Neo-Präsident Robert Groß exklusiv – „In drei Monaten rennt vieles perfekt“

ÖTV-Präsident Robert Groß hat nun sein erstes Interview gegenüber tennisnet.com in seinem neuen Amt gegeben.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 06.03.2015, 10:20 Uhr

Am letzten Sonntag, dem 1. März 2015, ist Robert Groß bei der ÖTV-Generalversammlung in Lutzmannsburg zum neuen Verbandspräsidenten für die nächsten drei Jahre gewählt worden.Der Oberösterreicher gab nun sein erstes Interview gegenüber tennisnet.com in seinem neuen Amt und verriet dabei, warum die Wahl auf ihn gefallen sei, wie viel Rückendeckung er habe, was seine Motivation ist und wie seine ersten Pläne aussehen. Und warum er den von seinem Präsidentschaftsvorgänger, Ronnie Leitgeb, hinterlassenen Scherbenhaufen gar nicht mal als so groß empfindet. Hier der erste Teil des Interviews mit Robert Groß – Fortsetzung folgt!

Gratulation zur Wahl zum neuen ÖTV-Präsidenten, Herr Groß! Bis wenige Wochen vor der Abstimmung soll man sich im Länderkuratorium ziemlich uneins gewesen sein, Ihre Kandidatur zu unterstützen. Wie erleichtert sind Sie über den Wahlausgang?

Danke. Natürlich ist darüber diskutiert worden, ob es ideal ist, dass ein Landespräsident neuer ÖTV-Präsident wird. Aber da ich bereits lange 17 Jahre als solcher tätig gewesen bin, glaube ich, dass es gut ist, dass ein Insider dieses Amt übernimmt.

Es soll bei der Wahl dann auch Enthaltungen gegeben haben. Wie viele waren das? Und wie viel Rückendeckung glauben Sie intern zu besitzen?

Es hat nur eine Enthaltung gegeben, und das war die Steiermark, weil sich Landespräsidentin Barbara Muhr ja selbst beworben hatte. Es ist von ihr eine duale Führung mit dem Salzburger Tennisverband geplant gewesen, dieser Vorschlag ist jedoch abgelehnt worden. Da ich für die Wahl zum Präsidenten aufgestellt worden bin, erwarte ich mir schon eine Rückendeckung. Es haben alle zugesagt, mich in meiner Arbeit unterstützen zu wollen. In der weiteren Folge wird es davon abhängen, was man bewegt. Wenn man untätig ist und nichts weiterbringt, wird man Probleme kriegen. Aber das ist überall so, in jeder Branche und in jedem Job.

Warum, denken Sie, ist die Entscheidung in der Frage der Nachfolge von Ex-Präsident Ronnie Leitgeb auf Sie gefallen?

Weil man von mir erwartet, Änderungen herbeizuführen. Und weil ich keine Eigeninteressen verfolge. Ich entspringe schließlich weder dem Bresnik-Lager, noch einem anderen Lager im österreichischen Tennis.

Sehen Sie sich als Idealbesetzung für dieses Amt?

Es wäre Überheblichkeit, das zu sagen. Nach drei Jahren wird abgerechnet.

Welche Vorzüge bringen Sie denn mit?

Ich bin sehr konsequent. Ich habe von der Materie Ahnung. Und wenn ich etwas unbedingt will, dann setze ich das auch durch.

In der aktuellen Ausgabe der „SportWoche“ wurde von Redakteur Thomas Haider eine Bilanz über die Ära Ronnie Leitgeb gezogen (auch auf tennisnet.com zu lesen), die ganz deutlich darlegt: Hinter dem ÖTV liegen drei Jahre fast völliger Stillstand. Für wie groß befinden Sie den Scherbenhaufen, den Sie zu übernehmen haben?

Ich finde ihn nicht so extrem. Das ist meine Meinung dazu. Ronnie Leitgeb hat versucht, auch ein paar Dinge umzusetzen, die von vornherein sehr schwer waren und bei denen er sich wohl dachte, dass das leichter gehen würde. So wie das in dem Artikel dargestellt wird, dürften das wohl Feinde von Ronnie sehen, die sich da weit hinauslehnen. Wenn es darum geht, konkrete Vorschläge zur Verbesserung einzubringen, ist von diesen Leuten wahrscheinlich nicht so viel gekommen. Im Nachhinein und in der Opposition ist es dann recht leicht, über Dinge schlecht zu reden, wenn man selbst keine Verantwortung zu übernehmen hat. Ich fand den Artikel sehr unter der Gürtellinie.

Aber ist es denn nicht eine Tatsache, dass aus fast allen im Artikel erwähnten Visionen Leitgebs unterm Strich nichts geworden ist?

Man muss sich immer die Frage stellen, warum aus manchen Dingen nichts geworden ist. Die meisten Entscheidungen sind ja letztendlich doch im Präsidium und in den Gremien gefallen und nicht etwa von Ronnie alleine getroffen worden. Es wurden in diesem Bericht viele Dinge vermischt. Es gibt immer zwei Wahrheiten. Es werden in den Medien stets die negativen Dinge besonders gerne hervorgehoben, weil diese die Leser mehr interessieren. Natürlich wäre es besser, wenn mehr Top-100-Spieler aus Österreich kommen würden und wir im Damenbereich besser reüssiert hätten. Aber das liegt nicht an der Arbeit der letzten drei Jahre.

Dann sprechen wir doch über die positiven Dinge! Welche Reformen wurden denn ihrer Meinung nach umgesetzt?

Ich bin nicht dafür da, um die Arbeit des letzten ÖTV-Präsidenten zu beurteilen. Was jetzt am Ende umgesetzt wurde und was nicht, darüber können sich Herr Leitgeb und Herr Haider gern näher unterhalten. Ich blicke nicht darauf zurück, was in der Vergangenheit so passiert ist. Ich konzentriere mich auf meine Aufgaben und die Zukunft des österreichischen Tennis.

Wenn der Scherbenhaufen, den Sie zu übernehmen haben, Ihrer Meinung nach also gar nicht so groß ist, wie lange wird dann die Aufarbeitung von diesem benötigen?

In drei Monaten rennt vieles perfekt.

Wir nehmen Sie beim Wort. Warum tun Sie sich diesen – zweifelsohne sehr schwierigen – Job eigentlich an? Was ist Ihre Motivation?

Das ist leicht erklärt. Meine Motivation ist jene, dass ich etwas verändern kann. Ich will etwas weiterbringen! Das muss uns gemeinsam, im Sinne des österreichischen Tennis, gelingen. Ich bin ein absoluter Teamplayer. Ich scheue mich aber auch nicht davor, Entscheidungen – wenn nötig – alleine zu treffen und dann durchzuziehen. Die meisten glauben ja, dass ein Mann aus der Wirtschaft oder mit dem Geldkoffer der Präsident werden sollte. Viele aus der Wirtschaft, die man sich vorstellen hätte können, und das sage ich ganz offen, haben diesen Job allerdings abgelehnt. Ich bin überzeugt, dass es gut ist, dass mit mir nun ein Insider Präsident geworden ist, der sich nicht nur auf Einsager verlassen muss.

Wie ist Ihre Beziehung zu Ronnie Leitgeb? Und wie ist die Amtsübergabe verlaufen?

Meine Beziehung zu Ronnie Leitgeb ist sehr gut. Die Amtsübergabe ist harmonisch verlaufen. Im Vorfeld gibt es bei solchen Dingen ja immer wieder Probleme, weil es eben verschiedene Strömungen im österreichischen Tennis gibt. Ich habe aber keinerlei Schwierigkeiten gehabt, vielleicht auch, weil ich das Amt nicht angestrebt hatte. Es hat sich so ergeben.

Am Unterfangen, in den recht starren Verbandsstrukturen etwas zu ändern, sind schon viele gescheitert. Warum soll sich unter Ihnen etwas ändern?

Alle glauben, dass die Strukturen so starr sind. Das ist überhaupt nicht der Fall. Natürlich sind die Länder daran interessiert, dass ihre Eigeninteressen gewahrt bleiben, sie zahlen ja auch ein Viertel des ÖTV-Budgets in Form von Mitgliedsbeiträgen. Dann erwartet man sich halt auch, bei Entscheidungen ein Wort mitreden zu können.

Wofür stehen Sie denn?

Dafür, sich auf die Kernaufgaben des ÖTVs zu konzentrieren. Es gilt, eine schlanke Struktur und schnelle Entscheidungswege zu schaffen, die Davis-Cup- und Fed-Cup-Teams dorthin zu bringen, wo wir hingehören. Wir machen uns aber auch oft schlechter, als wir sind. Wir haben bei den Herren zurzeit drei Top-100-Spieler und besonders im Doppel zahlreiche Weltklasse-Spieler. Wir leben viel zu viel in der Vergangenheit. Wir haben eine Nummer eins gehabt, das darf man niemals vergessen, und das war sicher ein sehr großer Verdienst von Ronnie Leitgeb und des Engagements vonThomas Muster. Aber das ist Vergangenheit. Wir müssen dringend schauen, dass wir mehr Masse an Jugendlichen produzieren – dann werden auch wieder mehr Spitzenspieler kommen. Wenn es speziell in der Tennisschule von Günter Bresnik und in der Südstadt gut weiterläuft, dann wird uns das auch gelingen. Wir haben die klare Aufgabe, den Jugendlichen im Lande in ihrer Entwicklung zu helfen – ob im nationalen Leistungszentrum Südstadt oder bei ihren Trainern, egal wo. Die Spieler brauchen entsprechende Unterstützung. Dass diese gestrichen wurde, das hat teils großes Unverständnis hervorgerufen. Ich kann aber versprechen: Wir werden die Unterstützung sicher wieder in die richtigen Bahnen leiten.

Das heißt, es wird wieder eine externe Förderung geben, die ebenso nicht beim Verband trainierende Spieler unterstützen soll?

Selbstverständlich, das ist für mich ganz logisch. Die Entscheidung ist im Präsidium gefallen, da sind die Länder oft gar nicht gefragt worden. Auch einer so großen Hoffnung wieBarbara Haasbei uns in Oberösterreich ist ja die Unterstützung gestrichen worden. Sie wird natürlich nicht zuMichiel Schapersin die Südstadt gehen, wenn sie jemanden wie Jürgen Waber vor Ort hat. Das wäre recht sinnarm. Dennoch gilt es, ihr als nicht-verbandsinterner Spielerin zu helfen.

Wie sehen Ihre ersten Vorhaben nun aus?

Zunächst hoffentlich beim Davis Cup in Schweden zu gewinnen.

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

Steckbrief von ÖTV-Präsident Robert Groß

Geboren:am 12. Dezember 1947 in Steyr

Wohnort:Mauthausen

Familienstand:verheiratet; ein Sohn und eine Tochter, beide studiert

Beruflicher Werdegang:Vorstandsdirektor der Sparkasse Mauthausen-Grein, ab 1991 Landesdirektor der Erste Bank Oberösterreich und Niederösterreich, ab 1999 Bereichsleiter der Sparkasse Oberösterreich, seit zwei Jahren pensioniert

Hobbys:Tennis, Fußball, Fliegenfischen, Golf

von tennisnet.com

Freitag
06.03.2015, 10:20 Uhr