Der beschwerliche Weg eines Ex-Bayern-Talents

Christoph Knasmüllner überzeugte in dieser Saison für die Admira
© GEPA

Beim FC Bayern München feierten sie Christoph Knasmüllner einst als Wunderkind. Nach durchwachsenen Jahren lässt der Admira-Regisseur aber erst jetzt sein Können aufblitzen. In Österreich gehört er diesen Sommer auch wegen seiner Ausstiegsklausel zu den heißesten Transfer-Aktien. Bei SPOX erzählt der 25-Jährige, wie nah seine Karriere noch vor zwei Jahren dem Abgrund entgegen schlitterte.

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Christoph Knasmüllner hat dem Bundesliga-Frühjahr seinen Stempel aufgedrückt. Mit fünf Toren und vier Assists wurde er zum Gesicht des Admira-Erfolglaufs. "Von den Qualitäten her besitzt er das Potenzial zum Nationalspieler", ist sein ehemaliger Trainer Oliver Lederer überzeugt.

Dessen Nachfolger Damir Buric bezeichnet ihn als "letzten Straßenfußballer" der Liga. "Jedes Mal, wenn ich ihn kicken sehe, geht mir das Herz auf", so der Kroate in der Sky-Sendung Talk und Tore. Viel Lob für einen Kicker, der vor zwei Jahren noch mit einem möglichen Ende seiner Profi-Karriere konfrontiert war. Einst bei Bayern München als Supertalent gepriesen, stand er in seinen ersten eineinhalb Jahren bei der Admira vor einem Scherbenhaufen.

Unter van Gaal auf der Bayern-Bank

"Ich habe in der Südstadt am Anfang gar keine Rolle gespielt", erinnert sich Knasmüllner bei SPOX zurück. "Als ich längere Zeit nicht im Kader gestanden bin, habe ich mich schon gefragt, was jetzt kommt. Einen weiteren Transfer hätte ich mir nicht leisten können." Der Edelzangler war am Boden. Eigentlich wollte er mit seinem Wechsel zur Admira einen Neuanfang wagen, beim österreichischen Nachzügler voll durchstarten.

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Stattdessen setzte sich jener Abwärtstrend fort, der mit seinem Abschied aus München begann. Die Bayern wollten den Wiener, der 2008 im Doppelpack mit David Alaba von der Austria geholt wurde, behutsam in Richtung erste Mannschaft führen. Unter Louis van Gaal saß der hochbegabte Zehner sogar schon bei den Profis auf der Bank.

Knasmüllner packte jedoch die Ungeduld. Ein finanziell attraktives Angebot und falsche Versprechungen lockten ihn im Alter von 18 Jahren zu Inter Mailand. "Im Nachhinein war es sicher ein Fehler, die Bayern zu verlassen", weiß das ehemalige Supertalent. Nur ein halbes Jahr dauerte das Missverständnis an. Danach zog er zum FC Ingolstadt weiter, wo er in drei Jahren nur 20 Einsätze für die erste Mannschaft sammelte.

"Alle haben gedacht, Knasi ist fertig"

Knasmüllner haftete bald der Makel des ewigen Talents an. "Alle haben gedacht, Knasi ist fertig", erinnert sich Ex-Coach Lederer zurück. Auch bei der Admira musste erst so mancher Entscheidungsträger überzeugt werden, ehe die Verpflichtung im Sommer 2014 dingfest gemacht wurde. Knasmüllner wusste, welche Stunde es geschlagen hatte.

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Das geräumige Einfamilien-Haus in Ingolstadt tauschte er gegen eine kleine Wohnung in der Wiener Vorstadt ein, den Audi-Sportwagen gegen einen KIA. Für den damals 22-Jährigen war die Admira seine vielleicht letzte Chance, die bereits gescheiterte Karriere noch einmal ins Laufen zu bringen. Als ehemaliger Bayern- und Inter-Kicker sollte dieses Vorhaben im fußballerischen Niemandsland Österreich doch mit Leichtigkeit zu schaffen sein.

"Wenn ich jetzt aufgebe, was mache ich dann?"

Falsch gedacht. Knasmüllner tat sich bei der Admira zu Beginn schwerer als erwartet. "Ich war schon gut beieinander, aber aus irgendeinem Grund habe ich einfach nicht gespielt", erinnert sich der Mittelfeldspieler. Der damalige Co-Trainer Lederer klärt auf: "Die Konkurrenz war groß. Mit der Zeit fiel er körperlich in ein Loch, die Frische hat gefehlt."

Drei Saisonen ohne regelmäßige Spielpraxis machten sich bemerkbar. Zwischenzeitlich wurde Knasmüllner sogar zu den Amateuren abgeschoben. Er haderte mit der Situation: "Ich habe mir gedacht: Wenn ich jetzt aufgebe, was mache ich dann? Das kann ich doch nicht auf mir sitzen lassen. Fußball ist mein Traum, den will ich so lange leben wie es geht."

Beinahe in die zweite Liga abgeschoben

Also schritt er zur Tat. Anstatt die Schuld für die Misere bei jemand anderen zu suchen, hinterfragte er sich selbst. Er stellte seine Ernährung um, besuchte vermehrt die Kraftkammer und arbeitete auch abseits des Trainings an seiner Kondition. "Vielleicht habe ich mich früher zu sehr auf mein Talent verlassen und nicht mehr als die anderen gemacht", sagt Knasmüllner rückblickend.

Die harte Arbeit machte sich jedoch erst langsam bezahlt. Noch im August 2015 wollte ihn die Admira zum FAC in die zweite Spielklasse verleihen. Ein Angebot, das Knasmüllner strikt ablehnte. Für ihn kam nur die Bundesliga in Frage. "Das kann es nicht sein", habe er sich damals gedacht. "Irgendwann muss sich die Qualität ja durchsetzen."

Ein echter Zehner

Im Frühjahr 2016 gelang ihm endlich der Durchbruch. Zum Highlight avancierte ein 4:0-Kantersieg gegen Rapid, an dem sich Knasmüllner mit einem Doppelpack beteilgte. "Er war mit einem Bein im fußballerischen Grab, hat sich dort aber aus eigener Kraft herausgezogen", bringt es Lederer auf den Punkt. Der Trainer arbeitete mit Knasmüllner immer wieder an dessen Zweikampfführung.

"Ich wollte, dass er von der Körpersprache her aggressiver wird. Aber mit seiner Ruhe am Ball macht er defensive Schwächen wett. Er hat ein unglaubliches Gespür für den Raum", schwärmt Lederer. Von Knasmüllners Fähigkeiten profitieren auch dessen Mitspieler. Er kann mehrere Gegner auf sich ziehen, um anschließend trotzdem einen perfekten Pass zu spielen. Ohne den Spielmacher hätte Christoph Monschein wohl kaum zehn Saisontore am Konto.

Ausstiegsklausel macht ihn zum Schnäppchen

Unter dem aktuellen Admira-Coach Buric machte Knasmüllner in den letzten Monaten noch einmal einen Sprung nach vorne. Mittlerweile gehört er zu den besten Spielern der österreichischen Bundesliga. Ein Admira-Abschied wäre der nächste logische Schritt. Die Ausstiegsklausel in seinem Vertrag, die im mittleren sechsstelligen Bereich angesiedelt ist, macht ihn zu einem Transfer-Schnäppchen.

Knasmüllner relativiert jedoch, ein Abgang sei nicht zwingend notwendig. "Ich fühle mich bei der Admira pudelwohl, verstehe mich mit allen und kann jederzeit meine Familie sehen." Am Ende geht es dem passionierten Straßenfußballer nur um das Eine: "Ich will kicken. Es bringt mir nichts, irgendwohin zu wechseln, wo ich mehr Marie (Wienerisch für Geld, Anm.) kriege, wenn ich dann nicht spiele." Das ehemalige Wunderkind hat aus seiner Laufbahn die richtigen Schlüsse gezogen.

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