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"Bin keiner, der große Statistiken macht"

Von APA
Jakob Pöltl kann derzeit auf 36 Einsätze in der NBA zurückblicken
© getty

Der Wiener Jakob Pöltl kämpft in seiner Rookie-Saison in der NBA um Spielminuten. Im Interview spricht er über das Leben als Rookie, fehlende Einsatzzeit und verrät welche Dinge er sich von Top-Spielern abschauen kann.

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Es ist ein zweischneidiges Schwert. Österreichs erster NBA-Legionär Jakob Pöltl ist mit den Toronto Raptors bei einem Topteam engagiert. Umso schwieriger ist es für den 21-jährigen Wiener, sich in seiner ersten Saison Spielminuten zu erarbeiten. Gleichzeitig profitiert er von der Qualität, die rund um ihn herrscht.

Pöltl denkt langfristig. 36 Einsätze hat der Center bisher in der besten Basketball-Liga der Welt absolviert. Was aus seiner Sicht entscheidend sein wird, um sich dort in den kommenden Jahren voll zu etablieren, verriet Pöltl im Interview mit der APA - Austria Presse Agentur.

Frage: Sie spielen in einem der zehn besten Basketball-Teams der Welt. Wie sehr ist Ihnen das bewusst, und wie findet man in so einem Team seinen Platz?

Jakob Pöltl: Es ist nicht leicht, wenn man als Rookie in so ein Team reingeworfen wird. Man muss sich erst einmal das Vertrauen von den Coaches und Mitspielern erarbeiten, weil die Erwartungshaltung sehr hoch ist. In anderen Teams werden jungen Spielern mehr Fehler erlaubt, weil es nicht so wichtig ist, ob das Spiel gewonnen wird oder nicht. Da geht es mehr darum, Spieler zu entwickeln. Das ist bei uns nicht so einfach, weil mehr Druck da ist, und weil wir um eine Meisterschaft mitspielen.

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Frage: Wie sehr empfinden Sie es als Privileg, in Ihrer ersten Saison schon bei so etwas dabei sein zu können?

Pöltl: Es ist sehr cool. Das ist die andere, die positive Seite, dass man von solchen Erfahrungen lernen kann, die andere Rookies vielleicht nicht machen. Die bekommen mehr Spielzeit, dafür erfahren sie nicht, wie es ist, mit Routiniers zu spielen, die wissen, was es braucht, um zu gewinnen in einer Liga wie der NBA. Das ist nicht alltäglich. Man muss auch lernen, woran es zu arbeiten gilt, um erfolgreich zu sein. Da habe ich gegenüber anderen Rookies einen Vorteil, wenn ich schon im ersten Jahr so etwas miterleben kann.

Frage: Es würde viele andere Teams geben, bei denen Sie sehr viel mehr spielen würden. Was können Sie von Topspielern wie Jonas Valanciunas oder Serge Ibaka lernen, die vor Ihnen zum Einsatz kommen?

Pöltl: Man kann einiges lernen - nicht nur im Training, sondern auch beim Zuschauen. Alleine wie sie agieren auf dem Parkett, was es ausmacht, warum sie so gut sind. Dazu kommt das Training, in dem ich regelmäßig gegen sie spiele. Da gibt es täglich Möglichkeiten, etwas Neues dazuzulernen und mit dieser Herausforderung besser zu werden.

Frage: Kommen wir zu Ihrer eigenen Saison: Mit welchen Dingen waren Sie bisher zufrieden, mit welchen nicht?

Pöltl: Im Großen und Ganzen bin ich, so wie es bisher gelaufen ist, sehr zufrieden. Natürlich gab es Höhen und Tiefen. Ich habe gut angefangen. Es war nicht leicht, sich zurechtzufinden. Dann gab es Phasen, in denen ich mit meiner eigenen Leistung nicht so zufrieden war und wenig bis gar nicht gespielt habe. Das war nicht immer leicht. Im Jänner war es zäh, weil wir als Team nichts zusammengebracht haben. Es gab aber auch sehr viele positive Phasen, in denen ich meine Chance bekommen habe.

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Frage: Hätten Sie sich grundsätzlich mehr Spielzeit erhofft?

Pöltl: Das würde ich gar nicht sagen. Das Einzige, das mich ein bisschen überrascht hat, war, dass da keine Konstanz war. Es geht von 0 Minuten bis zu Phasen, in denen ich regelmäßig 10 bis 15 Minuten auf dem Parkett bin. Es war nicht einfach, sich darauf einzustellen, nicht zu wissen, wie viel man spielen wird. Das war die größere Herausforderung. Die Minuten waren phasenweise ganz gut. Wenn ich nicht gespielt habe, gab es auch Gründe - dass wir individuell sehr gut besetzt sind oder gegen bestimmte Gegner mit einer kleineren Rotation spielen.

Frage: In den USA wird eine Leistung sehr viel differenzierter bewertet. In Österreich nehmen die meisten Leute Statistiken wahr. Da war die Erwartungshaltung an Sie als ersten Österreicher in der NBA sehr hoch. Wie gehen Sie damit um, zwischen den Erwartungen und der Realität zu stehen, sich erst hineinkämpfen zu müssen?

Pöltl: Mir war das gar nicht so bewusst, dass die Erwartungshaltung so hoch war. Ich für mich selbst weiß, dass ich kein Spieler bin, der große Statistiken macht. Was mich als Spieler ausmacht, sieht man nicht in Statistiken. Ich bin sehr aktiv in der Verteidigung, das ist alles schwer herauszulesen. Ich habe grundsätzlich kein Problem damit. Ich versuche, meinen eigenen Fokus beizubehalten und mein Ding zu machen. Wenn ich das gescheit mache, wird sich das längerfristig, auch was die Stats angeht, in eine positive Richtung entwickeln. Da mache ich mir keine Sorgen.

Frage: Es ist Ihr großes Ziel, lange in der Liga zu bleiben. Im ersten Jahr ist vieles neu. Für wie wichtig halten Sie das zweite Jahr?

Pöltl: Das zweite Jahr ist wichtig, keine Frage. Das Wichtige für mich ist aber, dass die Kurve insgesamt nach oben zeigt. Ich will mich jedes Jahr verbessern und eine größere Rolle annehmen, um mich als Spieler weiterentwickeln zu können. Wenn man sich nach den ersten vier Jahren, das ist so die Testphase, voll in der NBA etabliert hat, kann man auf den zweiten Vertrag und vielleicht auch den dritten schauen. Dazu ist es wichtig, dass ich jedes Jahr mindestens einen Schritt nach vorne mache. Es gilt, während der Saison Erfahrung zu sammeln, aber auch im Sommer gescheit zu arbeiten. Es wird eine weitere Chance kommen, mich zu beweisen, die muss ich dann nutzen.

Frage: Woran arbeiten Sie im Moment hauptsächlich?

Pöltl: Wir trainieren viel individuell. Zur Zeit liegt der Fokus viel auf Werfen, auch auf den Bewegungen unter dem Korb. Es geht darum, das Offensivpaket zu erweitern. Andererseits geht es darum, die Rolle, die wir als Rookies offensiv im Moment erfüllen, zu perfektionieren - viel abseits des Balles arbeiten, Ableger verwerten und aushelfen, wo wir können.

Frage: Es ist noch ein bisschen mehr als ein Monat bis zu den Play-offs. Wie gut fühlen Sie sich darauf vorbereitet?

Pöltl: Ich war noch nie da, aber vom Hören her ist es in den Play-offs sehr viel intensiver. Es wird noch einmal um einiges härter gespielt und die Rotation noch einmal ein bisschen gekürzt. Ich werde schauen, dass ich mit maximalem Fokus reingehe und mich vorher damit auseinandersetze, dass ich dann von der erhöhten Schnelligkeit und dem erhöhten physischen Anteil nicht überrascht werde. Das könnte sonst ein Problem sein. In den Play-offs gibt es kein Mitleid mehr.

Frage: Auch die Belastungen der regulären Saison sind gewöhnungsbedürftig. Wie geht es Ihnen körperlich?

Pöltl: Eigentlich ganz gut. Am Anfang der Saison war es eine größere Herausforderung, weil es noch ungewohnt war. Mittlerweile bekommt man ein bisschen Routine rein. Ich spiele auch keine 40 Minuten pro Spiel. Ich trainiere zwar mehr als die meisten anderen, aber insofern ist es für mich einfacher, eine 82-Spiele-Saison zu verkraften. Die Saison ist wirklich lang. Man könnte es als Eingewöhnungsphase sehen, sich mit limitierter Spielzeit an so eine Saison zu gewöhnen. Darauf kann man dann für die Zukunft aufbauen, auch körperlich.

Frage: Die arrivierten Spieler überlegen sich gerne Aufgaben für die Neulinge. Was war das Dümmste, das Sie bisher haben machen müssen?

Pöltl: Bis jetzt waren keine großartigen Sachen dabei. Das Dümmste waren wahrscheinlich ein paar Tanz-Performances. Dazu ein paar Klassiker wie ein Rookie-Rucksack (jenen von Pöltl ziert die Eiskönigin/Anm.). Aber Sachen, die ich gehört habe, wie das Auto mit Popcorn vollfüllen oder so einen Schmarrn, das ist mir noch nicht passiert. Es beschränkt sich hauptsächlich auf Taschentragen oder hier und da mal ein bisschen 'Happy Birthday' singen, wenn jemand Geburtstag hat.

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