„Es kümmert mich nicht sehr, was sich andere so von mir erwarten“

Barbara Haas stellt im tennisnet.com-Interview klar: „Ich spiele für mich selbst und für niemand anderen.“

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 16.10.2014, 18:54 Uhr

Von zwei Viertelfinals bei 10.000-Dollar-Turnieren in Sharm El-Sheikh war Barbara Haas zu spät zurückgekehrt, um bei den Generali Ladies in Linz in der Einzel-Qualifikation zu starten.Nur ein Start im Doppel ging sich für die 18-Jährige beim WTA-International-Event aus – der trotz tollem Auftritt bitter endete.tennisnet.com bat die junge Oberösterreicherin, die einst als die ganz große österreichische Nachwuchshoffnung galt, letzte Woche am Rande des Turniers zum exklusiven Interview, im Beisein von Trainer Jürgen Waber.

Babsi, auch wenn es nur im Doppel war: Wie hat es sich so angefühlt, mal wieder WTA-Luft zu schnuppern?

Sehr gut natürlich. Das war mein zweites Mal in diesem Jahr nach Bad Gastein, und das ist immer ein besonderes Erlebnis.

So knapp wie diesmal warst du an einem Sieg noch nie dran,Patricia Mayr-Achleitnerund du habt zwei Matchbälle vergeben. Auch wenn es bitter war: Muss man es als ein positives Signal sehen, dass du auf dieser Ebene inzwischen so gut mithalten kannst?

Auf jeden Fall. Es hat viel Spaß gemacht, gemeinsam mit Patricia zu spielen. Es ist natürlich sehr schade, dass es mit dem Sieg so knapp nicht geklappt hat. Aber ich habe davor eigentlich gar nicht damit gerechnet, dass es so gut laufen würde. Also von dem her sehe ich das Match sehr positiv.

Du hast (wie berichtet) von Ende April bis Dezember 2013 über sieben Monate lang kein Turnier spielen können. Wie sehr hat dich diese lange Pause zurückgeworfen?

Letztendlich hat sie mich nur nach vorne gebracht. Ich habe zunächst drei Monate lang wegen einer hartnäckigen Augeninfektion aussetzen müssen. In der Zeit habe ich auch mein Umfeld verändert und bin von Wien nach Linz gezogen(zudem beendete Manager Raimund Stefanits im Februar 2014 die Zusammenarbeit; Anmerkung). Ich habe mich dadurch auch persönlich weiterentwickelt und bin glücklich, wie sich alles entwickelt hat. Seither geht es nur aufwärts.

So sehr, dass du den durch die Pause bedingten Rückfall nicht nur weggesteckt hast, sondern nun erstmals unter den Top 400 stehst.

Ja, und das freut mich sehr. Aber ich gebe mich damit nicht zufrieden, ich will noch viel mehr erreichen. Und ich weiß, dass ich dafür weiter hart arbeiten muss.

Du trainierst nun seit mehr als 13 Monaten bei ÖsterreichsEx-Fed-Cup-KapitänJürgen Waber. Wie viel Anteil hat er an deinem Erfolg?

Einen großen! So wie auchSybille Bammer. Es gibt wohl kaum wen in Österreich, der mehr Ahnung vom Damentennis hat, als die beiden. Ich fühle mich in meinem Umfeld hier wirklich ungemein wohl und bestens aufgehoben.

Was hat dich sonst überzeugt, zu Jürgen zu gehen? Was macht ihn als Trainer aus?

Jürgen ist ein wahrer Perfektionist. Wenn etwas nicht stimmt, dann wird so lange gearbeitet bis es passt. Er ist ein ganz großer Technikexperte.(lacht in Wabers Richtung)Wir haben in diesem Bereich bereits viel gearbeitet, aber es gibt noch viel zu verbessern. Abgesehen vom Fachlichen passt es auf persönlicher Ebene einfach super. Ich kann sehr viel von ihm lernen, auch abseits des Tennisplatzes. Er ist für mich menschlich und charakterlich ein Vorbild. Die Zusammenarbeit ist extrem angenehm und läuft hervorragend, wir verstehen uns super.

Wie sehr kannst du von Sybille Bammers Erfahrung profitieren?

Sehr viel. Sie hat auf der WTA-Tour so viel erlebt wie kaum eine andere Österreicherin. Wir arbeiten sehr eng zusammen und stehen oft miteinander auf dem Platz. Am Dienstag, gleich nach dem Aus im Doppel, habe ich um 8:00 Uhr in der Früh schon wieder mit ihr trainiert.

Sybille ist eine der klar erfolgreichsten österreichischen Tennisspielerinnen geworden. Trotz deines jungen Alters hast du ihre Karriere noch erleben dürfen. Wie sehr ist sie für dich persönlich ein Vorbild geworden?

Ich hatte bereits vor einigen Jahren die Ehre, mit ihr mal zu spielen, als sie noch als Profi auf der WTA-Tour unterwegs war. Schon damals habe ich zu ihr aufgeschaut, sie ist für mich in der Tat ein großes Vorbild geworden. Von ihrer Einstellung und ihrem Ehrgeiz kann man sich eine Menge abschauen. Es ist beeindruckend, was sie aus ihrer Karriere, vor allem nach ihrer Mutterschaft, herausgeholt hat.

Wie sieht bei dir die weitere Marschroute aus?

Ich bin am Sonntag zu ITF-Turnieren nach Griechenland geflogen(in Heraklion auf der Insel Kreta; Anmerkung). Gegen Jahresende werde ich wohl noch nach Indien aufbrechen. Generell möchte ich ab 2015 keine 10.000-US-Dollar-Turniere mehr spielen, sondern nur noch welche ab 25.000 US-Dollar Dotation, um mehr Matches auf hohem Niveau zu bekommen.

Wie bei den Herren ist auch bei den Damen das Durchschnittsalter in den Top 100 doch angestiegen. Die wenigsten Spielerinnen schaffen noch als Teenagerin den Durchbruch dorthin. Auf welchem Weg in diese Richtung siehst du dich?

Jetzt wieder auf einem sehr guten. Ich denke, dass ich unter Jürgen und Sybille hervorragende Voraussetzungen habe, den Durchbruch zu schaffen. Das ist mein großes Ziel, und dafür gebe ich alles. Ich finde, ich habe mich in der letzten Zeit sehr stetig und kontinuierlich entwickelt. Ich habe das Gefühl, es geht was weiter.

WasDominic Thiembei den Burschen war, warst du bei den Mädchen: Um dich hat in sehr jungem Alter schon ein kleiner Hype geherrscht, du warst Österreichs ganz große Hoffnung. Wie viele Sorgen machst du dir denn, ob du all die hohen Erwartungen noch erfüllen wirst können?

Ich muss ehrlich sagen, es kümmert mich nicht sehr, was sich andere so von mir erwarten. Ich setze mir nur meine eigenen Ziele, und die will ich erreichen und verfolge ich konsequent. Ob dann das dabei rauskommt, was sich andere erhoffen, das weiß ich nicht und ist für mich auch nicht wichtig. Ich spiele für mich selbst und für niemand anderen.

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

von tennisnet.com

Donnerstag
16.10.2014, 18:54 Uhr