tennisnet.com Kolumne

Leise Favoriten und ein unwahrscheinlicher Lokalfavorit

Kevin Anderson und David Ferrer zeigen sich abseits des Courts beinahe schüchtern, Ernests Gulbis bestens gelaunt.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 23.10.2015, 20:36 Uhr

Von Jens Huiber aus der Wiener Stadthalle

Es mag an der defensiven Sitzhaltung liegen, die David Ferrer nach seinem Sieg gegenGuillermo Garcia-Lopezeinnimmt, aber der rechte Oberarm des Spaniers wirkt im Kontrast zu seinen eigentümlich schmalen Schultern in diesem Moment doppelt beeindruckend. Es ist natürlich nicht die erste Pressekonferenz, die Ferrer bestreitet, auch nicht in Wien, wo er ein Finale aus dem Vorjahr zu verteidigen hat, nach der Beförderung in die 500er-Kategorie würde schon der Halbfinal-Einzug zum gleichen Punktegewinn führen. Englisch ist auch bestenfalls die zweite Sprache des vierfachen Turniersiegers 2015, spannend wäre zu erfahren, ob Ferrer bei Veranstaltungen in Spanien tiefer ins Nähkästchen greift. Jene in seiner Heimatstadt Valencia ist ausgefallen, des Geldes wegen, kein Vorwurf an Wien.

Ernests Gulbis hat im Gegensatz dazu nichts Defensives an sich, weder auf dem Platz noch beim Gespräch mit dem mittlerweile beinahe exklusiv heimischen Pressechor. Für den Letten ist es ein Heimspiel, er trainiert seit ein paar Monaten wieder mit Günter Bresnik, die Versöhnung zwischen den beiden ist ausgefallen – man war ja nicht im Streit geschieden. Ein kurzer Anruf, morgen sei er wieder in Wien, und bitte. Gulbis gibt so etwas wie den Lokalmatador, die Sympathien im Spiel gegenIvo Karlovicwaren in der Halle eindeutig verteilt, die Chancen auf einen Turniersieg stehen nicht schlecht, das erreichte Halbfinale garantiert zumindest ein wenig Spielraum für die direkte Qualifikation für die Australian Open.

Öfter Verlierer als Gewinner

Kevin Anderson muss sich darüber keine Sorgen machen, sein Tennisjahr 2015 ist bestens verlaufen. Vor wenigen Tagen durfte er sich im Kreis der zehn besten Tennisspieler der Welt aufhalten, mit einem Turniererfolg in Wien hätte der Südafrikaner gar wieder auf den besten zweistelligen Tabellenplatz in der ATP-Weltrangliste vorrücken können. Andersons Spielweise zeichnet sich durch absolute Humorfreiheit aus, ihn auf seinen Aufschlag zu reduzieren, wäre so unfair wie falsch. Die kleine Chance, als Fixstarter zu den ATP World Tour Finals nach London zu fahren, schätzte er genau als solche ein, auch Kevin Anderson fühlt sich auf dem Court wohler als vor der Presse.

Die Zeit an der University of Illinois scheint eine sehr prägende für Anderson gewesen zu sein, bei den US Open erfuhr er als Alumnus lautstarke Unterstützung. Einmal im Jahr schaffe er es, seine Alma Mater zu besuchen, der Kalender der Tennisprofis ist gut gefüllt. Zumal bei jemandem wie Anderson, der oft bis in die entscheidende Phase der Turniere aufschlagen darf. Dass der gemeine Tennisprofi, so er nicht Novak Djokovic heißt, im Regelfall ohne den Pokal nach Hause fährt,darüber hat Kevin Andersons Frau einen vielbeachteten Blog geschrieben. Der Ehemann hat es gelesen. Und für gut befunden.

Hier die Ergebnisse aus Wien:Einzel,Doppel,Einzel-Qualifikation,Doppel-Qualifikation.

Hier der Spielplan.

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Freitag
23.10.2015, 20:36 Uhr