Dr. Ivo serviert die #NextGen aus der Wiener Stadthalle

Youngster Karen Khachanov vergibt gegen Ivo Karlovic beim 7:6 (5), 6:7 (5) und 3:6 Chancen zum Sieg.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 28.10.2016, 00:00 Uhr

VIENNA,AUSTRIA,28.OCT.16 - TENNIS - ATP World Tour, Erste Bank Open. Image shows Ivo Karlovic (CRO). Photo: GEPA pictures/ Walter Luger

Die Menschen müssen sich erst finden, so früh am Freitagnachmittag. Die Tore der Wiener Stadthalle werden erst 30 Minuten vor Spielbeginn geöffnet, im Zweifel werden die Essensstände schon jetzt aufgesucht, später am Tag herrscht dort großes Gedränge, der Wiener bevorzugt dem Klischee nach das Gemütliche. Es sind also nicht viele Augenpaare, die sich von Beginn an das Generationenduell auf dem Center Court geben: Ivo Karlovic, die "Croatian Sensation", wie ihn der Hallensprecher ankündigt, misst sich mit Karen Khachanov, von dem man viel hört und dennoch wenig weiß.

Der Modus Operandi von "Dr. Ivo" ist hinlänglich bekannt, der älteste Spieler im Feld lebt und stirbt in sportlicher Hinsicht mit seinem Aufschlag, in der laufenden Kampagne 2016 lebt er ganz gut davon. Der Rasen in Newport ist Karlovic naturgemäß entgegen gekommen, der Titelgewinn im Schatten der International Tennis Hall of Fame war der siebte und vorletzte im Verlauf der Karriere des 37-Jährigen, beim Event in Los Cabos ist noch einer dazu gekommen. 17 Jahre hat Kachanov Zeit, um in dieser Bilanz mit Karlovic gleichzuziehen, es bräuchte sieben Turniersiege. Der erste und einzige liegt nur wenige Wochen zurück, der Russe hat sich in Chengdu gegen Albert Ramos-Vinolas in den ATP-Siegerlisten verewigt.

Der gute, alte Volley

Khachanov ist eine der tragenden Säulen der #NextGen-Truppe der ATP, namhafte Sponsoren haben dies erkannt und mit mittel- bis langfristigen Verträgen gewürdigt. Mit 1,98 Meter bringt der 20-Jährige exakt dieselben Höhenvorteile mit wie Alexander Zverev, die deutsche Nummer eins. Im Gegensatz zu Zverev setzt Khachanov andere athletische Prioritäten, Turnierfavorit Andy Murray hat schon vor Turnierbeginn angemerkt, dass der Russe körperlich unheimlich stark sei. Murray hat in Wien mit Khachanov trainiert, Dominic Thiem ebenso, neben anderen. Einen Aufschläger wie Karlovic kann indes niemand imitieren, Khachanov versucht sich eben selbst daran, prügelt sein Service ebenso humorlos ins Feld wie der Veteran.

Karlovic genießt in der Stadthalle womöglich mehr Sympathien, in jedem Fall die lautstärkeren. Die gute, alte kroatische Tennisschule sieht für Männer mit Gardemaß 2,11 Meter den klassischen Volley vor, Ivo Karlovic beherrscht diesen mühelos, auch zu jenen wenigen Anlässen, an denen Khachanovs Returns nicht aus der Not geboren sind. Khachanov entspringt mehr der Durchschwung-auf-alles-was-sich-bewegt-Generation, die Erfolge am Netz sind für beide Spieler in der Quote gleich verteilt, absolut gesehen entscheidet Karlovic die Flugball-Statistik klar für sich.

Ein Break im gesamten Match

Gegen Ende des ersten Satzes füllt sich die Halle, eine gute halbe Stunde haben Khachanov und Karlovic spielerische Unfreundlichkeiten ausgetauscht, emotional sind keine zu vermelden. Beim letzten Seitenwechsel vor dem Tiebreak erlaubt sich der Hallen-DJ, die Spieler mit "Supergirl" zurück auf den Platz zu schicken, Khachanov hat nicht genau hingehört, eröffnet sein Aufschlagspiel mit einem Ass. Die Kurzentscheidung verläuft quasi ereignislos, Khachanov holt sich den zwölften Punkt, den ersten als Rückschläger.

Im zweiten Satz darf Khachanov am Sieg schnuppern, den Matchball des Russen wehrt Karlovic mit einem formidablen Aufschlag ab. Dass der Satz trotz 3:5-Rückstand im Tiebreak an den Kroaten geht, es ficht seinen Gegner zu Beginn der Entscheidungssequenz sehr wohl an. Ein Break im gesamten Match, Ivo Karlovic gelingt es zum 2:0. Der Aufschlag lebt, mithin lebt der Kroate, zumindest bis zum morgigen Halbfinale.

von Jens Huiber

Freitag
28.10.2016, 00:00 Uhr