Alaba? "Das hat Koller elegant gelöst"

Von SPOX Österreich
Herzog arbeitete zuletzt als Co-Trainer von Klinsmann
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Frage: Im internationalen Vergleich steht die österreichische Jugendarbeit sehr gut da. Kann man sich in Österreich auf eine Entwicklung wie in Belgien freuen?

Herzog: Das glaube ich nicht. In Belgien wurden in den letzten Jahren unglaublich viele Weltklassespieler entwickelt. Wir haben ebenso einige sehr gute hervorgebracht, wie Arnautovic oder Alaba, aber jetzt müssen wieder einige ganz junge Spieler nachkommen, die den österreichischen Fußball in Zukunft voranbringen können.

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Frage: Wem trauen Sie im Nachwuchs am meisten zu?

Herzog: Romano Schmid aus der U17. Der ist eines der größten Talente aus Österreich. Zwar ist er noch sehr jung, aber ihm traue ich viel zu.

Frage: Wie sehen Sie Spieler, wie Konrad Laimer oder Xaver Schlager von Red Bull Salzburg?

Herzog: Die beiden sind schon sehr weit. Jemand wie Konrad Laimer ist in seinem Alter schon lange Leistungsträger in der Bundesliga, da hat er vielen anderen einiges voraus.

Frage: Sie gelten als Entdecker von Marko Arnautovic. Was trauen Sie ihm noch zu? Hätte seine Karriere auch anders verlaufen können?

Herzog: Als Entdecker sehe ich mich nicht. Ich hatte Glück, dass er damals beim A-Team noch nicht drangekommen ist und deshalb noch einige Spiele bei mir in der U21 gemacht hat. Ich glaube, dass er, wenn er früher ein paar Eskapaden ausgelassen hätte, heute schon um einiges erfolgreicher wäre. Seine Entwicklung war aber trotz alledem sehr gut: Publikumsliebling in Österreich und bei Stoke City mit genialen Momenten. Er sollte nur wieder ein paar Spiele entscheiden. Dann ist für ihn sicher noch ein Sprung nach oben drinnen, die Qualität hat er zweifelsohne.

Frage: Bei den Bayern hatten Sie eine berühmte Szene mit Oliver Kahn, in der er Sie heftig geschüttelt hat. Wie ist Ihr Verhältnis heute?

Herzog: Ganz normal. Wir haben das damals danach gleich ausgesprochen und er war einer der wenigen, die mich überreden wollten, bei den Bayern zu bleiben, weil das zweite Jahr leichter werden würde. Ich war da aber bereits froh, wieder nach Bremen zurückgehen zu können.

Frage: Lothar Matthäus hat einmal gesagt, dass nur Rapid Wien eine größere Schlangengrube als Bayern München ist.

Herzog: Das kann ich nicht sagen. Matthäus hatte bei Bayern einen viel größeren Stellenwert als in Österreich. Die Erwartungen an ihn waren immens hoch, die Mannschaft war jedoch nicht gut und Erfolg gab es auch keinen. Da verstehe ich, dass er bei Rapid nicht glücklich war.

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Frage: Er hat behauptet, dass die Spieler und vor allem Sie gegen ihn waren?

Herzog: Ich bin damals aus Deutschland zurückgekommen und bei der Austria hätte ich ein Vielfaches verdient. Ich bin aber Rapidler und deswegen war ein Wechsel dorthin klarerweise keine Option. Bei Rapid habe ich für extrem hohe Siegprämien gespielt, deswegen wäre es mir wurscht gewesen, wer Trainer ist. Ob Lothar Matthäus, Hans Krankl oder der Papst, ich wollte jedes Spiel gewinnen, ich war ja kein Feind von meinem eigenen Geld. Das stimmt also sicher nicht.

Frage: In Österreich war die Stimmung vor der EM 2016 himmelhochjauchzend, derzeit läuft es nicht besonders gut in der Qualifikation für die WM und der Gemütszustand scheint zu Tode betrübt. Schafft Österreich noch die Qualifikation für die WM 2018?

Herzog: Das ist wieder typisch österreichisch (lacht). Ich denke nicht, dass wir noch den Gruppensieg holen. Läuft es gut, können wir noch den zweiten Platz erreichen. Positiv ist, dass sich die anderen noch die Punkte wegnehmen werden und es keine überragende Mannschaft gibt.

Frage: Kürzlich hat Paul Scharner in einem Interview sowohl Teamchef Marcel Koller als auch David Alaba sehr heftig kritisiert. Er meinte, dass Koller weder taktisch noch persönlich der richtige Mann für den Teamchefposten ist.

Herzog: Es gibt gar keinen Unterschied zwischen dem Marcel Koller in der letzten Qualifikation und dieser. Damals wurde er von allen geliebt, jetzt ist das Quäntchen Spielglück weg und er gilt als schlechter Trainer. Daran sieht man wieder, wie schnell es in diesem Job gehen kann. Von außen ist es immer leichter einfach hinzuhauen, aber damit macht man es sich auch zu einfach. Stehst du selber in der Pflicht, passiert einem das nicht mehr so leicht. Wichtig wäre ein Sieg gegen Irland, dann kommt wieder Ruhe ins Team und das Umfeld. Die Chance für die Qualifikation lebt ja noch.

Frage: Alaba ist seit der EM 2016 komplett außer Form. Sowohl bei den Bayern als auch im Nationalteam. Woran fehlt es bei ihm derzeit?

Herzog: Er hat die Latte mit seinen Erfolgen bei Bayern und den spielentscheidenden Toren beim Nationalteam sehr hoch gelegt. Daran wird er gemessen. Welche Position er jetzt spielen soll, kann ich nicht beurteilen, das muss der Teamchef entscheiden. Fakt ist, Diskussionen der Spieler mit dem Trainer sind ganz normal. Ich wollte damals auch nicht im linken Mittelfeld oder als zweite Sturmspitze spielen. Da kann man bei Herbert Prohaska oder Hans Krankl gerne nachfragen (lacht). Der Trainer muss dann die Fähigkeiten besitzen, abwägen zu können, wo man seinen wichtigsten Spieler einsetzt und was für das Team das Beste ist.

Frage: Paul Scharner hat kritisiert, dass David Alaba zu viel Macht im Team hat und solche Dinge selbst entscheidet. Wäre es schädlich für das Mannschaftsgefüge, wenn so viel Entscheidungsgewalt bei einem einzelnen Spieler zentriert ist

Herzog: Glaubst du Ronaldo hat bei Portugal oder Real mehr Macht als andere? Oder Lionel Messi? Das ist doch Larifari und realitätsfern so etwas daherzureden. Es ist komplett normal, dass der wichtigste Spieler etwas mitzureden hat. Die wichtigsten Spieler müssen dann auch die beste Leistung bringen und der Trainer muss die Stimmung im Team ausbalancieren. Glaubst du Zlatan Ibrahimovic war ein einfacher Spieler im Team? Ich glaube nicht (lacht).

Frage: Gegen Moldawien spielte Alaba wieder auf einer neuen Position als halblinker Mittelfeldspieler.

Herzog: Das hat Marcel Koller sehr elegant gelöst, weil er damit die Diskussion, ob linker Verteidiger oder zentraler Mittelfeldspieler, beendet und sichergestellt hat, dass Alaba seinen Einfluss im Mittelfeld weiter ausüben kann.

Frage: Welche ihrer Tore im Nationalteam waren wichtiger, die beiden Tore gegen Schweden oder das Tor in der Nachspielzeit gegen Israel?

Herzog: Die Tore gegen Schweden waren die wichtigsten Tore, weil wir uns dadurch für die WM 1998 qualifiziert haben. Das emotionalste Tor war jenes gegen Israel, aufgrund der aufreibenden Umstände vor Ort. Da wurden wir von den Fans tätlich angegriffen und schon am Flughafen bedroht.

Frage: Sie haben fünf Jahre unter Jürgen Klinsmann gearbeitet. Was macht ihn als Trainer und Person aus?

Herzog: Das hat mir über fünf Jahre hinweg sehr viel Spaß gemacht, weil er ein echter Manager ist und rund um sich ein großes Spezialistenteam schart, die alle sehr befreit arbeiten dürfen. So etwas war ich in dem Sinn noch nicht gewöhnt und das war definitiv eine wertvolle Erfahrung.

Frage: Hat Klinsmann in den USA eine ähnliche Revolution im Fußball in Gang gebracht, wie er es 2006 in Deutschland getan hat?

Herzog: Bei den Deutschen war die Situation eine andere. Deutschland war zu dem Zeitpunkt bereits dreimal Weltmeister. Davon sind die USA noch ein Stück weit entfernt (lacht). Ich denke aber, dass er wieder wichtige Anstöße gegeben hat und dass der Fußball sich in den USA stetig weiterentwickelt.

Frage: Wie steht es um den amerikanischen Fußball im Vergleich zum europäischen?

Herzog: Natürlich fehlt noch sehr viel zu den europäischen Spitzenligen, aber wenn die Amerikaner etwas in die Hand nehmen, hat das Hand und Fuß. Die Liga wird total professionell betreut und organisiert und auch die Trainingsmethoden sind den europäischen sehr ähnlich. Da merkt man natürlich die Einflüsse aus Europa.

Frage: Was konnten Sie von Jürgen Klinsmann lernen?

Herzog: Dass er es als Deutscher gewohnt ist zu gewinnen und dadurch mit einem unglaublichen Optimismus und Siegeswillen in jedes Spiel hineingeht, egal wie schwer es wird. Diese Mentalität, die er ausgestrahlt und den Spielern vermittelt hat, war oft ausschlaggebend, warum wir viele Spiele als Außenseiter gewonnen haben. Die WM 2014 ist das beste Beispiel. Da haben wir die Todesgruppe mit Weltmeister Deutschland, dem späteren Europameister Portugal und Ghana überstanden.

Frage: Wie war das Gefühl, dem Vizepräsidenten der USA, Joe Biden, nackt in der Kabine zu begegnen?

Herzog: Es waren ja auch einige Bodyguards da (lacht). Das war total irre. Ich war mit unserem Fitnesstrainer duschen und wir wollten dann in der Kabine noch mit der Mannschaft feiern. Also sind wir noch nackt in die Kabine und auf einmal stehen da zehn Bodyguards gemeinsam mit Joe Biden und seiner Tochter. So schnell war ich noch nie wieder angezogen (lacht).

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