Erste Bank Open 500 in der Wiener Stadthalle auch am Donnerstag lange Zeit anzumerken gewesen. Der 35-Jährige hat jedoch beim ATP-World-Tour-500-Hartplatz-Heimturnier letztlich trotzdem den Sprung ins Viertelfinale verpasst. Der Niederösterreicher (ATP 417) musste sich vor über 7000 Zuschauern auf dem Centre Court in einem Linkshänder-Duell dem 28-jährigen Spanier Albert Ramos-Vinolas (ATP 26) nach 110 Minuten Spielzeit mit 6:3, 4:6, 0:6 beugen. Hiermit ist Dominic Thiemnunmehr die letzte rot-weiß-rote Hoffnung im Einzel. Der drittgesetzte, 23-jährige Niederösterreicher (ATP 9) spielt anschließend gegen den Serben Viktor Troicki (ATP 28) um den Platz unter den letzten Acht.

Mit Satz und 2 Mal mit Break geführt

Melzer hatte den bis dato einzigen Vergleich mit Ramos-Vinolas im Miami-Achtelfinale 2013 mit 2:6, 6:3, 6:3 gewonnen. Und zunächst schien der Ex-Weltranglisten-Achte auf dem besten Weg, im Head-to-head auf 2:0 zu stellen und knüpfte nahtlos an die beeindruckende Leistung beim 6:3,-7:5-Auftaktsieg gegen den spanischen Weltranglisten-14. Roberto Bautista Agut an. Der Deutsch-Wagramer hatte den Ball gut auf dem Schläger, verteilte geschickt, streute starke Winkelbälle ein und hatte die bessere Länge in seinen Schlägen - und beging weitaus weniger unforced errors als Ramos-Vinolas, der vor allem mit einigen Schlagfehlern von der Vorhand mächtig dazu beitrug, dass Melzer gleich auf 4:0 davoneilte. Das Doppelbreak musste er zwar sofort wieder abgeben, die immer noch vorhandene Führung brachte er aber ins Trockene. Als er auch im zweiten Satz 2:0 und (nach drei vergebenen Chancen bei 2:2) 4:3 mit einem Break voran lag, sah's nach einem glatten Zwei-Satz-Sieg des Wien-Siegers von 2009 und 2010 aus.

Mit einem siebten Viertelfinale bei seinem schon 15. Start in der Stadthalle sollte es allerdings nichts werden. Weil Melzer danach immer mehr streute, Ramos-Vinolas die nötige Länge und seinen Rhythmus fand und die Geschenke weitestgehend abstellte, und so musste Melzer nach dem Rebreak zum 4:4 sein Service nach einem 40:30 auch zum Satzausgleich abgeben. In der Entscheidung lief darauf alles gegen den fünffachen ATP-Titelgewinner: Ein 40:0 bei 0:1 war genauso zu wenig wie drei Rebreakbälle bei 0:2 und ein 30:0 bei 0:3. Ein Ehrengame war ihm schließlich nicht mehr vergönnt, durch einen Rückhand-Cross-Winner fixierte Ramos-Vinolas seinen Sieg. Während sich der Iberer jetzt auf ein Duell mit dem sechsgesetzten Franzosen Jo-Wilfried Tsonga (ATP 15), der Philipp Kohlschreiber (ATP 33) - nachdem der Deutsche 3:1, 4:2, 5:3 und 5:4, 30:0 geführt sowie im Tiebreak einen Satzball gehabt hatte - mit 7:6 (6), 6:2 eliminierte, freuen darf, muss sich Melzer mit 45 ATP-Punkten begnügen. Trotzdem macht er mit diesen immerhin einen kräftigen Sprung auf eine Position um 330 in der Weltrangliste.

Partie "komplett aus der Hand geglitten"

"Ich habe gut angefangen, habe eigentlich sehr, sehr gut gespielt - und mir ist das Match dann eigentlich Ende zweiter Satz gleich komplett aus der Hand geglitten. Ich hatte natürlich meine Chancen, war im zweiten zwei Mal mit einem Break vorne. Man merkt aber auch, dass er sich nicht einfach so kampflos geschlagen gibt, sondern man das gewinnen muss, und das habe ich nicht geschafft", ärgerte sich Melzer beim Interview auf "ORF SPORT+". "Ich habe am Ende des zweiten Satzes zu viele dumme Fehler gemacht, und das rächt sich dann natürlich." Dabei sei er jedoch weniger mit den Kräften schon am Anschlag gewesen ("Vielleicht ein bisschen") - "ich habe einfach bei 4:3 und eigentlich auch schon vorher im Satz angefangen, mehr Fehler zu machen, da sind mir die Bälle ein bisschen mehr abgehauen, und es kam natürlich auch ein bisschen die Anspannung dazu."

von Manuel Wachta

Donnerstag
27.10.2016, 00:00 Uhr